Aus dem Alltag eines Tätowierers: Wer bunt sein will, muss leiden
Als sich Armin Mollner mit 18 Jahren sein erstes „Peckerl“ stechen ließ, wurde ihm eines schlagartig klar: Das tut ganz schön weh. Trotzdem hat ihn die Faszination Tattoo bis heute nicht mehr losgelassen. Seit zehn Jahren ist er Tätowierer von Beruf.
Unter dem Künstlernamen „Acy Jones“ findet der gebürtige Joiser in der Tattoo-Szene international Beachtung. Auch die Haut mehrerer Stars hat er schon mit seinen Nadelstichen verziert.
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Im vergangenen Mai haben Mollner und sein Team eines der größten Tattoo- und Piercingstudios des Burgenlands im Entertainment Center Parndorf eröffnet; es trägt den schwer zu buchstabierenden Namen „Kørpercvlt Søciety“. Hier gewährte Armin Mollner dem KURIER einen Einblick in seine Arbeitswelt.
Infolge der Corona-Pandemie ist, wie bei den meisten körpernahen Dienstleistern, auch bei ihm das Geschäft zunächst komplett eingebrochen. Mittlerweile ist der Terminkalender des 37-Jährigen aber längst wieder voll. In der Regel haben seine Kunden eine vage Vorstellung von einem Motiv, das Mollner dann ausarbeitet. Manchmal fertigt er Skizzen an, meistens arbeitet er aber am „Objekt“ selbst, denn: „Ein Körper ist keine Leinwand, jeder ist anders. Das ist aber auch die leiwande Herausforderung an dem Beruf“, erklärt „Acy Jones“.
Bereits existierende Motive sticht er hingegen selten, die meisten seiner Kunstwerke sind Unikate: „Der Kunde kann sich sicher sein, dass sein Tattoo individuell ist, das so kein zweiter auf der Welt hat.“
Schmerzhafter Luxus
Ein aufwendiges, großflächiges Tattoo kann einen vierstelligen Betrag kosten. Eine durchaus kostspielige Investition in das eigene Erscheinungsbild, dessen ist sich Armin Mollner bewusst: „Das Tattoo ist ein reines Luxusgut, das braucht der Mensch nicht zum Überleben. Da wird als erstes gespart, wenn das Geld knapp wird“. Die Buchungslage bei „Kørpercvlt Søciety“ ist dennoch stabil geblieben – acht bis zehn Tattoos sticht Armin Mollner normalerweise pro Woche.
Wenn er sein Werkzeug zückt, offenbart sich ein ums andere Mal ein nicht unwichtiger Aspekt beim Tätowieren: Die Schmerztoleranz der jeweiligen Kundschaft. „Ich kann zu 100 Prozent sagen, dass Männer das unterschätzen. Da nehme ich mich nicht aus. Warum das so ist, weiß ich nicht. Bei Frauen ist das Gegenteil der Fall: Sie machen sich davor viel mehr Gedanken darüber, wie weh das tun könnte.“
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Ob die Tätowiernadeln an verschiedenen Körperstellen mehr oder weniger wehtun, ist seiner Erfahrung nach individuell verschieden.
Auf jeden Fall findet die Tinte heute ihren Weg auch in die entlegensten Regionen, berichtet Acy Jones: „Ich habe schon sehr viele menschliche Körperteile tätowiert. Ein paar fehlen noch, aber nicht viele.“
Nach einem Beispiel gefragt, was noch fehlt, zögert Mollner kurz – und erklärt dann: „In manchen Szenen werden Motive rund um den Anus tätowiert. Das habe ich noch nicht gemacht.“
Tabu beim Tattoo
Berührungsängste, auch mit intimen Körperzonen, kennt die Nadel von Armin Mollner also offenbar nicht. Ein konkretes „Tattoo-Tabu“ gibt es für ihn aber sehr wohl. Hin und wieder komme es vor, dass ihm jemand ein Motiv mit NS-Bezug vorlegt. „Das ist in letzter Zeit sogar vermehrt passiert. Oft ist das nicht offensichtlich, da gibt es viele versteckte Sachen. Ich kenne mich aber gut aus damit, weil ich aus der kompletten Gegenrichtung komme. Ich erkläre dem Menschen dann, dass ich das nicht mache – auch wenn kein direkter Nazi-Zusammenhang besteht.“
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Armin Mollners Künstlername Acy Jones ist eine Hommage an Casey Jones, seinen Lieblingscharakter aus den „Turtles“-Comics. Alle Infos zum Tattoo- und Piercingstudio „Kørpercvlt Søciety“ unter: koerpercvlt.com
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Ob er die Karriere eines Tattookünstlers jungen Menschen empfehlen würde? „Absolut“, sagt Armin Mollner und fügt hinzu: „Voraussetzung ist Kreativität und die richtige Einstellung. Viele glauben, dass ein Tätowierer ein Vermögen verdient, aber dem ist nicht so.“
Eine reguläre Ausbildung zum Tätowierer bzw. zur Tätowiererin gibt es in Österreich übrigens noch nicht. Im kommenden Jahr beginnt aber am WIFI Eisenstadt ein Vorbereitungskurs für die Befähigungsprüfung zum Tätowierer. Am 5. Dezember findet dazu eine Informationsveranstaltung statt.
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