Leben/Gesellschaft

Sport statt Knabberspaß: Wer weniger snackt, bewegt sich mehr

Runter von der Couch, rein in die Sportschuhe: Den inneren Schweinehund zu bändigen, fällt den wenigsten Menschen leicht. Neueste Forschungserkenntnisse liefern nun einen interessanten – und durchaus praktischen – Ansatz, wie die sportliche Unlust überwunden werden könnte.

Worum geht es: Ein Wissenschaftsteam aus Japan beobachtete in Experimenten Mäuse, die nur zweimal täglich gefüttert wurden, dabei, wie sie öfter und aus freien Stücken ins Laufrad kletterten. Nager, die uneingeschränkt Zugang zu ihren Näpfen hatten, waren im Vergleich inaktiver. Die Futtermenge schien das Aktivitätslevel nicht zu beeinflussen: Beide Mäusegruppen fraßen in etwa gleich viel, schreiben die Forscher um Mediziner Yuji Tajiri von der Universität Kurume im Journal of Endocrinology.

Bewegungslust

Ursache des Bewegungsdrangs soll Ghrelin sein, ein Hormon, das beim Menschen in der Magenschleimhaut und der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Der als Hungerhormon bekannte Botenstoff steuert– bei Mäusen gleichsam wie bei Menschen – Appetit und Nahrungsaufnahme. Hat man Hunger, steigt der Ghrelinspiegel im Blut. Nach dem Essen fällt er ab. Spannend: Bei einer dritten Mäusegruppe, deren DNA die Wissenschafter so veränderten, dass ihre Organismen kein Ghrelin produzierten, blieb die aktivitätssteigernde Wirkung aus. "Unsere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Hunger (...) auch die freiwillige Bewegungsmotivation steigern könnte", kommentiert Tajiri die Ergebnisse.

Ähnlich wie Ghrelin den Appetit über neuronale Prozesse im Belohnungssystem stimuliert, könnte auch die körperliche Betriebsamkeit auf diese Weise angeregt werden. Wenige geregelte Mahlzeiten und der Verzicht auf Snacks könnten den Schweinehund zumindest ruhigstellen, argumentieren die Forscher.

Nur erste Ansätze

Ob die Ergebnisse überhaupt auf den Menschen umlegbar und der gesteigerte Bewegungsdrang tatsächlich auf das Hormon Ghrelin zurückzuführen ist, sieht Sportwissenschafter Michael Koller von der Wiener Sportordination kritisch. "Was aus evolutionsbiologischer Sicht aber sehr logisch erscheint, ist, dass der Mensch trotz ausbleibender Nahrungsaufnahme für vermehrte Aktivität bereit ist. Für unsere Vorfahren war das überlebensnotwendig. Denn wenn Nahrung knapp war, musste man erst recht zum Jagen und Sammeln aufbrechen." Es erscheine außerdem "logisch, dass man mit leerem Magen eher Lust hat, sich zu bewegen, als wenn man sich diesen vollgeschlagen hat".

Zwar werde Intervallfasten, wie die von den japanischen Forschern vorgeschlagene Ernährung in großen Zeitabständen auch genannt wird, in Fachkreisen kontrovers diskutiert (ob damit Krankheiten verhindert oder geheilt werden können, ist umstritten). Es wirke sich aber positiv auf Stoffwechsel und Fettabbau aus.

Studienleiter Tajiri sieht in den Erkenntnissen Potenzial: "Wenn wir den Effekt beim Menschen nachweisen können, könnte das die Grundlage für kostengünstige Diät- und Belegungspläne sein und die Behandlung und Vorbeugung von Übergewicht ermöglichen."