"Ich ziehe wie ein Wanderprediger durchs Land"
„Ich ziehe wie ein Wanderprediger durchs Land“, sagt Manfred Seifert. Schon seit Jahren engagiert sich der Oberpullendorfer im Bundesverband für Menschen mit Behinderungen, kurz ÖZIV. Ende des Vorjahres hat er von Hans-Jürgen Groß die Präsidentschaft für das Burgenland übernommen. Vieles sei schon umgesetzt worden und auch immer mehr junge Burgenländer sind Mitglieder bei der Organisation. Doch es gibt noch so einiges, was dem neuen Chef des ÖZIV unter den Nägeln brennt.
Schwierige Situation
Die Situation während der Pandemie sei für Menschen mit Behinderungen derzeit besonders schwierig, sagt Seifert, der selbst im Rollstuhl sitzt. Schuld daran sei unter anderem die mangelnde Barrierefreiheit, die vor allem in den Dörfern noch immer herrsche, sagt der Präsident. „Etliche unserer Mitglieder gehören auch einer Risikogruppe an.
Soziale KontakteDa ist es derzeit mit den sozialen Kontakten noch schwieriger als sonst.“ Mit Hilfe Neuer Medien, wie Skype, Facebook oder WhatsApp versuche man, mit den Mitgliedern auch in Zeiten von Corona in Kontakt zu bleiben. Auch Zustelldienste rund um die Landeshauptstadt wurden für den Bedarfsfall vom ÖZIV organisiert. In den vergangenen Jahren sei schon viel passiert im Burgenland, streut Seifert seinem Vorgänger Rosen. Das Verständnis für Menschen mit Behinderung sei generell gestiegen. Was ihn aber ärgere sei der Umstand, dass für Menschen mit einem Handicap noch immer zum Teil öffentliche Gebäude, aber auch Geschäfte und Gaststätten unerreichbar seien. „Jetzt sperren die Gasthäuser nach einigen Wochen wieder auf und etliche Menschen im Rollstuhl können sie dennoch nicht besuchen.“
Barrierefreiheit
Er habe Verständnis für Wirte, die in ein, zwei Jahren in Pension gehen wollen und nichts mehr in den Betrieb investieren wollen. „Es kommt aber immer wieder vor, dass auch in neuen Gebäuden die Barrierefreiheit fehlt.“ Bei den Menschen, denen dadurch der Zutritt unmöglich gemacht bzw erschwert werde, handle es sich keinesfalls um eine Randgruppe. „Das betrifft ja nicht nur Rollstuhlfahrer. Auch Eltern mit Kinderwägen und etliche ältere Menschen mit Rollator sind betroffen.“ Seifert fordert nicht nur im Bereich der Gebäude Barrierefreiheit. Auch für die Seebäder rund um den Neusiedler See würde er sich für Rollstuhlfahrer und gehbehinderte Menschen bessere Bedingungen wünschen. „Es wäre toll, wenn es zumindest in den größeren Gemeinden einen Lift in den See geben würde, damit alle in den Genuss des Wassers kommen können.“
Tätigkeitsbericht des ÖZIV für 2019
Der ÖZIV legte dieser Tage eine Tätigkeitsbereicht für 2019 vor. Daraus geht hervor, dass die Organisation im Burgenland im Vorjahr 1.275 Mitglieder hat, das entspricht einer Steigerung um 12 Prozent zum Vorjahr. Die Mitglieder werden zudem immer jünger. Der Anteil der jungen Mitglieder bis 14 Jahre lag 2015 noch bei 3,1 Prozent, im Vorjahr waren es 13,7 Prozent.
Zu den Leistungen des ÖZIV zählt die umfassend Beratung zum Thema Behinderung, die Suche nach finanziellen Möglichkeiten und das Stellen notwendiger Anträge bei den jeweiligen Ämtern und Behörden. 2019 wurden 2.130 Beratungsgespräche geführt (plus 5 Prozent). Zu den Aktivitäten des ÖZIV zählen auch Kulturveranstaltungen. Im Rahmen der Aktion „Kultur für Alle“ waren etwa 300 Personen in den VIP-Bereichen bei den Seefestspielen Mörbisch und den Schlossspielen Kobersdorf dabei.
Ende Mai fand in Finnland der European Nations Cup 2019 im E-Rolli Fußball statt. Durch die Einberufung der beiden Wild Wheels Spieler Michael Streit und Jakob Schriefl ins E-Rolli Fußball Nationalteam stellte das Burgenland 25 Prozent der österreichischen Mannschaft. Zudem konnte der ÖZIV mit den zwei neuen Sportarten „Wheelchair Slalom (WCS)“ und „Golf“ sein Angebot erweitern.
Kommentare