Heinz Vegh schreibt Satire, die fast so absurd wie die Realität ist
Heinz Vegh muss schon lange niemandem mehr irgendetwas beweisen. Aber er tut es halt trotzdem. Weil der 82-Jährige noch immer so viele skurrile Ideen hat, die einfach zu Papier gebracht werden wollen.
Mit dem 450 Seiten dicken Roman „Onkel Kim und die High Heels“ legt der Neusiedler Autor dieser Tage sogar sein komplexestes und wohl auch schrägstes Werk vor. Gute zehn Jahre lang hat er an dem Buch gearbeitet. Ein kurzer Einblick in die Handlung: Einen Jungbauern aus dem Burgenland verschlägt es gemeinsam mit einem Schuhdesigner über bizarre Umwege in den fiktiven Schurkenstaat „Pelargonien“. Dort regiert der gefürchtete Diktator „Kim“, der ein pikantes Hobby pflegt: Auf Laufstegen präsentiert er sich gerne maskiert in Frauenkleidern und High Heels.
Außerdem mischen noch eine Marlene-Dietrich-Imitatorin und ihr Mann mit – ein in Ungnade gefallener Wissenschafter, der für Pelargonien an der Gammastrahlenbombe forscht. Die nach und nach eskalierende Handlungskette, bis zur sprichwörtlichen Explosion, hat Heinz Vegh beim Schreiben selbst verblüfft, wie er im KURIER-Gespräch verrät: „Am Anfang war es eine ganz einfache Geschichte. Am Schluss war ich überrascht, wie dick das Buch geworden ist“.
Entfremdet
Veghs Pelargonien, eine satirisch überzeichnete Version von Nordkorea, fußt auf umfangreichen Recherchen, die er in den vergangenen Jahren angestellt hat. Ein dicker Ordner, gefüllt mit Zeitungsartikeln und Hintergrundinformationen, zeugt davon. So entstand eine „Entfremdung“ des isolierten Staates und seiner Einwohner. „Ich war nicht dort, aber Karl May ist ja auch nie im Wilden Westen gewesen. Es geht auch nicht unbedingt um die Landschaft, sondern um die Charaktere, und wie sie sich im fremden Land verhalten“, erzählt Heinz Vegh.
„Onkel Kim und die High Heels“ ordnet der Autor dem Nischengenre „Roadmovie“-Roman zu.
Was er damit meint? „Roadmovie ist für mich die Möglichkeit, Film in der Literatur zu machen. Ein Roman ist für mich ein breiter Strom. Das Roadmovie ist ein reißender Fluss“, erklärt Vegh seinen Zugang. Als Inspirationsquellen nennt er die Autoren Jack Kerouac und Charles Bukowski, ebenso wie die Filmemacher Quentin Tarantino und die Coen Brothers. Auch sein bisher letztes Buch, das 2011 erschienene „Shopping Town 66“, war schon ein Roadmovie-Roman.
Wie beim Film fertigt der Neusiedler vor dem eigentlichen Schreiben ein Drehbuch an, das als Grundlage für die verschiedenen Handlungsstränge dient.
Diese Herangehensweise hat er aus seinen früheren Tätigkeiten mitgenommen. Heinz Veghs Karriere als Autor begann in den 1970er-Jahren. Mit seinem Stück „Die nächste Krise kommt bestimmt“ wurde das damals neu errichtete Kulturzentrum Mattersburg eröffnet.
Die Anfänge
Bald darauf schrieb der Neusiedler Hörspiele und TV-Formate für den ORF. Ein Karriere-Highlight: 1979 wird Heinz Veghs Drehbuch für den Film „Die Bräute des Kurt Roidl“, mit Klaus Maria Brandauer in der Hauptrolle, mit dem Staatspreis für TV-Spiele ausgezeichnet. Seinen ersten Roman „Allzeit bereit“ hat Vegh 1977 zu Papier gebracht – eine „Anti-Bundesheer-Geschichte“, wie er sagt, die von seinen Erlebnissen beim Militär inspiriert wurde.
„Onkel Kim und die High Heels“ wird am 14. Oktober um 19 Uhr im Weinwerk Neusiedl mit einer Lesung präsentiert, der Eintritt ist frei. Das Buch erscheint im Verlag Edition Merlit und kostet 25 Euro
Zur Person
Heinz Vegh wurde 1940 in Meiningen (D) geboren, seit 1941 lebt er im Burgenland. Er war beruflich als Journalist, Drehbuchautor und Pressesprecher der Bewag tätig.
Eines wurde dem jungen Heinz Vegh bei seinen schriftstellerischen Tätigkeiten aber bald klar: „Verdienen kann man nichts mit dem Zeug!“. Deshalb hatte der Neusiedler auch einen sicheren Brotberuf: Mehr als 20 Jahre lang war er für die Öffentlichkeitsarbeit der BEWAG (heute: Burgenland Energie) zuständig. „Das hat mir auch immer Spaß gemacht. Und nebenbei ist die Literatur gelaufen“, erzählt der Neusiedler.
Und sie läuft noch immer, die schräge Literatur-Karriere des Heinz Vegh. Auf die Frage, ob er schon an seinem nächsten Werk arbeitet, winkt er aber ab: „Jetzt muss ich mal durchatmen. Man muss auch das Alter zur Kenntnis nehmen. Nochmal zehn Jahre darf ich mir nicht Zeit lassen“, merkt der 82-Jährige mit einem jugendlich wirkenden Lachen an.
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