Urlaub für behinderte Menschen: Mit dem Rollstuhl bis Thailand oder Kenia
Für behinderte Menschen sind Reisen noch immer eine gewaltige Herausforderung. Vielfach entpuppen sich barrierefreie Zimmer als Hindernis-Parcours, oft sind die Quartiere die unattraktivsten des Hauses oder auf Kreuzfahrten haben die Kabinen vor allem einen guten Blick auf die Rettungsboote. Rund 50.000 Rollstuhlfahrer können ein Lied davon singen. Am besten lässt man sich vor einer Buchung Fotos der Zimmer, speziell auch von Duschen und WC, schicken.
Doch es gibt zahlreiche Alternativen, selbst wer (mittels PEG-Sonde) künstlich ernährt oder sogar mit Sauerstoff beatmet wird, kann heutzutage auf Urlaub fahren und sogar fliegen. Fluglinien stellen sich immer besser auf derartige Gäste ein.
Pfleger als Begleiter
Das oberösterreichische Reisebüro "Forum Erleben" etwa hat sich auf solche Fälle spezialisiert und hat Urlaube mit 15 verschiedenen Pflegekräften im Angebot.
"Wir bieten alles an - von Naturreisen, Städtereisen, Reisen ans Meer bis hin zu Fernreisen. Jedes Jahr steuern wir 30 verschiedene Reisedestinationen an", erklärt Geschäftsführer Hans Peter Greunz. "Wir waren bereits acht Mal in Costa Rica, viermal in Südafrika und zweimal in Thailand." Natürlich gibt es auch Urlaub in Österreich oder Kroatien.
Diese Reisen sind laut Greunz "für alle Beteiligten, auch für uns, eine Herausforderung und gleichzeitig oder gerade deshalb ein besonderes Reiseerlebnis. Wir sind im Urwald unterwegs, an den schönsten Stränden, besuchen Almen oder wandern mit Elefanten."
Besonders gute Kunden
Durch die Überalterung ist das Reisesegment für behinderte Menschen jedenfalls am Boomen, heißt es überall. Nicht nur Greunz möchte expandieren. Noch dazu sind beeinträchtigte Menschen die perfekten Kunden - wenn es passt, kommen sie (auch mangels Alternativen) meist wieder.
Sie bleiben wegen ihrer beschränkten Reichweite länger an einem Ort und konsumieren deshalb auch mehr in der gebuchten Unterkunft. Für Quartiergeber also eine lukrative Kundschaft.
In Kärnten und im Tiroler Reutte wurden deshalb Dutzende barrierefreie Wanderwege gebaut. Trotz engagierter Pläne der Tourismusverantwortlichen ist das Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten in diesen zwei Regionen teilweise allerdings noch ziemlich überschaubar, aber auch hier sehen die Hotelbesitzer zunehmend die bisher verpassten - finanziellen - Chancen der Inklusion.
Auch große Reiseanbieter spezialisieren sich zunehmend, die TUI organisiert mittlerweile entsprechende Reisen bis nach Ägypten, in die Türkei oder auf die Kanarischen Inseln.
Der deutsche Reiseführer „Handicapped Reisen“ (Escales-Verlag) bietet das, was vor allem Rollifahrer oft mühsam selbst recherchieren müssen: So werden nicht nur geeignete Unterkünfte empfohlen, es gibt auch Fotos der Sanitäranlagen zu finden. Hotels in Kenia sind darin ebenso abgebildet wie welche in Österreich.
Einer der Tipps ist etwa der Adelwöhrerhof in der Steiermark. Dort wurde vor zwei Jahren ein Pflegeheim in ein Pflegehotel umgebaut. Geboten wird ein barrierefreier Bauernhof inklusive Therapie-Pferden, eine diplomierte Pflegerin vor Ort, ein Patientenlifter und Verpflegung auf Hauben-Niveau. Allein das Frühstück mit selbst gebackenem Brot ist eine Reise wert. Katzen, Hunde, Ziegen, Schafe, Esel und Hühner zum Anfassen runden das De-Luxe-Bauernhof-Programm ab.
Barrierefreie Hotels
Auch das Vier-Sterne-Strandhotel Orchidee am Kärntner Klopeinersee bietet barrierefreie Zimmer und Appartements. Ein Highlight ist der Speziallift, mit dem körperlich beeinträchtigte Menschen im See schwimmen gehen können. Rund um den See gibt es außerdem einen barrierefreien Weg, sodass man sich auch jederzeit in das rege Nachtleben stürzen oder spazieren fahren kann. Eine externe Pflegekraft wird etwa über die Heimhilfe gerne organisiert.
Vor allem in Deutschland wächst der Markt an barrierefreien Unterkünften von Jahr zu Jahr, kaum ein Bundesland ist mehr ohne passendes Angebot. Das evangelische Centro Magliaso im Schweizer Tessin hat das Haus Boscaccio extra für behinderte Menschen (mit 14 Zimmern) umgebaut, angeboten werden sogar eigene Patientenheber und extra große Duschen. Bademöglichkeiten bieten ein Pool und der Luganer See.
Wer hingegen lieber die österreichische Bundeshauptstadt besuchen möchte: Das Hotel Zeitgeist (300 Meter vom Hauptbahnhof entfernt) wurde im Vorjahr als behindertenfreundlichste Unterkunft Wiens ausgezeichnet. Nicht nur die Betten, sondern sogar die Kleiderstangen sind höhenverstellbar. Versprochen wird, dass jeder Winkel des Hotels barrierefrei erreichbar ist.
Barrierefreier Mietwagen
Und falls es nur am fahrbaren Untersatz scheitert: Seit Kurzem bieten Hertz und Hallermobil speziell umgebaute VW Caddys mit eigenen Rampen für Rollstuhlfahrer an - mehr dazu hier.