Wirtschaft

"Super-Menderes" gewann überlegen

"Come on" - so sieht ein würdiger Dschungelkönig aus: Menderes Bagci hat beim Finale von "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" die letzte Telefonabstimmung mit 81,11 Prozent der Stimmen gegen die Zweite, It-Girl Sophia Wollersheim, gewonnen. Bereits beim ersten Wahlgang, als Ex-Kicker Thorsten Legat ausgeschieden ist, votierten 74,7 Prozent für den ewigen "DSDS"-Teilnehmer, der nun "endlich was gewonnen" hat.

Der 31-Jährige konnte es Samstagnacht kaum fassen, als er zum 10. Jubiläum der RTL-Show die Dschungelkrone entgegen nehmen konnte. "Ich bin einfach völlig baff jetzt", sagte er. Dabei lag "Super-Menderes", wie ihn die Moderatoren Daniel Hartwich und Sonja Zietlow betitelten, bereits seit dem 24. Jänner in der Zuschauergunst stets vorn, wie RTL nun bekanntgab. Da löste er mit 23 Prozent der Stimmen Thorsten Legat (19,5 Prozent) ab, der tags zuvor noch mit 28,2 Prozent der Stimmen geführt hatte (Menderes: 23,9 Prozent). Vielleicht hätte sich der "Legatinator" nicht so lautstark über "faule Frauen" aufregen sollen (Detaillierte Ergebnisse finden Sie weiter unten).

Alle Inhalte anzeigen

Helena Fürst dominierte erste Hälfte

Helena Fürst erhielt in der ersten Woche, als die Zuschauer noch zur Frage "Wer soll zur nächsten Dschungelprüfung?" abstimmten, stets die meisten Anrufe. Auch nach der Umstellung des Votings auf die Frage "Wer soll im Camp bleiben?" ab 22. Jänner konnte sie mit 23,91 Prozent die Nase zunächst vorn behalten. Dann fiel die polarisierende Fernsehanwältin, die mit Streitigkeiten und ungeschickt absolvierten Dschungelprüfungen auffiel, beim Publikum mehr und mehr in Ungnade.

Der 31-jährige Menderes wirkte im Kontrast dazu stets ruhig, zuvorkommend und widerstandsfähiger als so mancher es erwartet hatte. Bis dahin war Bagci nur durch sein ewiges Scheitern bei der Casting-Show "Deutschland sucht den Superstar" bekannt gewesen. Auf das Glas Sekt, das ihm gereicht wurde, verzichtete Menderes - weil er keinen Alkohol trinkt.

Quotenhoch

Mit 8,6 Millionen Zuschauern in Deutschland lag das Staffelfinale mehr als eine Million höher als im Vorjahr. 2015 kam „Ich bin ein Star“ zum Abschluss nur auf 7,52 Mio. Seher. In Österreich waren am Samstagabend 316.000 Zuschauer dran.

Im Staffelschnitt erreichten die 16 regulären Ausgaben des Dschungelcamps 7,1 Millionen Zuschauer (mit einem Marktanteil von 28,6 Prozent). Insgesamt war es laut RTL die vierterfolgreichste aller zehn bisherigen Dschungelstaffeln. 2015 schauten im Schnitt nur 6,8 Millionen Menschen zu. Damals hatte es viel Kritik gegeben: zu oft Langeweile, zu wenig Kracher.

Alle Inhalte anzeigen

Vor allem mit Thorsten Legat (Sein Leitspruch: "Kasalla") lag die 41-Jährige im Dauerstreit. Die Fernsehfrau legte es erst gar nicht darauf an, besonders beliebt bei den Mitcampern zu sein. Sie landete in der Staffel immerhin auf dem vierten Platz.

Dramaturgie

Casting und Dramaturgie seien in der jetzigen Staffel deutlich besser gewesen, sagt die Fernsehforscherin Joan Kristin Bleicher von der Universität Hamburg. Einzelne Teilnehmer wie Bagci hätten die Zuschauer überrascht - oder wie TV-Anwältin Fürst polarisiert. Aber es gibt auch Kritik: Immer gleiche Dschungelprüfungen hätten sich nach zehn Staffeln abgenutzt, resümiert Bleicher.

Einen bestimmten Lebenszyklus für Reality-TV-Shows wie das Dschungelcamp gebe es nicht, sagte die Journalistik-Professorin Margreth Lünenborg von der Freien Universität Berlin der Augsburger Allgemeinen. Manche Sendungen würden nach der ersten Staffel abgesetzt, andere liefen über Jahre. "Aber der Peak, der Höhepunkt des Reality-TV, dürfte hinter uns liegen", sagte sie generell über solche Formate.

1,8 Millionen Kakerlaken und Blick nach vorne

In den Dschungelcamp-Staffeln der vergangenen Jahre war so einiges vor den Kameras herumgeflogen und -gekrochen. 1,8 Millionen Kakerlaken, 705 Ratten und 800.000 Heuschrecken, wie die Moderatoren diese Woche in der Show aufzählten. Hinzu kamen 23 Tierhoden und: jede Menge Kopfschmerztabletten für die Teilnehmer.

Der Blick nach vorne: RTL setzt weiter auf das Dschungelcamp. Nach Senderangaben ist für Jänner 2017 nach derzeitigem Stand wieder eine Dschungelshow geplant. In diesem Sommer sei aber keine Variation vorgesehen. Eine solche hatte es 2015 gegeben. Bei "Ich bin ein Star - Lasst mich wieder rein!" hatte Schauspielerin Brigitte Nielsen gewonnen und sich damit das Ticket für das jetzige Dschungelcamp gesichert.

(dpa)

Das Dschungelcamp im Rückblick

Alle Inhalte anzeigen

22. Jänner (Tag 8):

Helena 23,91%
Menderes 21,33%
Thorsten 11,26%
Sophia 8,61%
Ricky 8,32%
Brigitte 7,83%
Nathalie 6,16%
Jürgen 6,11%
Jenny 3,41%
David 3,06%

23. Jänner (Tag 9):

Thorsten 28,17%
Menderes 23,88%
Helena 11,75%
Sophia 9,04%
Brigitte 6,70%
Ricky 6,08%
Jürgen 5,96%
Nathalie 4,27%
Jenny 4,15%

24. Jänner (Tag 10):

Menderes 23,03%
Thorsten 19,53%
Sophia 16,04%
Jürgen 11,26%
Helena 10,27%
Brigitte 8,60%
Nathalie 6,19%
Ricky 5,08%

25. Jänner (Tag 11):

Menderes 52,75%
Thorsten 11,62%
Sophia 10,72%
Helena 7,41%
Jürgen 6,43%
Brigitte 5,61%
Nathalie 5,46%

(Keiner musste das Camp verlassen)

26. Jänner (Tag 12):

Menderes 49,51%
Sophia 12,33%
Thorsten 11,34%
Brigitte 7,58%
Helena 7,15%
Jürgen 6,66%
Nathalie 5,43%

27. Jänner (Tag 13):

Menderes 56,28%
Thorsten 16,45%
Helena 10,30%
Jürgen 6,64%
Sophia 6,09%
Brigitte 4,24%

28. Jänner (Tag 14):

Menderes 50,18%
Sophia 16,49%
Thorsten 13,37%
Helena 11,29%
Jürgen 8,67%

29. Jänner (Tag 15):

Menderes 56,45%
Sophia 24,96%
Thorsten 11,23%
Helena 7,36%

30. Jänner (Tag 16 - Vorfinale):

Menderes 74,67%
Sophia 17,48%
Thorsten 7,85%

30. Jänner (Tag 16 - FINALE):

Menderes 81,11%
Sophia 18,89%

(Daten: RTL)

Reality-TV – und dieser Vergleich tut zugleich auch ein bisschen weh – war einmal so etwas wie der Punk des Fernsehens. Damals, als das Dschungelcamp noch neu und aufregend im doppelten Wortsinn war, war die radikale, offensive Unterschreitung des gewohnten Niveaus im Fernsehen auch erfrischend. Das Medium war an Biederkeit erkrankt, an Routine und Fadesse, in Österreich noch dazu vergiftet durch parteipolitischen Dauerzank. Da schien selbst das Verspeisen von Maden eine vertretbare Antwort: Die waren zumindest nicht nach Proporz ausgewählt.

Nun, eineinhalb Jahrzehnte später, stellt sich die Frage von damals neu: Wie kann Fernsehen aus der bleiernen permanenten Routine ausbrechen, zu der auch der fade Dschungel längst gehört? Wer traut sich noch etwas im Fernsehen? Und vor allem: Was?

Denn weiter nach unten geht es nicht, vor allem, weil dort das Internet alle denkbaren unteren und untersten Schubladen besetzt (wer hat das Lugner-Video noch nicht gesehen?). Filme und Serien, also den vergleichsweise hochklassigen Fernsehalltag, kann man längst anderswo bequemer und personalisierter bekommen (die neuen Folgen der „Gilmore Girls“ kommen auf Netflix und nicht ins Nachmittagsfernsehen). Über mehr Info, Hochkultur, Dokus trauen sich die Programmmacher nicht drüber.

Vorerst also heißt es: Mehr vom Gleichen. Noch ein Tatort, noch eine deutsche Dramaschnulze, noch eine Millionenshow. Nur: Wie lange spielt das Publikum da noch mit?