Innenminister Karner spricht von "aggressivem Marketing" der Schlepper

Innenminister Karner spricht von "aggressivem Marketing" der Schlepper
Schlepperbericht 2021: im Vorjahr dritthöchste Zahl an Aufgriffen der vergangenen zehn Jahre. Karner will Situation evaluieren.

Der Ukraine-Krieg hat das Geschäft der Schlepper nach Angaben des Innenministeriums noch einmal befeuert. Diese werben auch bei Migranten aus Ländern, die keine Chance auf Asyl in Österreich haben, damit, dass wegen des Kriegs die Grenzen in Europa offen sind. So registriere man derzeit besonders viele Aufgriffe von Staatsbürgern aus Indien, Pakistan, Algerien, Tunesien oder Marokko, sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Karner und Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität im Bundeskriminalamt, präsentierten anlässlich des Weltflüchtlingstags den Schlepperbericht 2021. Demnach gab es im Vorjahr mit 41.612 die dritthöchste Zahl an Aufgriffen von Flüchtlingen in den vergangenen zehn Jahren. Höher waren die Zahlen nur in den von der Flüchtlingswelle im Zuge des syrischen Bürgerkrieges geprägten Jahren 2015 und 2016. Für heuer deutet die Zahl der Aufgriffe in den ersten fünf Monaten auf einen weiteren Anstieg hin. Auf genaue Prognosen wollte sich der Innenminister aber nicht einlassen.

Festnahmen

"Das letzte Jahr war auch von der Pandemie geprägt", sagte Karner. Das habe das Geschäft der Schlepper noch gehemmt. Dennoch gab es einen deutlichen Anstieg bei den Festnahmen von Schleppern. 2020 - ebenfalls von der Pandemie beeinflusst - waren es 311 Menschen, die unter dem Verdacht der Schlepperei festgenommen wurden, 2021 stieg diese Zahl auf 441, die höchste Zahl in den vergangenen fünf Jahren. Heuer gab es in den ersten fünf Monaten bereits mehr als 200 Festnahmen. 95 Prozent der festgenommenen Schlepper waren laut Tatzgern Männer. Der Großteil der Gerichtsverfahren gegen die im Vorjahr Festgenommenen ist übrigens bereits abgeschlossen.

Der Krieg in der Ukraine wirkt sich auch stark auf die Flüchtlingssituation in Österreich aus. Karner zufolge befinden sich 76.000 Kriegsflüchtlinge im Land. 56.000 sind in der Grundversorgung. Heuer wurden 9.000 positive Asylbescheide ausgestellt, dazu kamen rund 20.000 negative.

Schnellverfahren

Der Innenminister sprach von "aggressivem, brutalen Marketing" der Schlepper bei Migranten, die aus Ländern kommen, deren Staatsbürger kaum Chancen auf Asyl haben. So gab es heuer bereits rund 3.200 Asylanträge von indischen, türkischen und tunesischen Staatsbürgern. Die Zahl der Schnellverfahren stieg von rund 3.600 im gesamten vergangenen Jahr auf 4.000 allein in den ersten fünf Monaten heuer. "Wir müssen ein funktionierendes, glaubwürdiges und ehrliches Asylsystem haben", sagte Karner. Dieses gelte es, gegen Missbrauch durch Schlepper zu schützen, damit es für die zugänglich sei, "die es wirklich brauchen".

Die durch den Krieg bedingte Situation wirkt sich massiv auf die Arbeit von Polizisten, Bundesheer und Hilfsorganisationen im Burgenland aus. Der APA liegen Berichte aus den vergangenen Tagen - eigentlich Hilferufe - vor, dass die Registrierungsstellen an den Grenzübergängen derzeit regelrecht überrannt werden. Die Kapazitäten müssten sechs- bis siebenmal so groß sein, um den Run auf die Registrierungsstellen bewältigen zu können. Die Folge ist, dass sich zahlreiche Menschen mehrere Tage an den Grenzen aufhalten müssen, bei brütender Hitze, ohne halbwegs adäquate Schlafgelegenheiten, sanitäre Einrichtungen, Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln, Personal zur Betreuung und medizinischer Versorgung. Karner sagte, man werde die Situation evaluieren und "schnellstmöglich reagieren, wenn dies notwendig ist".

Seitens der Landespolizeidirektion Burgenland wurden diese Berichte zurückgewiesen. Es gebe Wartezonen, wo die Menschen in Zelten auf ihre Registrierung warten könnten, sagte ein Sprecher zur APA. Die medizinische Versorgung sei durch das Rote Kreuz gewährleistet, die Verpflegung mit Wasser und Nahrung durch Polizisten und Bundesheer-Angehörige. Dass Flüchtlinge über Nacht an der Grenze verharren müssten, komme nur in Ausnahmefällen vor. Für diese sei eine Halle - die sogenannte Halle Nord - mit Betten eingerichtet worden.

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