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Sprint-Legende Bolt war gestern: Die neuen Stars der Leichtathletik

Der Sprint über die 100 Meter sind die elektrisierendsten zehn Sekunden bei den Olympischen Spielen. Der Mann, der seit 2008 jedes Mal den Schalter umlegte, ist nicht mehr dabei. In Tokio wird erstmals seit 2004 (damals war es der US-Amerikaner Justin Gatlin) einem Champion die Goldmedaille umgehängt, der nicht Usain Bolt heißt.

Der 34-jährige charismatische Jamaikaner hat von 2008 bis 2018 den Sprint dominiert, und bei den Olympischen Spielen drei Mal jeweils Gold über 100 und 200 Meter geholt. Dazwischen gab es vier Weltmeisterschaften, in denen er nur ein Mal Gold verpasste, weil er 2011 wegen Fehlstarts über 100 Meter disqualifiziert worden war.

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Geht es nach den Zeiten, die in diesem Jahr gelaufen wurden, ist der US-Amerikaner Trayvon Bromell der logische Nachfolger. Nicht nur weil Weltmeister Christian Coleman wegen eines Anti-Doping-Vergehens gesperrt ist. 

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Der war neun Jahre alt, als der Letzte, der nicht Bolt hieß, Gold über 100 Meter holte. Justin Gatlin, mittlerweile 39, trat bei den US-Ausscheidungen an. Bromell gewann die sogenannten Trials in 9,80 Sekunden vor Ronnie Baker und Fred Kerley. „Ich glaube Trayvon war im Kindergarten oder in der ersten Klasse Volksschule, als er mich um ein Foto mit ihm gebeten hat“, erinnerte sich Gatlin. Der humpelte nach 10,87 Sekunden als Letzter ins Ziel und verpasst Tokio. 

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Verletzungssorgen

Am 5. Juni dieses Jahres sprintete Bromell, mittlerweile 26 Jahre alt, 9,77 Sekunden, damit ist er die Nummer sieben der ewigen Bestenliste – hinter Bolt (2009, Weltrekord in 9,58 Sekunden), Tyson Gay, Yohan Blake, Asafa Powell, Justin Gatlin und Christian Coleman. Der Mann aus Florida könnte das Versprechen einlösen, das er 2015  mit WM-Bronze in Peking abgegeben hatte. Nach zwei Achillessehnen-Operationen drohte ihm das Karriere-Aus. Die Ärzte hätten ihm gesagt, dass er „nie wieder in Top-Form“ kommen werde, „aber Gott war anderer Meinung“, sagte Bromell, der sich stärker als jemals zuvor zurückgemeldet hat.

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Bevor Trayvon Bromell seine Bühne betritt und explodiert, sucht er sich einen ruhigen Platz, holt seine Bibel heraus und liest. Er liebt die Fotografie, interessiert sich für Mode und liest viel. Zudem scheut sich Bromell nicht, über Schwächen zu reden und psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Bromell tritt nur über 100 Meter an. Der Letzte, der vor Bolt über 100 und 200 Meter gewonnen hat, war 1984 Carl Lewis. Noah Lyles gewann die Trials über 200 Meter vor Kenny Bednarek und Erriyon Knighton – der 17-Jährige hat mit 19,84 den U-20-Weltrekord von Bolt um vier Hundertstel verbessert. Er wird der jüngste Amerikaner bei Olympischen Spielen in der Leichtathletik seit 1964 sein. Bolt war 2004 bei seinen ersten Spielen 19 – und schied im Vorlauf verletzt aus.

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Die Erben von Usain Bolt

Als Bolt im Sommer 2017 nach der WM in London seine Spikeschuhe an den Nagel hängte, schien es für die Leichtathletik jedenfalls gelaufen zu sein. Der Jamaikaner war über ein Jahrzehnt lang das Gesicht und das Herz der Leichtathletik, nicht wenige fürchteten damals, dass der Sport ohne Bolt in Schockstarre verfallen und an Strahlkraft und Popularität verlieren würde.

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Aber die Leichtathletik ist seither nicht auf der Stelle getreten. Der Sport hat seit dem Rücktritt von Usain Bolt neue Helden hervorgebracht. Sie besitzen zwar vielleicht nicht sein Charisma und wissen sich auch nicht wie er in Szene zu setzen, aber gerade in den Monaten vor den Olympischen Spielen purzelten auf einmal wieder die Weltrekorde. Diese Leichtathleten stehen in Tokio im Fokus:

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  • Armand Duplantis

Als Sergej Bubka 1994 in Sestriere 6,14 Meter übersprang, hielt es kaum jemand möglich, dass dieser Stabhochsprung-Weltrekord noch zu überbieten wäre. Armand Duplantis, 21 Jahre jung, gebürtiger US-Amerikaner, der für Schweden, das Heimatland seiner Mutter, an den Start geht, ist in neue Dimensionen vorgedrungen.

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Der Jungstar hält mit 6,15 Metern nicht nur den Freiluftweltrekord, in der Halle übersprang er sogar 6,18 Meter. Bei Olympia kam Duplantis kurzerhand sein US-Dauerrivale Sam Kendricks abhanden, der positiv auf Corona getestet wurde.

  • Allyson Felix

36 wird die Grande Dame der Leichtathletik im Herbst, Tokio sind bereits die fünften Sommerspiele der Dauerläuferin aus den USA, die bereits sechs olympische Goldmedaillen besitzt und über die 400-Meter-Distanz immer noch eine Klasse für sich ist.

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  • Karsten Warholm

Dass Norwegen im Langlaufen eine Großmacht ist, ist hinlänglich bekannt. Inzwischen laufen die Skandinavier aber auch in der Leichtathletik zur Hochform auf. Warholm (25) verbesserte erst vor wenigen Wochen über 400 Meter Hürden den Uralt-Weltrekord aus dem Jahre 1992.

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  • Letesenbet Gidey

Die 23-jährige Äthiopierin läuft in einer eigenen Liga und stellte im vergangenen Jahr über 5.000 und 10.000 Meter zwei Fabelweltrekorde auf. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis Gidey über 10.000 Meter als erste Frau unter 29 Minuten bleibt.

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  • Erriyon Knighton

Der 17-jährige US-Sprinter wandelt auf den Spuren von Usain Bolt und entriss dem Jamaikaner in 19,84 Sekunden seinen U-20-Weltrekord über die 200 Meter. In Tokio wird das Ausnahmetalent nur über die längere Sprintdistanz starten.

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  • Athing Mu

Mit ihren 19 Jahren läuft die US-Amerikanerin mit sudanesischen Wurzeln über 800 Meter allen um die Ohren. In diesem Jahr war keine schneller als Athing Mu (1:56,07).