Wie ein Stinatzer international Karriere gemacht hat

Sechs Jahre lang war Stipsits bei der EU-Kommission in Brüssel tätig.
Johannes Stipsits ist mit Burgenlandkroatisch als Muttersprache aufgewachsen. Heute leitet er die weltweit größte Steuerdatenbank.

Herr Stipsits aus Stinatz hat eine steile Karriere hingelegt. Gemeint ist an dieser Stelle nicht der Kabarettist Thomas, sondern Johannes Stipsits.

Die berufliche Laufbahn von Zweiterem hat vor fast 30 Jahren als Betriebsprüfer beim Finanzamt Wien begonnen. Später hat er (unter anderem) für die EU-Kommission und die Weltbank gearbeitet. Seit 2020 steht Johannes Stipsits an der Spitze der weltweit größten Steuerdatenbank namens „ISORA“ (International Survey on Revenue Administration).

Mit dem KURIER hat der 52-Jährige auf seine beachtenswerte Karriere zurückgeblickt, von seiner spannenden aktuellen Tätigkeit und auch aus seinem Privatleben erzählt.

Wie ein Stinatzer international Karriere gemacht hat

Stipsits in seinem Brüsseler Büro

Geboren wurde Johannes Stipsits im Juni 1970 in Hartberg. Aufgewachsen ist er in der 1.200-Einwohner-Gemeinde Stinatz im Bezirk Güssing, wo sich mehr als die Hälfte der Einwohner zur Volksgruppe der Burgenlandkroaten zählen – darunter auch die Familie Stipsits. So erklärt sich, dass Johannes Stipsits Burgenlandkroatisch als seine Muttersprache bezeichnet: „Bei uns zu Hause, mit den Eltern und Großeltern, ist nur Kroatisch gesprochen worden. Deutsch habe ich erst von zwei Freunden beim Spielen gelernt“, erzählt Stipsits vom südburgenländischen Alltag der Siebzigerjahre.

Johannes Stipsits wurde am 29. Juni 1970 in Hartberg geboren. Er ist verheiratet und hat drei Kinder (26, 13 und 10 Jahre alt)

Karriereweg: Johannes Stipsits war für das Bundesministerium für Finanzen (1993-2005 & 2014-2016), die EU-Kommission (2006-2010 & 2017-2019) und  die Weltbank (2011-2013) tätig. Seit 2020 ist er Chairman der größten weltweiten Steuerdatenbank: data.rafit.org

Es versteht sich fast von selbst, dass er auch in der örtlichen Tamburizza-Gruppe mitgespielt hat. Seine Kroatisch-Kenntnisse sollten im beruflichen Werdegang von Johannes Stipsits noch eine große Rolle spielen. Doch dazu später mehr.

Schulkollege „Dosko“

Nach der Volksschule absolviert Johannes Stipsits das Bundesrealgymnasium in Oberschützen. Dort hat er einen späteren Landeshauptmann als Schulkollegen: Hans Peter Doskozil, der übrigens nur acht Tage älter als Stipsits ist.

„Ich war der künstlerische Typ, mit langen blonden Haaren, wollte nicht lernen und lieber viel Freizeit haben. Das hat sich später sehr gewandelt“, erinnert sich Stipsits mit einem Lachen an seine Schulzeit zurück.

Denn nach der Matura setzt dann doch der Ehrgeiz ein, einen „anständigen“ Job zu bekommen: Stipsits macht ein Diplom für Steuer- und Finanzmanagement und absolviert später berufsbegleitend einen Master an der FH Burgenland. Im Jahr 1993 nimmt die Karriere des Stinatzers Fahrt auf: Im Bundesministerium für Finanzen ist er zuerst Betriebsprüfer, dann Assistent des Direktors.

Wie ein Stinatzer international Karriere gemacht hat

Mit seiner Frau und den gemeinsamen drei Kindern reist der Stinatzer gerne um die Welt. 

2006 schafft der damals 36-Jährige den Karrieresprung nach Brüssel. Für die Europäische Kommission kann er als Berater im kroatischen Finanzministerium wichtige Beiträge für den EU-Beitritt Kroatiens leisten. Hier kommt wieder seine Muttersprache ins Spiel. Stipsits: „Für die Kroaten war es etwas seltsam, Ausdrücke zu hören, die bei ihnen vor 500 Jahren gängig waren und wir Burgenländer immer noch benutzen. Aber ich konnte mich schnell auf das heutige Kroatisch einstellen und mir in Brüssel ein länderübergreifendes kroatisch-sprachiges Netzwerk aufbauen. Aus Erfahrung würde ich Eltern empfehlen, unbedingt Mehrsprachigkeit zu fördern“.

Wie ein Stinatzer international Karriere gemacht hat

Vor Ausbruch der Pandemie waren 150 Flüge pro Jahr keine Seltenheit für Johannes Stipsits.

Während seiner Tätigkeit bei der EU-Kommission lernt Johannes Stipsits auch den kräftezehrenden Alltag eines internationalen Beraters kennen – mit allen Vor-und Nachteilen.

„Früher hatte ich um die 150 Flüge im Jahr. Ich war ständig unterwegs und wenn ich in Hotelzimmern aufgewacht bin, habe ich manchmal nicht gewusst, in welchem Land ich bin“, erzählt Stipsits von den Jahren im Dienste der EU.

Zwischen 2011 und 2019 wechselt der Stinatzer mehrmals die Arbeitsplätze (siehe Infobox rechts). Seit 2020 ist er in leitender Funktion bei der innereuropäischen Organisation der Steuerverwaltungen mit Sitz in Budapest tätig. „Mein Hauptjob ist, dafür zu sorgen, dass die Performance der Steuerverwaltungen besser wird“, bringt Stipsits seine Aufgabe auf den Punkt.

Zurück in Stinatz

So viel reisen wie bei seinen früheren Jobs muss der Stinatzer jetzt nicht mehr – seit Ausbruch der Pandemie kann auch vieles vom Homeoffice aus erledigt werden. Was mehr Freizeit bedeutet, in der der dreifache Vater am liebsten malt, Sport macht und mit seiner Familie Reisen unternimmt.

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