Die Letzten ihrer Zunft: eine Bürstenmacherin und ein Müllerlehrling erzählen

Georg Lehner, Gerald, Melanie und Alexander Eckhardt sowie Carmen Frank (v.li.), das  Team der Bürstenerzeugung Eckhardt.
Die Bürstenerzeugung Eckhardt in Mattersburg ist ein Familienbetrieb in vierter Generation. Christoph Passenbrunner wiederum ist der einzige Müller-Lehrling im Burgenland.

Traditionelles Handwerk verschwindet. Dieser Trend ist in vielen Bereichen nicht mehr aufzuhalten. Manche Vertreter ihrer Zunft bleiben jedoch beharrlich und schreiben die Geschichte ihrer Vorfahren fort. Manchmal sogar mit ihren Nachkommen.

So wie zum Beispiel Melanie Eckhardt, die Chefin der einzigen Bürstenbinderei im Burgenland. Im Mattersburger Familienbetrieb arbeitet mittlerweile mit Alexander Eckhardt auch die vierte Generation fleißig mit. 

Der junge Müller Christoph Passenbrunner wiederum lernt ein uraltes Handwerk: Er ist der einzige Müller-Lehrling im Burgenland. „Ich könnte mir nie etwas anderes vorstellen“, sagt er dazu.

Ein Blick hinter die Kulissen der Bürstenbinderei

Im Jahr 2000 übernahm Melanie Eckhardt den väterlichen Betrieb, gezögert habe sie damals nicht: „Ich bin im väterlichen Handwerksbetrieb aufgewachsen und beherrsche sämtliche Handgriffe der Bürstenbinderei – da gab es keinen Grund, zu zögern“, sagt Eckhardt.

Bei ihrer Übernahme war das Unternehmen in einer finanziell angespannten Situation, da der ertragreiche Markt der Autowaschanlagenbürsten zusammengebrochen ist. Die neue Chefin erweiterte das Produktionssortiment und setzt verstärkt auf Qualität statt Massenware. Damit gemeint sind Nischenprodukte wie etwa Körperbürsten, Massagebürsten oder Zahnbürsten. Sogar eine vegane Produktschiene gibt es, zum Beispiel eine Holzzahnbürste mit Maisborsten.

Laufend werden aber auch neue Produkte in das Sortiment aufgenommen, wie zum Beispiel plastikfreie Spülbürsten oder handgemachte Tastaturbürsten.

Die Letzten ihrer Zunft: eine Bürstenmacherin und ein Müllerlehrling erzählen

Die Produkte gibt es im Shop, online und auf Märkten.

Handwerk bedeutet für Eckhardt „regionalen Bezug der Produkte, auch wenn regionale Rohstoffe kaum mehr vorhanden sind“. 

Nur noch ein Betrieb verwendet Buchenholz

So gebe es in ganz Österreich etwa nur mehr einen Betrieb, der Bürstenhölzer aus Buchenholz produziert. „Die Materialien werden vor allem im Großhandel in Deutschland besorgt. Kleinmengen werden aber bei den Tischlern in der Region gekauft“, schreibt Eckhardt auf ihrer Homepage buerstenerzeuger.at.

Dank der Anschaffung einer Lasergravurmaschine ist es nun auch möglich, die Produkte individuell und personalisiert nach Kundenwünschen zu gestalten.

Eckhardt bietet auch Betriebsführungen an

Melanie Eckhardt will aber auch begeistern und informieren. Zum Beispiel bei persönlichen Betriebsführungen. Dabei wird den Besuchern die Firmengeschichte aus erster Hand nähergebracht, die unterschiedlichen Materialien und deren Anwendungszwecke erklärt und ein Einblick in die Produktion von Hand und von Maschinen gefertigten Bürsten und Besen gegeben. 

Jedes Kind durfte eine Bürste bemalen

Oder zuletzt im Rahmen der Forchtensteiner Ferienbetreuung, die sich für einen Besuch im Betrieb angemeldet hatte. Dabei konnten die Kinder zuschauen, wie eine Flaschenbürste, ein Besen und eine handgemachte Computertastatur gefertigt werden. Zum Abschluss durfte jedes Kind eine eigene Bürste bemalen und als Andenken mit nach Hause nehmen.

„Wir legen großen Wert auf direkten Kundenkontakt“, sagt Eckhardt, die ihren Betrieb fest in der Region verankert sieht. Neben dem hauseigenen Shop können die Produkte auch auf Jahrmärkten und im Onlineshop erworben werden. Die Bürstenerzeugung ist zudem auf Facebook, Instagram, Pinterest und TikTok vertreten, um ein breites Publikum in jeder Altersgruppe zu erreichen und für traditionelles Handwerk zu begeistern.

Ein junger Müller erzählt über ein uraltes Handwerk

In einer Zeit, in der traditionelle Handwerksberufe zunehmend in Vergessenheit geraten, gibt es aber auch noch junge Menschen, die sich für altehrwürdige Berufe begeistern. Einer von ihnen ist Christoph Passenbrunner. Er tritt in die Fußstapfen seines Vaters und erlernt den Beruf des Müllers. Der 16-Jährige ist damit der einzige Müller-Lehrling des Landes. Ausgebildet wird er von seinem Vater Gerald in der hauseigenen Mühle in Andau.

Die Letzten ihrer Zunft: eine Bürstenmacherin und ein Müllerlehrling erzählen

Gerald und Christoph Passenbrunner führten Landesrat Leonhard Schneemann durch ihre Getreidemühle in Andau.

Schon als kleiner Bub wich Christoph seinem Vater nicht von der Seite. Sein Spielplatz war die Getreidemühle in Andau. Immerhin führt die Familie die einzige Mühle im Nordburgenland – und das in vierter Generation. Die fünfte Generation steht schon in den Startlöchern. Denn mit Christoph arbeitet der nächste Chef bereits mit. 

Für den  16-Jährigen war von Anfang an klar, dass er Müller werden will. „Ich könnte mir nie etwas anderes vorstellen. Schon als Kleinkind war ich immer an der Seite meines Vaters und habe ihm bei der Arbeit zugesehen oder geholfen“, schildert Christoph. 2026 will er die Meisterprüfung ablegen.

Was kann ein Müller?

Die Ausbildung zum Müller ist vielseitig und anspruchsvoll. Man lernt nicht nur, wie man Getreide mahlt und verschiedene Mehlsorten herstellt, sondern auch, wie man die komplexen Maschinen wartet und repariert. „Die Arbeit erfordert technisches Verständnis, handwerkliches Geschick und viel Fingerspitzengefühl“, erklärt Christoph.

Mehr als 100 Landwirte beliefern die Familie mit Weizen, Roggen, Mais und Dinkel. Je nach Nachfrage werden täglich bis zu 50 Tonnen Getreide zu Qualitätsmehl, das in verschiedenen Größen abgepackt und ausgeliefert wird, verarbeitet.

„Christoph Passenbrunner ist mehr als nur der einzige Müller-Lehrling im Land. Er, aber auch seine Familie – immerhin führt die Familie die Mühle seit mittlerweile vier Generationen – sind ein Symbol für die Bewahrung und Erneuerung eines traditionellen Handwerks“, lobte unlängst Landesrat Leonhard Schneemann bei einem Betriebsbesuch.

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