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Roboter-Kapitalismus

Jeder von uns wird ständig seine Kompetenzen verbessern müssen", sagt Telekom-Chef Alejandro Plater im KURIER-Gespräch. Auch der britische Economist widmet seine jüngste Ausgabe dem Lifelong Learning und stellt die Frage: "Wie kann man im Zeitalter der Automation überleben?"

Es klingt ja gar nicht schlimm, dass wir uns lebenslang weiterbilden müssen, um auf dem Arbeitsmarkt bestehen zu können. Für viele bedrohlich wirkt aber, dass heute niemand sagen kann, welche Fähigkeiten in ein paar Jahren gefragt sein werden, welche Berufsbilder neu entstehen werden und vor allem die Frage: Was wird aus Menschen, die bei dem Tempo und den vielen Veränderungen nicht mitkommen? Unsicherheit lauert überall, und nirgends ist ein Anker für die unruhigen Zeiten in Sicht.

Ein Lernergebnis dieser Serie: Die Globalisierung ist nicht unser wirkliches Problem, die ist großteils schon gelaufen. Die Industrie sucht nicht mehr billige Lohnarbeit in Fernost, sie holt die Arbeit von dort wieder zurück – um sie hier Robotern anzuvertrauen. Das Handelsblatt berichtet über den größten deutschen Bettwäschehersteller, die Firma Bierbaum in Westfalen, die nur mehr in Deutschland produziert, in Roboter-Fabriken. "Ein Roboter kostet 25.000 Euro und lässt sich kinderleicht programmieren", sagt der Geschäftsführer.

Roboter: gut und billig

Der taiwanesische Handy-Produzent Foxconn will menschenleere Fabrikshallen. Foxconn hat vor allem in China Mitarbeiter oft schlecht behandelt, bald werden sie durch Roboter ersetzt. Die beschweren sich nicht.

Die Künstliche Intelligenz ist so faszinierend, weil sie ja den Menschen dient. Der IBM-Großrechner Watson kann Daten über Krankheiten, Heilergebnisse und Medikamente speichern, die kein menschliches Gehirn erfassen könnte. Und erkennt dadurch Krankheiten, von denen ein Arzt vielleicht noch nie gehört hat. Wunderbar.

Kann das jeder lernen?

Jede technische Veränderung hat die Menschen gefordert, oft überfordert: Das Feuer, das nicht immer beherrschbar war, der Buchdruck mit seinen Konsequenzen für die Gesellschaft oder der Otto-Motor mit seiner wahnsinnigen Geschwindigkeit. Aber jetzt geht alles noch schneller und wir können uns nicht darauf konzentrieren, was gerade neu ist, weil schon wieder der nächste Technologiesprung da ist. Quantencomputer sind eine Spezialität für wenige Fachleute, aber wie lange dauert es, dass sie Massenware werden? Und was wird die noch viel größere und schnellere Rechenleistung bedeuten?

Geld ohne Arbeit

Die Technologie wird viele Menschen zurücklassen, weil sie einfach nicht verstehen werden, wie man programmiert, oder auch, weil sie gar keine Möglichkeit bekommen, es zu lernen. Einfache Tätigkeiten fallen schon weg, bald auch Jobs für ausgebildete Akademiker.

Industriebosse wollen das arbeitslose Grundeinkommen im Zuge der Digitalisierung diskutieren, Gewerkschafter aber gar nicht. Wolfgang Katzian, Chef der Privatangestellten sprach sich kürzlich im KURIER gegen die Formel "Geld ohne Arbeit" aus, "Wir werden dafür kämpfen, dass alle, die eine Arbeit wollen, auch eine bekommen." Sein deutscher Kollege Frank Bsirske ist aus vielen Gründen dagegen: Das sei nicht zu finanzieren und auch ungerecht, es würden ja dann auch Millionäre bekommen,wenn sie nichts tun.

Zusätzliche Jobs

Siemens Chef Joe Kaeser oder der Chef der deutschen Telekom, Timotheus Höttges sind für ein arbeitsloses Grundeinkommen. Die Manager sehen einfach nicht, wo genug Arbeit herkommen soll. Höttges hat auch einen Vorschlag für die Finanzierung: diejenigen Konzerne, die von der Digitalisierung profitieren, sollen zahlen.

Vor diesem Bild des Internets der Dinge, der rasenden Digitalisierung und der intelligenten Roboter hat Bundeskanzler Christian Kern in dieser Woche zusätzliche 200.000 Jobs bis 2020 angekündigt. Das ist umso wichtiger, weil die Unternehmensberatung McKinsey vorrechnet, dass rein technisch schon jetzt jeder zweite Arbeitsplatz wegfallen könnte.

Silicon Austria?

Die Politik kann bestenfalls die Voraussetzungen für neue Jobs schaffen. Also: Wird Österreich das Land, wo die Kinder von klein auf die digitale Welt vorbereitet werden, wo schon in den Schulen lustvoll mit Codes experimentiert wird, wo junge Unternehmer gefördert und Arbeitsinspektoren die Zufriedenheit der Mitarbeiter nicht nach Quadratzentimetern messen werden?

Oder Alpenzoo?

Oder werden wir der Alpenzoo – ganz gschamster Diener – wo Gewinner der Digitalisierung aus erfolgreicheren Ländern sich umschauen, wie früher so das Leben war? Aber selbst wenn Österreich vieles richtig macht, wird die Kluft zwischen denjenigen, die da mitkommen, und Menschen, denen alles zu schnell geht und zu schwierig ist, größer werden. Auch darüber muss nachgedacht und geredet werden.

Der Roboter-Kapitalismus ist neu, seine Spielregeln werden andere sein, die Methoden, ihn zu bändigen, auch. Mit den Organisationen und den Ideologien des 20. Jahrhunderts wird das nicht funktionieren, mit Partei-Parolen schon gar nicht. Die Finanzierung des Sozialsystems ist bedroht, Ein-Personen-Unternehmer brauchen mehr Unterstützung, das Steuersystem muss umgebaut werden, Bildung wird immer wichtiger und psychologisch muss sich die Gesellschaft auf die Umwälzungen vorbereiten.

Meine Kollegin Gabriele Kuhn, die diese Serie so hervorragend koordiniert hat, hat ihre Gedanken festgehalten (hier zu lesen). Die Diskussion wird weitergehen, auch hier im KURIER.

Teil 1: Der Mensch von morgen: Perfekt, unsterblich - zu allem bereit?

Essay von Helmut Brandstätter: Die Wissenschaft wird uns gottähnlich machen - oder zerstören

Teil 2: Der Genetiker Markus Hengstschläger über die Thesen von Yuval Harari

Teil 3: Wie der Mensch den Schwangerschaftscode knacken will

Teil 4: Über die Gefahren der Mensch-Optimierung

Teil 5: Zukunft der Menschheit: Droht das Ende der Demokratie?

Teil 6: Der Mensch ist de facto bereits unsterblich

Teil 7: Singularität - die Angst vor der klugen Maschine

Essay von Helmut Brandstätter: Lern´ was! Ja, aber was?

Teil 8: Leben in der Zukunft: Für immer Feierabend! Und dann?

Teil 9: Wie wahrscheinlich eine gezielte Manipulation des Gehirns ist

Teil 10: Eine Zukunft ohne fixe Arbeitszeiten?

Teil 11: "Das werden Computer nie können"

Teil 12: Die Zukunft von Beziehungen, Liebe - und dem ewigen Leben