Katharina Graf-Janoska gibt Einblicke in die Volksgruppe der Roma

Katharina Graf-Janoska gibt Einblicke in die Volksgruppe der Roma
Als Moderatorin und Autorin ist die Neusiedlerin zu einer der bekanntesten Vertreterinnen der Volksgruppe im Burgenland geworden.

Diese Woche wurde mehr als 7.000 Menschen aus dem Burgenland gedacht, die in der Zeit des Nationalsozialismus aufgrund der Zugehörigkeit zu ihrer Volksgruppe ermordet wurden. Am Montag war internationaler Gedenktag des Holocausts an den Roma und Sinti.

Den Burgenländern wurde dieses dunkle Kapitel der Geschichte in jüngster Zeit mit Gedenkveranstaltungen und der Installation von Mahnmalen in Erinnerung gerufen; auch mit einer neuen Holocaust-Gendenktafel im Kirchenpark in Neusiedl am See, der Heimatstadt von Katharina Graf-Janoska.

Die 33-Jährige ist in den letzten Jahren zu einer der bekanntesten Vertreterinnen ihrer Volksgruppe im Burgenland geworden. Sie ist Schriftstellerin, hat ihren eigenen Buchverlag gegründet und moderiert auch das mehrsprachige ORF-Volksgruppenmagazin „Servus Szia Zdravo Del tuha“.

Katharina Graf-Janoska gibt Einblicke in die Volksgruppe der Roma

Anlässlich des Holocaust-Gedenktages war sie als Rednerin bei einigen Veranstaltungen dabei. Auf die Frage, welche Gedanken bei solchen Anlässen hochkommen, antwortet Graf-Janoska im KURIER-Gespräch: „Vor 80 Jahren sind Menschen meiner Abstammung umgebracht worden und wurden nicht als Burgenländer akzeptiert. Als Burgenländerin kränkt es mich, dass Roma so lange aus der Geschichte ausgegrenzt wurden und zu Fremden gemacht worden sind. Die wenigsten wissen darüber Bescheid, wo die Romasiedlungen waren, dass diese Leute in den Dörfern Berufe gehabt haben und in die Kirche gegangen sind. All das wurde ausgelöscht, es ist ein blinder Fleck der Geschichte.“

Aufbruchsstimmung bei den Jungen

Katharina Graf-Janoska engagiert sich in zahlreichen Initiativen und Roma-Vereinen. Das neueste Projekt ist „HÖR“, die „Hochschüler*innenschaft Österreichischer Roma und Romnja“, es ist zugleich der erste Jugendverein der Volksgruppe der Roma in Österreich. Als Teil des Vorstands bekommt die Neusiedlerin aus erster Hand mit, wie sich das Selbstbild der jungen Roma gewandelt hat. „Es ist eine Aufbruchsstimmung da, weil sich in den letzten Jahren vieles verändert hat. Die jüngere Generation ist irrsinnig stark und mutig, der Assimilationszwang ist weg“, berichtet sie.

Katharina Graf-Janoska
Geboren 1988 in Eisenstadt, Studium der vergleichenden Literaturwissenschaft und Philosophie an der Universität Wien 

Projekte
2013  Gründung des pannonischen Buchverlags „Bu&Bu Verlag“. Katharina Graf-Janoska ist Autorin, Verlegerin sowie seit 2015 Moderatorin des ORF-Minderheitenmagazins „Servus, Szia, Zdravo, Del tuha“, und arbeitet als Redakteurin für „Burgenland Heute“ 

Mehr Informationen unter katharinajanoska.at

Dennoch ist die Volksgruppe nach wie vor mit Diskriminierung und Ungleichbehandlung konfrontiert. Ein Beispiel: Dass „Zigeuner“ ein Schimpfwort ist, ist in vielen Köpfen noch immer nicht angekommen. Graf-Janoska: „Wir kämpfen dafür, dass das Wort verschwindet“.

In der burgenländischen Community ist das Trauma vom Attentat von Oberwart vor 26 Jahren, und die unfaire Behandlung durch Polizei und Presse noch immer präsent. Und Entwicklungen in den Nachbarländern werden mit Sorge beobachtet. Der Tod eines tschechischen Rom nach seiner Festnahme durch die Polizei erinnerte zuletzt stark an den Fall George Floyd. „Dass das zu keiner Roma-Lives-Matter-Bewegung geführt hat, ist eigentlich schockierend“, findet auch Katharina Graf-Janoska.

Katharina Graf-Janoska gibt Einblicke in die Volksgruppe der Roma

Katharina mit ihrem Vater, dem Komponisten Ferry Janoska. Er kam in den 1970ern als Flüchtling nach Österreich.

Ihre ganz persönliche Geschichte hat die Neusiedlerin in ihrem 2019 erschienen Buch „KriegsROMAn“ erzählt. Darin schildert sie unter anderem die Erlebnisse ihrer Großväter im Zweiten Weltkrieg: Der eine, Tiroler Patriot und NSDAP-Parteimitglied, der andere Berufsmusiker aus einer Roma-Familie in Bratislava. Beide kämpften im Krieg auf deutscher Seite.

Der „Kriegsroman“ entwickelt sich weiter zur Fluchtgeschichte: Katharinas Vater Ferry, jetzt viel beachteter Komponist, wird mit seiner Familie 1972 in einem umgebauten Benzintank von der damaligen Tschechoslowakei ins Burgenland „geschmuggelt“.

Buchverlag gegründet

Katharina Graf-Janoska hat als Autorin mittlerweile drei Bücher auf den Markt gebracht und ihren eigenen Verlag namens „Bu&Bu“ gegründet. Ein nächstes Buchprojekt ist derzeit nicht in Sichtweite: „Dafür fehlt mir die Zeit und im wahrsten Sinne des Wortes auch der Platz“, erzählt die 33-Jährige lachend zum Abschluss: „Wenn ich Ideen habe, setze ich mich auf die Terrasse und verpacke diese Ideen in Geschichten. Das empfinde ich als Entspannung und therapeutisch. Aber ich weiß nicht, ob ich diese Texte jemals veröffentlichen werde.“

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