Kaum noch Grundwehrdiener an der Grenze

Was Militärkommandant Gernot Gasser am Donnerstag zur Personalsituation in den drei burgenländischen Kasernen Eisenstadt, Bruckneudorf und Güssing sagt, kann wohl insgesamt für den Zustand des Bundesheeres im Land gelten: Die Lage sei „noch nicht perfekt“, lautet der Befund des Brigadiers. Was auch heißen kann: Sie ist zumindest besser als früher.
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Das trifft jedenfalls auf die Beanspruchung durch den Assistenzeinsatz an der Grenze zu, die 2023 nachgelassen hat. Denn während im abgelaufenen Jahr von Polizei und Heer 30.000 illegale Migranten aufgegriffen wurden, waren es 2022 noch 83.000. Damals sagte Gasser: „Das brachte uns an die Leistungsgrenze“.
Nicht zuletzt wegen dieses Rückgangs wurde die Zahl der Soldaten im Grenzeinsatz im vergangenen Sommer von 750 auf nunmehr höchstens 450 reduziert und gleichzeitig mehr Überwachungstechnik eingesetzt.
Alles hängt am Personal
Und – was Gasser fast am wichtigsten ist – darunter befinden sich kaum noch Grundwehrdiener. Lag deren Anteil vor einem halben Jahr noch bei 40 Prozent, „sind es nun nur noch zwei Prozent“, betonte Gasser gestern in der Eisenstädter Martinkaserne.
Der seit 2017 amtierende Militärkommandant hatte wiederholt darauf hingewiesen, dass der dreimonatige Assistenzeinsatz Grundwehrdienern die Hälfte ihrer Ausbildungszeit abzwacke – das sei „Gift fürs Bundesheer“. Eine Gefahr, die zumindest vorerst entschärft ist.
Rund 1.000 Rekruten wurden im Vorjahr ausgebildet. Überhaupt widmete Gasser, der gemeinsam mit Oberst Dieter Schadenböck von der Heerestruppenschule und Oberst Christian Luipersbeck, Kommandant des in Güssing stationierten Jägerbataillons 19, Bilanz zog, dem Personal breiten Raum.
Assistenzeinsatz:
Was Anfang der 1990-er Jahre als Provisorium begonnen hat, ist fast zum Dauerzustand geworden: Ein Ende des Grenzeinsatzes des Bundesheeres zur Unterstützung der Polizei ist nicht absehbar
Herkunftsländer:
2023 wurden im Burgenland rund 30.000 Illegale Einwanderer aufgegriffen. Die größte Gruppe waren Syrer mit 29 Prozent, dahinter Marokkaner (21 %) und Afghanen (19 %)
1.000 Bedienstete hat das Bundesheer im Burgenland. Die Heerestruppenschule für alle Landstreitkräfte Österreichs hat in der Martinkaserne Eisenstadt ihre Zentrale
Die Aufstockung des österreichischen Verteidigungsbudgets auf 16 Milliarden Euro bis 2027 erlaube wieder die Konzentration auf die Landesverteidigung. Dafür brauche es aber neben Investitionen in Infrastruktur und Ausrüstung auch zusätzliches Personal. Derzeit liege der Besetzungsgrad im Burgenland bei 80 Prozent, bundesweit bei 75 Prozent. Gesucht werden für alle drei Kasernenstandorte Berufssoldaten und Zeitverpflichtete, in Eisenstadt hat zudem die Militärmusik Nachwuchssorgen (Informationen gibt es unter 0664/6222772). Aber auch Zivilisten sind beim Militär willkommen, wenn sie Forstarbeiter, Mechaniker oder Schuster sind (Info: 050201/1540105).
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Gasser: „Jeden Beruf, den es außerhalb der Kaserne gibt, gibt es auch innerhalb der Kaserne“.
Was die Grundwehrdiener betrifft, leidet auch das Burgenland an geburtenschwachen Jahrgängen, aber der kleinere Pool wird hier besser ausgeschöpft: Dass 68 Prozent der Tauglichen zum Bundesheer gehen, findet Gasser „sensationell“, österreichweit sind es nur 55 Prozent. Außerdem ist im Burgenland ein Fünftel der Stellungspflichtigen untauglich, bundesweit ein Viertel.
Weiterhin eine offene Flanke ist der geringe Frauenanteil bei der Truppe. Von den angepeilten 15 Prozent ist bundesweit erst ein Drittel erreicht.
Was sich Gasser wünscht: „Am liebsten“ wäre ihm, wenn der Assistenzeinsatz nicht mehr nötig wäre. „Aber so lange der Bedarf besteht, wird das Bundesheer bereitstehen“. Das kann dauern, denn „so lange es Kriege und Krisen gibt, wird es Migration geben. Menschlich ist das verständlich“, so der Militärkommandant.
Die Welt ist nicht einmal im Burgenland perfekt.
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