Was der Neusiedler See und sein Schilf für das Nordburgenland sind, ist der Uhudler für den Süden. Der Eltendorfer Stefan Wiener will beides kombinieren – mithilfe des Schilfwein-Erfinders.
Dort, wo sich Familie Wiener normalerweise bei angenehmen Temperaturen entspannt, trocknet gerade rund eine Tonne Uhudlertrauben. Im Wintergarten der Eltern von Stefan Wiener liegen die süßen, mittlerweile etwas verschrumpelten Concord-Trauben.
„Dort sind die Temperaturen perfekt und die Uhudlertrauben liegen gut belüftet auf den Matten“, erklärt der Eltendorfer Winzer. Noch etwas mehr als eine Woche dürfen es sich die süßen Beeren auf den Schilfmatten gemütlich machen. Dann soll daraus der erste Schilfwein des Südburgenlandes und der erste mit Uhudlertrauben entstehen.
Nord und Süd vereint
Denn eigentlich hat der Schilfwein seinen Ursprung in Illmitz (Bezirk Neusiedl am See). Dort hat ihn der Winzer Willi Opitz erfunden. Sein Wissen gibt er aber gerne an die jüngere Generation weiter. „Ich habe dem Stefan gesagt, das muss er probieren. Wir arbeiten zusammen, ich helfe, wo ich kann“, sagt Opitz. In Armenien, Spanien, Siebenbürgen und anderen Ländern sei er als Berater tätig.
Vergangenes Jahr hat er in Helsinki geholfen, den ersten Wein zu produzieren. Sogar das österreichische Weingesetz zollt dem Illmitzer Anerkennung: „Dort steht, dass der Schilfwein eine Erfindung der Familie Opitz ist.“
„Von Willi habe ich viele Tipps bekommen. Er hat mir viele Impulse gegeben“, bedankt sich Stefan Wiener beim Illmitzer.
Mehrfach prämiert
Der Weinbau wird in Eltendorf als Familienbetrieb geführt. Der im Holzfass gereifte Uhudler wurde bei den „Decanter Wine Awards“, dem größten Weinmagazin der Welt, mit 90 Punkten ausgezeichnet – als erster Uhudler überhaupt.
Das deutsche Magazin „Savoir Vivre“ zeichnete die Produkte mit „Großes Gold“ aus. Bei der „Ab Hof-Messe“ in Wieselburg wurden Uhudler-Likör,Zigarrenbrand und Uhudler-Hefebrand jeweils mit einem „Goldenen Stamperl“ gewürdigt.
Der Eltendorfer versucht Neues zu kreieren: „Für einen nicht gelernten Winzer bin ich sehr experimentierfreudig. Ich will das Beste aus der Traube herausholen.“ Das geht laut Wiener nur mit einem Prädikatswein. Und genau ein solcher ist der Schilfwein. Die Herstellung ist meldepflichtig und wird von der Behörde auf Menge und Qualität kontrolliert.
Alles handverlesen
Das bedeutet: mindestens 16 Prozent Alkohol und keine künstliche Süße. Die Süße entsteht durch das Trocknen und Belüften der Trauben.
Durch den natürlichen Trocknungsprozess und die Verdunstung des Wassers erhöht sich die Zuckerkonzentration in den Beeren. Weil dadurch aber weniger „Endprodukt“ übrig bleibt, rechnet Wiener nur mit etwa 80 Litern Wein. Ohne diesen Prozess wären bis zu 750 Liter zu erwarten. „Die Traube wird fast so klein wie eine Rosine und dann wird gepresst“, erklärt der Winzer.
Bei der vergleichsweise geringen Traubenmenge gibt es aber auch wenig Spielraum für Fehler. Jede Beere wird von Hand verlesen. „Wir nehmen nur die besten“, erklärt Wiener. Eine aufgeschlagene oder faule Traube und schon kann ein Essigstich den süßen Geschmack des Uhudlers-Schilfweines zerstören.
„Klein wie Rosine“
Das Auftreten von Edelfäule ist bei dieser Produktionsmethode nicht erwünscht. „Die Frucht soll dominieren“, heißt es auf der Website des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft.
Die Reben dafür stehen am Eltendorfer Hochkogel, gleich hinter dem Kellerstöckl der Familie. Wenn die Trauben genug geschrumpft sind und der Zuckergehalt passt, geht's zum Pressen. Bis der Wein verkostet werden kann, dauert es dann noch etwa ein halbes Jahr, denn das Produkt muss noch gären. „Wenn er dann gut ist, machen wir das nächstes Jahr wieder“, erklärt Stefan Wiener.
Ein Prädikatswein Nach dem österreichischen Weingesetz ist ein Prädikatswein die höchste Qualitätsstufe bei Weinen. Er wird aus vollreifen Beeren mit starker Zuckerkonzentration gewonnen.
Eine Erfindung Der Illmitzer Willi Opitz arbeitete seit 1989 an einer Verbesserung der herkömmlichen Verarbeitungsmethode. Anstatt mit Stroh auf Dachböden einen Strohwein herzustellen, nutzte Opitz Schilfmatten in langen Gemüsetunneln mit Holzregalen. Dadurch ist eine deutlich bessere Durchlüftung gegeben. 2002 wurde die Bezeichnung „Schilfwein“ offiziell in das Weingesetz. aufgenommen
Eine Rarität Das Produktionsgebiet von Schilfwein konzentriert sich hauptsächlich auf Illmitz, Apetlon, Podersdorf und Rust – eben dort wo es Schilf gibt.
Die nächste Generation
Fest steht bereits der Name des Weines. „Sophia“, nach der Tochter von Stefan Wiener und seiner Lebensgefährtin Michelle. „Wir werden den Wein später auch verkaufen und den Erlös für unsere Tochter auf ein Sparbuch einzahlen. Das haben wir auch schon mit einem Wein für unseren Sohn Maximilian gemacht“, sagt Wiener.
Auch beruflich denken die beiden an die nächste Generation. Eigentlich kommt Stefan Wiener aus der Automobilbranche. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin hat er im Jennersdorfer Ortsteil Henndorf einen rund sechs Hektar großen Scheibengrund erworben.
Dort soll in den nächsten Jahren ein Genussresort mit Bio-Wein- und Uhudlerhang, Appartements und einer Eventlocation für bis zu 150 Personen sowie einem Seminarraum, entstehen. Dazu wird ein bestehendes Bauernhaus, ein Dreikanthof, umgebaut. Gemeinsam mit der Wieseninitiative wird eine Streuobstwiese angelegt.
In einem geplanten Restaurant soll ausschließlich mit Produkten aus der Region gekocht werden. Die hofeigenen Produkte werden auch über einen Hofladen vermarktet. Weiters sind zehn Kellerstöckl im südburgenländischen Stil geplant.
Altsteirer-Hühner und Shropshire-Schafe sollen zusätzlich für eine naturnahe Mehrfachnutzung der Flächen sorgen. Solar- und Photovoltaikanlagen einen Teil des benötigten Stroms selbst erzeugen.
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