Nach der "Eisenstädter" knöpft sich das Land die Oberwarter Siedlungsgenossenschaft vor

Es ist ein scharfes Schwert, mit dem Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) gegen die gemeinnützige Wohnbaugesellschaft „Neue Eisenstädter“ (Nebau) zu Felde zieht.
Das Land als Aufsichtsbehörde schickt umgehend einen Regierungskommissär in das 1982 gegründete Unternehmen, das im Wesentlichen im Eigentum der Raiffeisenlandesbank Burgenland und einer Tochter der Erste Bank steht. Ohne den Sanktus des Kommissärs (der nicht aus dem Burgenland kommt) dürfen die beiden Nebau-Geschäftsführer Bernd Gerdenitsch und Hans Ludwig Diexer nichts mehr entscheiden.
Außerdem wird „die Zuverlässigkeit der Organe“ der Nebau (Vorstände, Aufsichtsräte, Eigentümer) überprüft und ein Mängelbehebungsverfahren eingeleitet. Am Ende der Verfahren soll die Übertragung der „Neuen Eisenstädter“ ans Land stehen.
Auslöser fürs harsche Einschreiten des Landes sei das Ergebnis einer Sonderprüfung, sagten Doskozil und sein Sonderprüfer Johannes Zink am Mittwoch in Eisenstadt.
Anleger und Zinsen
Im Mai 2024 ist Zink, Doskozils Vertrauensanwalt, von der Landesregierung mit der Prüfung beauftragt worden, jetzt ist sie abgeschlossen. Untersucht wurden die vergangenen zehn Jahre, Zink bediente sich dafür dreier Gutachter. Zutage gekommen seien „Verstöße gegen das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, die auch erheblichen Schaden für Mieterinnen und Mieter zur Folge hatten“.
Erstens: Die Errichtung von „Anlegerwohnungen“ statt sozialer Wohnungsvergabe zeige, dass sich „die Wohnungsvergabe an spekulativen statt gemeinnützigen Interessen“ orientiere. Mindestens 25 solcher „Sondergeschäfte“ wurden gefunden, die nicht zeitgerecht der Aufsichtsbehörde gemeldet worden seien.
Zweitens: „Überhöhte Kreditzinsen führten zu strukturell verteuerten Mieten“, die Eigentümerbanken hätten davon profitiert. Seit 2015 soll es um „überhöhte Zinskonditionen“ im Ausmaß von 5,2 Millionen Euro gehen. Wie Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden können, will das Land zeitnah klären.
Was sagen die Eigentümer? Die von Doskozil angesprochenen Themen „betreffen primär die ,Neue Eisenstädter‘ und deren Organe. Wir als Raiffeisenlandesbank Burgenland begrüßen jede Transparenz und vertrauen auf das rechtsstaatliche Verfahren.“ Die Erste Bank will das gar „nicht kommentieren“, das sei ein politisches Thema.
Dass Banken Eigentümer gemeinnütziger Wohnbauträger sind, ist Doskozil schon länger suspekt. Zwei Wochen vor der Landtagswahl sagte er in Oberwart: „Wir werden noch im Jänner das Ergebnis präsentieren, warum Banken in den gemeinnützigen Sektor eintauchen und wie sie da Gewinne rausziehen.“
Aus Jänner wurde Oktober.
War Kauf nie geplant?
Gestern hegte er den Verdacht, dass „dieses Modell grundsätzlich so angelegt ist, über die Zinsen Geld aus den gemeinnützigen Wohnbauträgern rauszuziehen“.
Die Ankündigung von LH Hans Peter Doskozil, die „Neue Eisenstädter“ unter Aufsicht des Landes zu stellen, empört Freiheitliche und Volkspartei.
„Was als fürsorglicher Akt dargestellt wird, ist in Wahrheit ein massiver und inakzeptabler politischer Zugriff auf Vermögen und Lebensrealität Tausender Mieter“, wettert der blaue Parteichef Alexander Petschnig. Die angeblich zu hohen Mieten von insgesamt 5,2 Millionen Euro in zehn Jahren machten bei 6.000 Mietern „etwa sieben Euro pro Monat“ aus. Diese Ungerechtigkeit hätten die Banken zu sanieren. Aber dafür „am Ende die Enteignung durchzusetzen“, sei weit überzogen. „Eigentlich müsste man Doskozil selbst unter Kuratel stellen“, ätzt Petschnig.
Die Rolle Doskozils „im Zusammenhang mit der geplatzten Übernahme der „Neuen Eisenstädter“ und die von Anwalt Johannes Zink will ÖVP-Landesparteiobmann Christoph Zarits „genau durchleuchten“. Den U-Ausschuss begrüßen beide Parteien.
Die angepeilte Übertragung der Nebau ans Land, die laut Doskozil von den Bankvorständen schon „mündlich persönlich“ zugesagt, aber auf Druck der ÖVP Burgenland wieder abgeblasen wurde, diene ausschließlich dem Mieterschutz.
Doskozil spannte von da den Bogen zu seinem politischen Ziel, „leistbares Wohnen im Burgenland flächendeckend voranzutreiben“, was für ihn „maximal zehn Euro netto pro Quadratmeter“ bedeutet. Die will er künftig auch bei der Nebau durchsetzen.
„Es war niemals Intention des Landes, einen gemeinnützigen Wohnbauträger zu erwerben“, dementierte der Landeshauptmann die Verkaufsgerüchte der vergangenen Wochen.
Denn „kein vernünftiger Politiker“ würde ein Unternehmen wollen, das Verbindlichkeiten „über 400 Millionen Euro mit einer Refinanzierungszeit von 93 Jahren“ habe.
Geprüft hat das Land auch andere Gemeinnützige. Bei B-Süd und EBSG habe es keine Beanstandungen gegeben, der größten Genossenschaft OSG steht diese noch bevor. Prüfer wird wieder Anwalt Zink.
Im Land erledige nur eine Bedienstete die Aufsicht über die Gemeinnützigen – und die Tourismusverbände, hat der Landesrechnungshof schon 2023 moniert.
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