Fußgängerzone am Grenzübergang soll Pendler fernhalten
Um Pendlerverkehr aus Ungarn einzuschränken, wurden versenkbare Poller errichtet. Wer 160 Euro zahlt und „erhebliches Interesse“ nachweisen kann, darf passieren
Wer Fußgängerzone hört, denkt an Flanieren, Einkaufen und Schanigärten. Wer die Fußgängerzone in Schattendorf betritt, blickt auf Friedhof, Kirche, Pflegeheim und – ein Lichtblick – den Kindergarten. In Schattendorf soll die unmittelbar an der Staatsgrenze gelegene Fuzo kein gemütlicher Treffpunkt sein, sondern dem aus Ungarn kommenden Transitverkehr Einhalt gebieten.
Während der Schattendorfer SPÖ-Bürgermeister Thomas Hoffmann am Dienstagvormittag im Gemeindeamt erklärt, wie das funktionieren soll, macht eine kleine Gruppe von Pendlern an der Grenze ihrem Ärger Luft: „Wir sind gleichberechtigte Bürger der Union“, steht da etwa auf Kartons. Später, als sich Hoffmann der Grenze nähert, pflanzt sich ein bulliger Mann auf und beschimpft den Ortschef unflätig.
Aber zurück ins Gemeindeamt: Der Pendlerverkehr sei immer stärker geworden, sagt der Gemeindechef. Längst würden nicht bloß Bewohner der zwei Kilometer entfernten ungarischen Gemeinde Agfalva (Agendorf) die Abkürzung zu ihren Arbeitsplätzen in Ostösterreich nutzen, sondern Tausende Pendler aus dem Großraum Sopron.
Hoffmann sprach früher von 4.000 Kfz an einem Tag, das Innenministerium kam im Jänner auf 1.300 Fahrzeuge.
Wie auch immer: Die Lösung aus Sicht des Bürgermeisters der erzroten Gemeinde sieht vor, dass der am 4. Dezember 2006 eröffnete Grenzübergang künftig für Pkw nur noch mit Ausnahmegenehmigung passierbar ist. Anfang des Jahres wurden in Gesprächen mit dem Innenministerium mögliche Maßnahmen ausgelotet, gestern wurden sie im Detail präsentiert.
Lizenz zum Passieren
Um die Durchfahrt ansuchen kann im Prinzip jeder, nicht bloß Bewohner der beiden Nachbargemeinden. Man muss jedoch ein „persönliches erhebliches Interesse“ glaubhaft machen, erläuterte Anwalt Johannes Zink.
Etwa, wenn man das Grab seiner Großeltern jenseits der Grenze pflegt oder Ungarn in Schattendorf arbeiten oder Vereinsmitglied sind. Anträge sind ab heute ausnahmslos am Gemeindeamt Schattendorf zu stellen, ein Beirat prüft die Voraussetzungen.
Wer die Lizenz zum Passieren der Grenze bekommt, erhält einen zwei Jahre gültigen Bescheid und muss dafür 160 Euro zahlen. 140 Euro davon werden in Form von Einkaufsgutscheinen retourniert, die in Schattendorfer Geschäften eingelöst werden können.
Auf der Straße nach Agendorf und einem Schleichweg hinter dem Friedhof wurden um 110.000 Euro versenkbare Poller installiert, eine Fuzo-Vignette am Auto gibt die Durchfahrt im Schritttempo frei. Möglich sein soll das ab 3. Juli.
Man schränke die Grundfreiheiten der EU nicht ein, ist Anwalt Zink überzeugt. Damit sei ja nicht gemeint, an jedem beliebigen Grenzübergang mit jedem beliebigen Fahrzeug einreisen zu dürfen.
Die Agendorfer parteilose Bürgermeisterin Zsuzsánna Pék ist indes nicht glücklich mit dieser Lösung. Sie wünscht sich den Ausbau hochrangiger Straßen, sprich den Lückenschluss zwischen A3 und M85 bei Klingenbach. Aber Burgenlands SPÖ steht auf der Bremse und fordert vom Nationalrat, die A3-Verlängerung aus dem Bundesstraßengesetz zu streichen.
Die Krankenschwester Brigitte Kerpacsne-Frank arbeitet in Eisenstadt und muss künftig wegen des Umwegs eine halbe Stunde früher aufstehen. Dass sie als Arbeitskraft hochwillkommen ist, aber bei der Einreise Hürden aufgebaut werden, ärgert sie maßlos: „Ich fühle mich diskriminiert“, sagt sie.
Und die Schattendorfer? Man habe unbedingt was tun müssen, ist ein Männertrio überzeugt. Eine Frau, die durch den Friedhof spaziert, ist nachdenklich. Zwar sei der Verkehr oft arg, aber sie erinnert sich auch wehmütig an die Verheißungen von 1989.
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