Gestrandet in Nickelsdorf: Wenn die Flucht im Burgenland endet
"Schreibt ihr in der Zeitung auch, dass hier nur junge Männer sind?", will ein Soldat im Assistenzeinsatz an der österreichisch-ungarischen Grenze im burgenländischen Nickelsdorf wissen. Beim Lokalaugenschein des KURIER am Montag trifft die Aussage des Soldaten zu.
In einem von zwei Zelten werden Dutzende Männer, die meist von Schleppern bis an die Grenze gebracht wurden, vom Bundesheer mit Wasser versorgt, während sie auf ihre Registrierung oder die Weiterfahrt in ein Erstaufnahmezentrum warten. Das zweite Zelt ist komplett leer: Es ist für Frauen, Kinder und Familien vorgesehen.
Die Zelte stehen laut Helmut Marban, Sprecher der Landespolizeidirektion Burgenland, erst seit wenigen Tagen. Somit müssen die Flüchtlinge – meist Afghanen, Syrer und Tunesier – nicht mehr in der prallen Sonne auf ihre Registrierung warten. In einer ehemaligen veterinärmedizinischen Halle wurden zudem vorsorglich rund 90 Feldbetten aufgestellt. Am Sonntag war für rund sechs Stunden ein Ambulanzdienst vor Ort: "Es sind viele Leute auf einmal gekommen, die erschöpft waren oder Blasen an den Füßen hatten", berichtet Florian Feldmann vom Roten Kreuz Neusiedl am See.
Rasanter Anstieg
300 bis 400 Flüchtlinge sind im ersten Halbjahr wöchentlich von Bundesheer und Polizei aufgegriffen worden, "in den vergangenen zwei oder drei Wochen waren es rund 1.000", sagt Marban. Obwohl es am größten burgenländischen Grenzübergang eine eigene Polizeieinheit für die Registrierung der Flüchtlinge gibt, führt der Ansturm der letzten Wochen auch zu einem Rückstau – deshalb die Zelte. Hilfreich sei auch die "Überlaufregelung", wie der Polizeisprecher die Unterstützung durch andere Bundesländer bei der Aufarbeitung der vielen Aufgriffe bezeichnet.
Unterstützung gefordert
Diese Zuspitzung der Lage hatte am Wochenende auch Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) auf den Plan gerufen. Von mehr als 250 Asylsuchenden in Nickelsdorf allein am Sonntagnachmittag sprach Doskozil und warf der Bundesregierung vor, die Entwicklung zu ignorieren. Will Doskozil mehr Polizisten an der Grenze? "Wir wollen das gar nicht quantifizieren", heißt es am Montag aus seinem Büro. Aber die Unterstützung müsse in einem Ausmaß sein, das "die Erfüllung der Aufgaben möglich macht", denn die Einsatzkräfte würden jetzt „alle am Limit“ arbeiten.
Dem Protest von Doskozil schloss sich der niederösterreichische SPÖ-Klubobmann Reinhard Hundsmüller an. Er will, dass auch an der Grenze zu Tschechien und zur Slowakei solche Betreuungsstationen wie im Burgenland eingerichtet werden.
Am Montag verläuft die Flüchtlingsaufnahme in Nickelsdorf jedenfalls wieder in weitgehend geordneten Bahnen. Ein Gruppe indischer Männer ist guter Dinge und lässt sich bereitwillig fotografieren. Auf die Frage, was sie in Österreich vorhaben, winken sie ab und verweisen auf die Sprachprobleme: "Only Hindi!" Die Chance auf einen Asylstatus in Österreich ist für sie gleich null.
Nichts zu lachen hat an diesem Tag ein junger Mann aus der Türkei. Er hatte Familienangehörigen in Deutschland Bescheid gegeben, dass er am Montag in Nickelsdorf ankommt. Eine Verwandte wollte ihn abholen. Doch die lange Fahrt ins Burgenland war umsonst. Eine Polizistin erklärt der Frau, dass sie sich der Schlepperei schuldig machen würde, wenn sie ihren Verwandten mitnähme. Er müsse zuerst das Asyl-Prozedere durchlaufen.
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