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Harry & Meghan im Interview: Rufmord, Rassismus und eine Hochzeit vor der Hochzeit

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Nach den vielen Häppchen, die Star-Moderatorin Oprah Winfrey samt US-Sender CBS seit Tagen zum Anfüttern für das erste TV-Interview mit Herzogin Meghan und Prinz Harry nach ihrem Rückzug aus den Diensten der britischen Monarchie verabreichten hatten, war die Befürchtung nicht ganz aus der Welt, dass die Hauptspeise womöglich mickrig ausfallen könnte. Meilenweit gefehlt.

In dem zweistündigen Stelldichein, das am Sonntagabend in den USA ausgestrahlt wurde und in den nächsten Tagen in rund 70 weiteren Ländern zu sehen sein soll, kamen Sensationen und Hiobsbotschaften, elektrisierende Bekenntnisse und Geständnisse im Minuten-Takt.

Stichworte unter anderem: Rufmord. Rassismus. Suizidgedanken. Eine Hochzeit vor der Hochzeit. Und ein zweites Baby.

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Seit Lady Diana 1995 gegenüber dem BBC-Journalisten Martin Bashir haben Hauptdarsteller der Tragikomödien des Hauses Windsor nicht mehr so unverblümt über Rollenverteilungen und Arbeitsplatzbeschreibungen eines Konstrukts (vulgo: Königshaus) gesprochen, das nicht ohne Grund "Firma" genannt wird. Und wie weiland Princess of Wales, so machten auch ihr Sohn Harry und dessen Angetraute Meghan unmissverständlich deutlich, dass hinter den Palastmauern kein Betriebsrat vor Mobbing und Demütigung schützt.

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"Ich wurde nicht nur nicht geschützt, sondern sie waren bereit, zu lügen, um andere Mitglieder der Familie zu schützen", erklärte die 39-jährige Amerikanerin, die im Sommer ihr zweites Kind erwartet (es wird ein Mädchen) über die Mega-Maschine Königshaus, "aber sie waren nicht bereit, die Wahrheit zu sagen, um mich und meinen Ehemann zu schützen."

Tränen wegen Kate

Der Reihe nach. Die erste "Bombe" platzte bereits kurz nach dem Austausch von Freundlichkeiten, die Winfrey und die Herzogin von Sussex auf einem Anwesen im kalifornischen Santa Barbara zeigten, wo der Dreh aufgenommen wurde. 

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Winfrey, mit ihrer Interviewpartnerin gesellschaftlich befreundet und geographisch fast Nachbarin, wollte wissen, was denn an der Geschichte dran sein, dass sie, Meghan, ihre Schwägerin, die Ehefrau von Prinz William, Herzogin Kate (Middleton), laut Medienberichten zum Weinen" gebracht habe. 

Die Realität, so die jederzeit beherrscht und kontrolliert wirkende Herzogin, sei exakt umgekehrt gewesen - Kate habe s i e zum Weinen gebracht. Es sei ein paar Tage vor der Hochzeit mit Prinz Harry um Blumenmädchen-Kleider gegangen, Details blieben unerwähnt. "Es hat wirklich meine Gefühle verletzt", sagte Meghan. Aber die Sache sei ausgestanden. Kate, die sei einen “guten Menschen” nannte, habe sich mit Blumen entschuldigt. Warum und vom wem die Story Monate später spiegelverkehrt  in die Welt gesetzt wurde? "Gute Frage", sagte Meghan und betonte, dass dieser Vorgang für sie der "Wendepunkt" und der "Beginn eines wahren Rufmordes”"gewesen sei.

Danach ließ die ehemalige Hollywood-Schauspielerin fallen, dass sie und Harry bereits drei Tage vor der royalen Groß-Hochzeit im Mai 2018 im ganz kleinen Rahmen den Bund fürs Leben geschlossen haben. "Niemand weiß das, aber wir haben den Erzbischof angerufen.”

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Geschockt und für einen Augenblick authentisch ohne Worte wirkte Winfrey, die in der Königs-Disziplin des sanften Abringens sensationeller Geständnisse schon bei Stars wie Michael Jackson, Tom Cruise oder Lance Armstrong erfolgreich war, als unverhohlene Rassismus-Vorwürfe gegen das Königshaus laut wurden. 

Rassismus und psychische Probleme

Meghan sagte, es habe vor der Geburt ihres Sohnes Archie "Bedenken und Gespräche" darüber gegeben, "wie dunkel seine Haut sein könnte, wenn er geboren wird". Dies sei in Gesprächen zwischen Prinz Harry und der "Familie" zutage getreten. Als Winfrey mehrfach nachsetzte und wissen wollte - wer? - wehrte die Herzogin wie auch später in der zweiten Interview-Hälfte Prinz Harry unmissverständlich ab. Die Quelle zu nennen, wäre "sehr schädlich" für einige Personen, sagte sie.

Die Botschaft aber ist klar: Ein Baby mit dunkler Haut (Meghans Mutter ist Afro-Amerikanerin) wäre für den Buckingham-Palast offenbar ein großes Problem gewesen. Nicht nur das. Meghan beschrieb minutiös, wie ihr lange vor der Geburt bedeutet worden sei, dass "unser Kind kein Prinz oder keine Prinzessin wird. Und das bedeutete, unser Kind wird keinen Personenschutz bekommen". Warum das "erste farbige Mitglied" der Königsfamilie keine Security bekommen soll, sei ihr nie erläutert worden. Etwas verklausuliert antwortete Meghan auf Winfreys Frage, ob "seine Rasse” wohl den Ausschlag gegeben hat, mit ja. 

Während des darauf folgenden Werbeblocks, für den der Sender CBS für einen 30-Sekünder Rekordpreise von rund 325.000 Dollar aufgerufen haben soll, explodierte in sozialen Medien eine erste Empörungswelle.Noch beklemmender wurde es, als die Herzogin näher ausführte, was es mit ihrer Formulierung auf sich hat, das britisch Königshaus sei eine "kaum zu überlebende" Institution. "Ich habe keine Lösung gesehen. Ich war nächtelang wach und habe geweint. Ich weiß, wie viel Verlust Harry erlebt hat. Ich musste es ihm aber sagen: Ich wollte nicht mehr am Leben sein. Ich hatte Angst, weil das sehr real war. Dies war keine abstrakte Idee.”

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Keine Hilfe

Winfrey, erkennbar entsetzt, nahm das Wort von den Suizidgedanken in den Mund und fragte nach dem Warum. Antwort Meghan, die vorher schilderte, wie sie königshausintern mehrfach vergeblich um professionellen psychologischen Beistand gebeten habe: "Ich dachte, das hätte alles für alle einfacher gemacht."

An dieser Stelle knüpfte kurz danach Prinz Harry an, der nach einer Stunde zum Interview dazugeholt wurde. "Meine größte Sorge war, dass sich die Geschichte wiederholt", sagte der 36-Jährige und meinte damit den tragischen Tod seiner Mutter, die 1997 von Fotografen gejagt in Paris bei einem Autounfall tödlich verunglückt war. Meghan trug während des Interviews ein Armband von Lady Di.

Harry ließ abgesehen von der Queen, über die auch Meghan nur Gutes, ja Herzliches zu sagen wusste, kein gutes Haar am Königshaus. Dass über 70 britische Parlamentarier einmal den "kolonialen Unterton" in der britischen Medien-Berichterstattung über Meghan gegeißelt haben, die komplette Königsfamilie aber keinen Finger rührte, "hat weh getan". Auch dass sein Vater, Prinz Charles, nach der Abreise des Paares aus England in Richtung Kanada und USA irgendwann Telefonanrufe verweigert habe, sitzt offenbar tief. "Ich fühle mich wirklich im Stich gelassen, weil er durch etwas Ähnliches gegangen ist."

Als Winfrey nachsetzte, was die simpelste Antwort auf die Frage sei, warum sie der Krone den Rücken gekehrt haben, entgegnete er: "Fehlende Unterstützung und fehlendes Verständnis." Er und Meghan hätten “wirklich alles unternommen, was wir konnten", um in der königlichen Familie zu bleiben.

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Prinz Harry nahm für sich in Anspruch, "Gefangener" eines Systems gewesen zu sein, in dem die britische Boulevardpresse von großem Übel und Einfluss sei. Vorwürfe, er und seine Frau hätten das Königshaus über ihr Quasi-Ausscheiden aus der Familienbande im Dunkeln gelassen, dementierte der Prinz mit Nachdruck und berichtete von mindestens fünf Gesprächen, die er mit der Queen und seinem Vater geführt habe. Ohne vererbtes Geld seiner Mutter, so Harry, wäre der Wechsel in die USA nicht möglich gewesen. Das Königshaus habe ihn und Meghan vor über einem Jahr finanziell abgeschnitten.

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Am Ende des Interviews fragte Oprah Winfrey, die am heutigen Montag in einer Spezial-Sendung noch nicht veröffentlichtes Material nachlegen will, ob Meghan ihn gerettet habe. Prinz Harry nahm sich einige Sekunden bis zur Antwort und sagt dann: ja.

Ob Queen und Hof die berühmte englische "stiff upper lip" zeigen und das Interview getreu der Leitlinie von Queen Mum - niemals beklagen, nichts erklären - durch Nichtbeachtung strafen, erscheint angesichts der Schwere der Vorwürfe nach Einschätzung von US-Medien als "zweifelhaft". Der "Krieg" zwischen Harry und Meghan auf der einen und der "Firma" auf der anderen Seite gehe wohl jetzt erst richtig los.

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