Demo: Burgenländische Bauern von "kapitalistischer Kirche" enttäuscht
Die Neuverpachtung der Pfarrgründe durch die Diözese Eisenstadt sorgt seit Monaten für Empörung unter den Bauern. Am Freitag fand in der Passionsspielgemeinde St. Margarethen eine erste Protestkundgebung statt.
"Von Esterhazy hätte ich so etwas erwartet, aber nicht von der katholischen Kirche", sagt der Landwirt inmitten von Feldern und Wiesen etwas außerhalb von Sankt Margarethen. Der Mann steht in einer Menschentraube, die sich am Freitagvormittag hier versammelt hat, um gegen die Neuverpachtung der Pfarrpfründe zu demonstrieren. Der Kirchturm der Passionsspielgemeinde ist am Horizont nur als kleiner Punkt auszumachen.
"Ich bin von der Kirche enttäuscht", lässt der Demonstrant keinen Zweifel an seiner Gefühlslage. Damit ist er an diesem schwülen Freitag beileibe nicht allein.
Grund für die bäuerliche Aufwallung: Ein „Dekret über die Verwaltung von Pfründenvermögen in der Diözese Eisenstadt“, das Bischof Ägidius Zsifkovics vor 13 Monaten erlassen hat. Die Verpachtung von Pfründen (Äcker, Wiesen, Wälder) der Kirche, die bisher in den Händen der jeweiligen Pfarren lag, wird nun von der Diözese zentral gemanagt.
Es geht um 1.200 Hektar Pachtflächen in 105 Pfarren (in 46 Ortschaften startet die Neuvergabe 2025), die bisher von 300 Pächtern bewirtschaftet wurden - oft seit Jahrzehnten und bereits von der Großelterngeneration.
Die Ausschreibungsfrist endete am 5. Mai, mehr als 5.000 Angebote von 1.600 Landwirten seien auf der Vergabeplattform eingereicht worden, so eine Sprecherin der Diözese. Sie schätzt, dass "90 bis 95 Prozent" der Angebote von Landwirten aus der jeweiligen Region gelegt wurden, "vielleicht aus einem Umkreis von 30 Kilometern". Es sei kein Großagrarier aus anderen Bundesländern zum Zug gekommen.
Das sehen die Bauern in Sankt Margarethen ganz anders, sagt Josef Freismuth, der die Demonstration von Bauern aus den Bezirken Eisenstadt Umgebung und Mattersburg organisiert hat. Das sei vielleicht nur der Anfang, hofft er auf Nachahmer in anderen Landesteilen.
Die Befürchtung von Freismuth & Co: Zum Zug kommen Großbauern aus anderen Bundesländern, die den heimischen Bauern erstens den Grund wegnehmen und zweitens in den jeweiligen Pfarrgemeinden überhaupt nicht verankert seien.
Dabei habe die Diözese im Vorfeld versprochen, dass die Vergabe nicht ausschließlich nach wirtschaftlichen Kriterien erfolge, sondern auch nach ökologischen und pastoralen - sprich "Regionalität, Vorpächter und der Einsatz für die Pfarre sind Kriterien, die bei der Vergabe Berücksichtigung finden".
Walter König hat davon nichts bemerkt. Seit mehr als drei Jahrzehnten bewirtschaftet seine Familie Pfarrpfründe in Antau und baut dort u. a. Gerste und Weizen an. 280 Euro hat er pro Hektar und Jahr zuletzt bezahlt, künftig sollten es 590 Euro sein. König bildet mit fünf anderen lokalen Bauern eine Pachtgemeinschaft, niemand sei zum Zug gekommen, erzählt König.
Burgenländische Bauern hätten ohnehin einen "Bonus" bekommen, versichert die Sprecherin der Diözese. Die Angebote aus Niederösterreich eingerechnet wäre die Pacht im Bezirk Mattersburg sonst auf 750 Euro hinaufgeschnalzt.
Die Diözese sei "grundsätzlich im Recht", räumt König ein, aber wie sie dieses Recht durchsetze, stößt vielen hier sauer auf.
Wie ein Zug sei die Diözese drübergefahren, ernsthafte Gespräche habe es keine gegeben, Entscheidungsträger der Kirche wären für die betroffenen Bauern nicht zu sprechen.
Ein Trausdorfer Bauer, der nun ein Fünftel seiner Anbaufläche verliert und seinen Namen lieber nicht nennen möchte, pflichtet bei. Früher habe man die Pacht mit dem Ortspfarrer vereinbart, sie sei zwar immer angehoben worden, aber moderat. "Kleinbetriebe sind jetzt in Gefahr", sind sich die Bauern einig.
Zumal im Gefolge der Diözese auch andere Verpächter den Zins erhöhen würden. Die Folgen in den Ortschaften? Die Kirchen könnten weitere Besucher verlieren und "denen, die ohnehin schon an der Kippe stehen, fällt der Kirchenaustritt jetzt leichter", ist von einer Gruppe aus St. Margarethen zu hören.
Auch mit den Pfarrern wird gehadert: Dass viele bedauernd gemeint haben, sie könnten nichts tun, "ist ein bisschen zu einfach", lautet die Kritik. Die Pfarrer hätten ja nur geschlossen aufstehen müssen und dem Bischof widersprechen. Überhaupt: Wie Bürgermeister oder Bundespräsident sollten auch Bischöfe vom Volk gewählt werden, ereifert sich ein Demonstrant. Und er lässt keinen Zweifel daran, dass er den burgenländischen Oberhirten abwählen würde.
Um wieviel die Pachteinnahmen nun steigen, weiß man in der Diözese noch nicht, die Verträge werden erst kommende Woche ausgeschickt. Wofür die Erträge verwendet werden, ist hingegen seit Anbeginn klar: Die Einnahmen aus den Pfründen dienen zur sozialen Absicherung der pensionierten Priester. Diese seien nicht staatlich pensionsversichert und erhalten ihre Pensionszahlung von der Diözese Eisenstadt.
Die Diözese hole nach, was in anderen Diözesen bereits gang und gäbe sei.
Die Demonstranten sind skeptisch, dass dafür so viele Mittel nötig sind, schließlich gebe es ja "immer weniger Pfarrer".
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