Gasser vor Olympia-Goldjagd: "Bin so froh, dass der Clemens da ist"
Olympia ist immer anders. In der Snowboard-Welt ist es bei Wettkämpfen und Trainingseinheiten meistens so, dass sich Freunde und Gruppen bilden, bei denen oft egal ist, aus welchem Land man kommt. Freunde und Trainingspartner der österreichischen Freestyle-Snowboarder Anna Gasser und Clemens Millauer kommen aus Deutschland, der Schweiz und vielen anderen Ecken der Welt.
Bei den Olympischen Spielen generell, und insbesondere in Corona-Zeiten, ist der Kontakt streng limitiert. Umso glücklicher sind die Kärntnerin und der Oberösterreicher, dass sie in ihrem Hotel in Zhangjiakou zusammen sein dürfen. "Wir haben zwei Einzelzimmer", erzählt Gasser. In einem sei das Gepäck, in dem anderen schlafen beide. "Es ist wirklich ein Luxus, dass man hier jemanden hat", sagt Millauer. Auch im Training könne man sich so gegenseitig unterstützen, während andere Nationen mit riesigen Teams am Werk sind.
Apropos Training. Schon in der Nacht auf Samstag geht es für Anna Gasser mit der Qualifikation los. Die ersten Kontakte mit dem Slopestyle-Kurs beim Training haben viele Athleten und Athletinnen an ihre Grenzen getrieben. "Der Kurs ist gut", erzählt Gasser, "aber die Bedingungen sind schwierig".
Wie schon in Pyeongchang 2018 haben die Snowboarder in China mit Wind und Wetter zu kämpfen. Minus 19 Grad hatte es am Donnerstag. "Die Wartezeit beim Lift ist relativ lang", sagt Millauer. Wenn man nicht durchgehend in Bewegung bleibe, kühle man sofort aus. "Im Training fällt man oft hin. Es ist feiner hinzufallen, wenn man aufgewärmt ist."
Angstgegner Wind
Doch die kalten Temperaturen und der harte und aggressive Maschinenschnee sind nicht das einzige, was den beiden Sorgen bereitet: Der Wind, der am Donnerstag schon einige Male gestört hat ("mal von vorne, mal von hinten") soll am Wochenende zu den Bewerben noch stärker werden: "Ich hoffe die Organisatoren haben aus Korea gelernt, und haben einen Ersatztag eingeplant", sagt Millauer.
Anna Gasser kam 2018 beim Slopestyle nicht mit den Bedingungen zurecht und verpasste eine - für sie fix eingeplante - Medaille klar. "Damals ist wegen der Verhältnisse für mich eine kleine Welt zusammengebrochen", sagt sie. Heute sei sie erfahrener. "Damals hab' ich den Run nicht an die Verhältnisse angepasst. Das kann ich heuer schon."
Im Slopestyle gehört Anna Gasser zu den Top 10 der Welt. Dass sie Olympiagold bereits zuhause hat, macht sie entspannter. Ziel ist das Finale - dort ist eine Medaille in Reichweite. Ob sie auf dem ungewohnten Schnee ihre beste Leistung zeigen kann?" Gasser ist zufrieden. "Sie war heut schon sehr gut", sagt Freund und Trainingspartner Millauer.
Fakten zum Olympia-Slopestyle-Bewerb
Samstag, 3.45 Uhr MEZ: Qualifikation
Sonntag, 2.30 MEZ (live ORF eins): Finale
WM-Ergebnis 2021 in Aspen (USA)
1. Zoi Sadowski Synnott (NZL)
2. Jamie Anderson (USA)
3. Tess Coady (AUS)
(6. Anna Gasser)
WM-Ergebnis 2019 in Park City (USA)
1. Zoi Sadowski Synnott (NZL)
2. Silje Norendal (NOR)
3. Jamie Anderson (USA)
Olympia-Ergebnis 2018 in Pyeongchang
1. Jamie Anderson (USA)
2. Laurie Blouin (CAN)
3. Enni Rukajärvi (FIN)
(15. Anna Gasser)
Mitleid mit Kramer
Inzwischen hoffen die beiden Snowboarder, dass sie gesund und negativ durch die nächsten Tage kommen. "Für uns gibt es hier drei Disziplinen", sagt Millauer: "Slopestyle, Big Air und Corona." Bei einigen Athleten hätten sie schon gesehen, was ein positiver Test zuhause oder vor Ort bedeuten kann. Ein Schweizer Freund hätte schon in Quarantäne müssen.
Sehr mitgelitten hätten die beiden mit der Skispringerin und Goldhoffnung Sara Marita Kramer. "Sie hätte sich das so verdient", sagt Gasser, die sich an ihre eigene Favoritenrolle vor dem Gold im Big Air in Pyeongchang 2018 erinnert und sich vorstellen kann, was es für Kramer bedeutet, diese Spiele zu verpassen. "Aber ich hoffe, sie wird dadurch nur noch stärker. Ich glaube, sie macht in vier Jahren Gold!"