Das steckt hinter dem Aus für die Hansfagfood Läden
Kommenden Montag ist also Schluss. Nur noch vier Tage (heute inklusive) bleiben den Fans der Hansagfood-Hofläden, um sich mit burgenländischem Gemüse und Obst einzudecken. Die Nachricht von der unmittelbar bevorstehenden Schließung der neun Selbstbedienungsgeschäfte hat am Montag für schockierte Reaktionen in den Sozialen Medien gesorgt.
Für Kenner von Hans Goldenits und seiner Geschäftsphilosophie war das Aus aber absehbar. Schon seit einiger Zeit steckt der umtriebige Tadtener seine Energie lieber in ein innovatives Landwirtschaftsprojekt, während ihm seine Hofläden zuletzt hauptsächlich Frustration einbrachten. Als der KURIER Hans Goldenits am Dienstag in Tadten besucht, bestätigt sich dieser Eindruck: Das Kapitel Hansagfood ist für ihn abgeschlossen, auch weil sein Betrieb sowieso vor größeren Umwälzungen steht. Vom bisherigen Kerngeschäft, dem Anbau und Verkauf von Blumen und Gemüse, will er sich weitestgehend verabschieden.
„Wir waren nie ein Betrieb, der die Höhen und Tiefen, die es bei jedem Produkt gibt, immer mitgemacht hat. Immer wenn wir geglaubt haben, dass es in ein tiefes Tal geht, sind wir in einen anderen Zug umgestiegen, von dem wir geglaubt haben, dass er bergauf fährt“, erklärt der unkonventionelle Gemüsebauer mit einem Lächeln.
Ganz weit hinauf soll Goldenits und seine Firma nun also ein innovatives Produkt bringen; welches genau, mag der 53-Jährige noch nicht preisgeben. Nur so viel wird verraten: „Wir bleiben der landwirtschaftlichen Produktion treu. Aktuell sind wir in der Planungs- und Entwicklungsphase.“
Weichenstellung
Die rund 85 Mitarbeiter starke Belegschaft arbeitet in Tadten jedenfalls bereits eifrig an der Weichenstellung. Für zirka 30 Personen, die sich um die Betreuung der Selbstbedienungsläden gekümmert haben, ist hingegen Jobsuche angesagt. Wobei noch Hoffnung auf eine Übernahme besteht. Laut Goldenits werden noch „ernsthafte Gespräche“ mit Interessierten geführt.
Ein etwaiger neuer Betreiber wird sich wohl die Frage nach einer Überarbeitung des Konzepts Selbstbedienungsladen stellen müssen. Hans Goldenits sah sich im vergangenen März gezwungen, seine 24-Stunden-Öffnungszeiten nach einer Anzeige vom Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb aufzugeben.
Seither seien stetig wachsende Umsatzeinbußen verzeichnet worden. Goldenits: „Der Juni war ein verheerender Monat. Daraus haben wir unsere Konsequenzen gezogen.“
36.000
Direktvermarkter gab es in Österreich zum Zeitpunkt der letzten Studie zum Thema (KeyQuest Befragung 2016)
24 Prozent
Die Direktvermarkter steigerten ihren Umsatz um fast ein Viertel. Die Hofläden erlebten im Coronajahr einen Boom
9 Standorte
der Selbstbedienungsläden „Hansagfood“ werden am Montag geschlossen: in Neusiedl am See (2x), Eisenstadt, Hornstein, Pöttelsdorf, Fischamend, Schwechat und Bruck an der Leitha
Im April gab sich Hansagfood noch kämpferisch. Eine Petition wurde ins Leben gerufen, mit dem Ziel, Bauernhofläden als Nische außerhalb der Gewerbeordnung zu etablieren. Knapp drei Monate später fällt die Bilanz ernüchternd aus: Nur rund ein Viertel der 18.000 anvisierten Unterschriften wurde gesammelt. Die Hoffnung auf eine Änderung der Gewerbeordnung hat Hans Goldenits mittlerweile aufgegeben: „Ich habe die Erkenntnis gewonnen, dass nicht die Politik Gesetze macht. Die Gesetze werden von Interessensvertretungen diktiert“, macht er seinem Ärger Luft.
All die negativen Erfahrungen waren für den Seewinkler in Summe Grund genug, seine Hofläden nach drei Jahren aufzugeben und sich ganz auf sein neues, noch geheimes, Projekt zu fokussieren.
Sein letztes Experiment liegt übrigens zwei Jahre zurück: 2019 hat Goldenits Spirulina kultiviert. Man darf gespannt sein, was der Tadtener als Nächstes auskocht.
Der KastlGreissler baut seine Standorte schrittweise aus
Regionalität liegt im Trend, der kontaktlose Einkauf in den vergangenen Monaten coronabedingt auch. Möchte man dazu keine weiten Strecken mit dem Auto fahren, um alltägliche Dinge des Lebens zu kaufen, dann ist der KastlGreissler gefragt. Fünf der Franchise-Selbstbedieungsläden gibt es im Burgenland, österreichweit sind es 15. Bis zum Jahresende, so das Ziel, sollen es 40 Shops sein.
Moritz Schuschnigg betreibt an vier Standorten im Mittelburgenland einen KastlGreissler. Neben Kobersdorf, Landsee, Kaisersdorf und Tschurndorf möchte er im Herbst einen fünften in der Ortschaft Karl eröffnen. Mindestens 50 Prozent der Produkte, die angeboten werden, müssen aus der Region kommen, sagt Schuschnigg.
„Wie ein Automat“
Dass er sich bei seinen Selbstbedienungsläden an die Ladenöffnungszeiten halten müsse, sei ihm nicht verständlich. Denn ein Direktvermarkter oder bei einem Automaten, etwa für Getränke, dürfen auch rund um die Uhr Waren angeboten werden. „Der KastlGreissler ist ja schließlich ein Sammelpunkt für Direktvermarkter“, sagt Schuschnigg. Das Angebot der Nahversorgung werde gut angenommen, seine Kunden würden allerdings auch sonntags gerne zum Einkaufen kommen. Erweiterte Öffnungszeiten seien für den KastlGreissler aber nur in Tourismusgemeinden möglich.
Das Argument, dass die Ladenöffnungszeiten zum Schutze des Personals gelten, sei beim Modell KastlGreissler nicht nachvollziehbar. „Wir haben im Verkauf ja keine Angestellten“, sagt Schuschnigg. Die Bezahlung erfolgt mittels Karte.
Regionale Produkte aus dem Container gibt es seit Ende 2020 auch in Zurndorf (Bezirk Neusiedl/ See). Inhaberin Katrin Schöggl will ihr Angebot auch ausweiten: In Potzneusiedl will sie im November einen weiteren KastlGreissler aufsperren.
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