Ex-Bewag-Chef Lukits: "So wurden acht Jahre meines Lebens zerstört“
Montag, Schlag Mitternacht, endete für Hans Lukits ein Albtraum, der vor mehr als acht Jahre zuvor begonnen hatte.
Ende April 2011 änderte der Bewag-Aufsichtsrat die Monate zuvor beschlossene einvernehmliche Auflösung der Vorstandsverträge von Lukits und dessen Kollegen Josef Münzenrieder in eine fristlose Entlassung. Anlass: „Vermutete Verfehlungen und grobe Pflichtverletzungen“ der Ex-Chefs des Landesstromversorgers bei einem Windkraftprojekt einer Bewag-Tochter in Ungarn.
Die mehrheitlich in Landeseigentum stehende Bewag (49 Prozent hielt die Burgenland-Holding, in der die EVN das Sagen hat) stieg nach 2000 zum führenden Windkraftproduzenten in Österreich auf. Die Vorstände Hans Lukits und Josef Münzenrieder planten ab 2006 den Schritt über die Grenze: „Was wir mit Windenergie im Burgenland können, können wir auch im Ausland.“
Engagements in Staaten Mittelosteuropas waren die Folge, auch im Industrie- und Telekomgeschäft wollte die Bewag mitmischen und ein mitteleuropäischer Mischkonzern werden. 2007 stoppten die Eigentümer die Strategie. Das Verhältnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat sowie Eigentümern war vergiftet.
2010 einigte man sich auf eine einvernehmliche Trennung, 2011 folgte „Fristlose“ für die Manager. Beide klagten ihren ehemaligen Arbeitgeber auf Erfüllung der bis 2012 laufenden Verträge.
Die Energie Burgenland (EB), zu der Bewag und Begas 2012 verschmolzen, musste Münzenrieders Ansprüche (rund 350.000 Euro) nach dem Freispruch im Strafprozess begleichen. Bei Lukits sollen laut EB noch 124.000 Euro offen sein. Man wolle die Ausfertigung des jüngsten Gerichtsurteils abwarten, ehe man weitere Schritte setze.
Die Folge: Jahrelange Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, die im Frühjahr 2017 in einen Prozess mit ursprünglich 11 Angeklagten vor dem Landesgericht Eisenstadt mündeten. Er endete mit vier teilbedingten Schuldsprüchen (darunter Lukits) und fünf Freisprüchen (darunter Münzenrieder).
Der Oberste Gerichtshof verwarf Anfang dieses Jahres den Untreue-Schuldspruch gegen Lukits und verwies die behaupteten Schmiergeldzahlungen der Bewag an ungarische Amtsträger zurück nach Eisenstadt. Dort wurden Lukits und zwei weitere Angeklagte letzte Woche im Zweifel freigesprochen.
Seit Montag, 0 Uhr, ist der Freispruch rechtskräftig und Lukits von einer Last befreit.
„Sobald gegen dich ermittelt wird, bist du erledigt“
„So etwas wünsche ich nicht einmal meinem größten Feind“, sagt der 68-Jährige zum KURIER. Jeden Tag sei er mit dem Gefühl aufgewacht, ein Damoklesschwert hänge über ihm. „Du bist in Österreich erledigt, sobald gegen dich ermittelt wird“, blickt Lukits nicht im Zorn, aber hadernd zurück.
Das Geschäft einer von ihm nach der Bewag-Zeit gegründeten Gesellschaft brach nach 150.000 Euro Umsatz im ersten Jahr ein, Job-Angebote wie die Sanierung eines Autozulieferers verflüchtigten sich, weil „ich immer offengelegt habe, dass ermittelt wird“. Sich beim AMS zu melden, habe sein Stolz nicht zugelassen, stattdessen wurden Rücklagen aufgelöst und Grund verkauft. Den Verdienstentgang inbegriffen habe ihn das Verfahren rund zwei Millionen Euro gekostet.
Als Hans Lukits 2002 ins Burgenland zurückkehrte und Bewag-Vorstandschef wurde, hatte er schon reichlich Erfahrung mit der burgenländischen Energiewirtschaft. 1951 geboren, heuerte der gebürtige Südburgenländer aus Markt Allhau nach HTL und Wirtschaftsstudium 1981 beim Erdgasversorger Begas an, dessen Chef er bis 1995 blieb.
Danach zog es ihn sieben Jahre nach Wien zur Mischek Bau AG. Jetzt zieht es Lukits aber viel weiter in die Ferne.
In seiner zweiten Heimat Südafrika, das er seit einem Studienjahr in den 1970er-Jahren kennt, möchte er junge Start-ups auf dem Weg nach oben unterstützen.
Das Schlimmste sei aber der Verlust seiner Frau Ingrid gewesen, die nach 42 Ehejahren nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben ist, sagt Lukits – auch jetzt nicht zornig, aber sehr bedrückt.
Gespräche mit Niessl und Gerbavsits?
Hörbar aufgebracht ist der Ex-Vorstandschef hingegen, weil er überzeugt ist, dass „acht Jahre meines Lebens zerstört wurden“ – ohne Not. Er und Münzenrieder hätten von Anfang an volle Aufklärung angeboten. „Aber die haben uns nicht einmal die Chance gegeben“, klagt Lukits. Mit „wenig Aufwand und null Kosten hätten wir das gleiche Ergebnis erzielt, das jetzt am Tisch liegt: Dass die Vorwürfe haltlos sind“.
Mitte April 2011 habe ihn sein Nachfolger in der Bewag, Michael Gerbavsits, angerufen und mitgeteilt, das Gehalt werde wegen des „Ungarn-Geschäfts“ nicht angewiesen. „Fragt uns, wir sind da und stehen zur Verfügung, so lange ihr wollt“, erinnert sich Lukits an seine Antwort. Das Aufsichtsratspräsidium wolle das nicht, habe Gerbavsits abgeblockt. Der sagt, an dieses Gespräch könne er sich beim besten Willen nicht mehr erinnern.
Ex-Aufsichtsratspräsident Josef Kaltenbacher kann sich an ein anderes Detail vom Mai 2011 zwar erinnern, sieht es aber anders als Lukits: Eine Bewag-Anwältin habe bei einem Gespräch notiert, Kaltenbacher habe bei der „Vorstandsausschaltung“ mit LH Hans Niessl „Rücksprache gehalten“, so Lukits. Kaltenbacher kontert, man habe aufgrund der Faktenlage die Entlassung aussprechen müssen, danach habe man den Landeshauptmann als Eigentümervertreter informiert.
„Erst wurden wir entlassen, dann wurde geprüft“, sieht Lukits viel Aufklärungsbedarf. In einem Aufdeckerbuch, das im Frühjahr erscheint, will er seine Version schildern und weitere Namen nennen. „Das Ganze muss jemand inszeniert haben.“ Buchtitel: „Wonach suchen wir? Im Bermudadreieck von Politik, Medien und Justiz“.
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