Maßnahmen gegen das Coronavirus: "Darf ich die Oma noch besuchen?"
Auch wenn es banal klingt: Häufiges Händewaschen und Abstand halten zählen nach wie vor zu den effizientesten Maßnahmen, die jeder einzelne gegen die schnellere Ausbreitung des neuartigen Coronavirus tun kann. „Jeder sollte sich jetzt überlegen, worauf er verzichten kann. Etwa überlegen, ob man täglich einkaufen gehen muss oder mit wem ich mich treffe“, sagt Infektiologe Heinz Burgmann von der MedUni Wien über die aktuellen Maßnahmen der Behörden.
Das Virus selbst sei nicht gefährlicher geworden. „Der Grund der Maßnahmen ist, Übertragung und Infektionsrate so gut wie möglich zu reduzieren und zu verlangsamen. Die Gesellschaft muss also zusammenhalten – und dafür auf Distanz gehen.“ Der Experte verhehlt aber nicht: „Es sind Änderungen im Lebensstil, die uns in den nächsten Wochen treffen werden.“
Soll man noch öffentliche Verkehrsmittel nutzen? Welche Sicherheitsmaßnahmen sind angebracht?
„Ich würde zum jetzigen Zeitpunkt nicht grundsätzlich davon abraten, in die U-Bahn oder den Bus zu steigen“, sagt Elisabeth Oberzaucher, Verhaltensbiologin an der Uni Wien. „Man sollte sich auf jeden Fall nach jeder Fahrt die Hände waschen. Idealerweise auch davor, um andere nicht gefährden.“ Im öffentlichen Raum sollte man das Gesicht wenn möglich nicht berühren, um die Übertragungswahrscheinlichkeit auf die Schleimhäute zu reduzieren.
Darf man ältere – womöglich vorerkrankte – Familienmitglieder besuchen?
„Gerade ältere und/oder chronisch kranke Menschen sollte man vor Kontakten schützen“, sagt Oberzaucher. Als Alternative rät sie zu Telefonaten. Familienfeiern sollten verschoben werden. Und sie gibt zu bedenken: „Die nahe liegende Betreuungslösung für viele Eltern bei Schul- oder Kindergartenschließung ist eine Unterbringung bei den Großeltern.“ So wie es im Moment aussieht, haben am Virus erkrankte Kinder und Jugendliche oft keine oder sehr milde Symptome. Sie können das Virus unbemerkt in die Familie tragen und Ältere gefährden.
Sind alle über 60-Jährigen gleich gefährdet?
„Die Sterblichkeit ist in der Altersgruppe der über 70- und über 80-Jährigen deutlich höher“, sagt Burgmann. „Es geht aber auch darum, welche Reserven jemand hat, wie gut das Immunsystem funktioniert. Für einen Schwerkranken ist jede Infektion ein Problem, weil sein Körpersystem schon belastet ist.“
Soll man noch ins Spital für geplante Operationen oder zum Arzt gehen?
Wenn es nicht um akuten medizinischen Bedarf geht, rät Oberzaucher derzeit von Arztbesuchen ab. Das entlaste die Kapazitäten im Gesundheitssystem und verringere auch die Keimverbreitung.
Ist es besser, das Treffen mit einem Freund abzusagen, wenn er in einem Risikogebiet war?
„Derzeit ist zu überlegen, mögliche Kontakte, bei denen das Virus verbreitet werden könnte, zu reduzieren“, sagt Burgmann. Oberzaucher warnt hier aber vor einer Virus-Panik. „Am besten man wägt es von Fall zu Fall ab.“
Darf ich noch mit meinem Hund Gassi gehen?
Solange man nicht an Covid-19 erkrankt ist, ist es kein Problem, den Hund spazieren zu führen. „In Hausquarantäne darf man Wohnung oder Haus nicht verlassen. Das bedeutet, dass man maximal mit dem Hund in den eigenen Garten gehen darf. Ansonsten müsste man diese Pflichten an einen Hundesitter abgeben“, sagt Oberzaucher.
Muss ich Friseurbesuche absagen?
Es gibt kein Gesetz, welches das verbietet. Oberzaucher: „Es obliegt der persönlichen Verantwortung, wie weit man sich sozialen Kontakten aussetzen will.“
Wie sieht es mit Massagen oder Besuchen im Fitnesscenter aus?
In Gesundheitseinrichtungen, wie beispielsweise Massagestudios, werden Hygienemaßnahmen in der Regel sehr gut eingehalten. Damit kann die Verbreitung des Virus weitgehend unterbunden werden. In Fitnessstudios kommt es auf den Reinlichkeitsstandard an. „Es ist aber ohnehin nicht zu erwarten, dass Menschen, die sich krank und geschwächt fühlen, Sport betreiben und andere anstecken“, sagt Oberzaucher. Sie empfiehlt lieber Joggen an der frischen Luft oder Radfahren.
Ist die Supermarktschlange jetzt gefährlich?
„Solange man nicht angehustet wird, hält sich die Gefahr in Grenzen“, beruhigt die Verhaltensbiologin. Man müsse sich nicht jedes Mal, wenn man die Wohnung verlässt, fürchten, ansteckt zu werden. „Wenn Menschen offensichtlich erkrankt sind, sollte man einen Abstand von zwei Metern zu ihnen einhalten.“ So kann die Tröpfcheninfektion – der Hauptübertragungsweg – gut eingeschränkt werden. Ansonsten gilt nach dem Einkaufen wie auch sonst nach Aufenthalten im öffentlichen Raum (Kino, Museum, Restaurant): Sofort und gründlich Händewaschen.
Sind Hostien und Weihwasser potenzielle Überträger des Virus?
Das Weihwasser ist mittlerweile selten noch in offenen Becken verfügbar, da sie potenziell Krankheiten übertragen könnten. Das ist aber seit Längerem bekannt. Ich würde auf die Kommunion tatsächlich vorerst verzichten. „Wenn die Messe nicht ohnehin abgesagt wird.“