Leben/Gesellschaft

Warum feuchtes Toilettenpapier tabu sein sollte

In der britischen Kanalisation sorgten sie Anfang des Jahres für ein Verstopfungsdesaster, aus den Toiletten sind sie hierzulande kaum wegzudenken: Feuchttücher.

Zuerst zum Umweltproblem: Feuchtes Klopapier besteht in der Regel aus reißfestem Vlies, das mit Pflege- oder Reinigungslösungen getränkt ist. Werden diese synthetischen Materialien im WC runtergespült, landen sie in der Kanalisation – und verursachen dort Probleme.

Problematische Entsorgung

Da sich feuchtes Toilettenpapier im Abwasser meist selbst nach längerer Zeit kaum zersetzt, verzwirbelt und verklumpt es auf dem Weg durch die Kanalisation und Pumpwerke. Die Stoffe, die das Papier feucht halten, machen den Kläranlagen zu schaffen, da sie alles andere als gut für die Umwelt sind und daher auch nicht dorthin abgegeben werden dürfen.

Auch wenn auf den Produkten die Hinweise "spülbar" oder "biologisch abbaubar" vermerkt sind, kann eine Entsorgung in der Toilette problematisch sein.

"Spülbar" ist nicht gleich "abbaubar"

Die Industrie arbeitet zwar daran, die Spülbarkeit entsprechender Produkte zu erhöhen, allerdings fehlt bis heute eine gesetzliche Vorgabe, die regelt, wie schnell sich die Tücher abbauen müssen. Dabei spielt der Faktor Zeit aber eine wichtige Rolle.

Denn: Selbst wenn sich einige Produkte in Wasser gut auflösen, ist das in der Praxis oft noch zu langsam für den Weg durch die gesamte Kanalisation.

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Lieber trocken wischen

Auch aus gesundheitlicher Sicht sind Feuchttücher nicht unbedenklich. Das wirkt paradox, immerhin verwenden viele Menschen Feuchttücher, eben weil sie Probleme mit der Verdauung haben. Um ihre Wirkung, sprich ein wohlriechendes Gefühl von Sauberkeit und ein samtiges Hautgefühl, zu hinterlassen, braucht es eine Reihe von Inhaltsstoffen, die normalem Klopapier nicht zugesetzt sind. Etwa Parabene, Tenside, Alkohol oder Duftstoffe.

Nach einem Check im Jahr 2014 riet das Verbrauchermagazin Ökotest von feuchtem Toilettenpapier ab. "Gerade in dem Bereich, der so sensibel und nah an den Schleimhäuten ist, macht es keinen Sinn, etwas Vorgefertigtes zu nehmen, was konserviert und parfümiert ist", sagte Dermatologin Jeanette Eicholtz dem Magazin damals im Interview. Konservierungsmittel, die man sich beim herkömmlichen Toilettenpapier von vornherein erspart, seien bei feuchten Tüchern immer an Bord. Sonst würden sich die Bakterien zuhauf in den Tüchern tummeln.

Ein weiteres Problem: Feuchtes Klopapier hinterlässt – wie der Name schon sagt – feuchte Haut. Das sei in der Analregion jedoch kontraproduktiv, wie Dermatologe Timm Golüke im Interview mit Fitbook ausführt. In den Hautfalten um den After würde nach dem Gebrauch "eine feuchte Kammer" entstehen. Was wiederum Infektionen begünstigt.

Zugesetzter Alkohol kann die Haut zudem austrocknen und reizen; enthaltene Duftstoffe Rötungen und juckende Ausschläge auslösen.

Im Interview mit der Nachrichten-Website t-online stellt Viszeralchirurg und Proktologe Alexander Herold den feuchten Pflegeprodukten ebenfalls kein gutes Zeugnis aus. Für die Reinigung nach dem Stuhlgang empfiehlt er Toilettenpapier und/oder Wasser.

Konsum überdenken

Der Verbrauch von Feuchttüchern nimmt weltweit  zu zeigt eine Recherche der Montanuniversität Leoben aus dem vergangenen Jahr. Und das kostet: Allein in der Steiermark fließen demnach jährlich rund 3,6 Millionen Euro in die Entsorgung des feuchten Toilettenpapiers.

Wer nicht auf dieses verzichten möchte, sollte es richtig – und damit im Restmüll – entsorgen. Alternativ kann man auf Sprays und Lotionen zurückgreifen, die auf normales Klopapier gesprüht oder aufgetragen werden.