Leben/Gesellschaft

Aspirin bis Sport: Fünf Herzinfarkt-Mythen im Faktencheck

Rund drei Milliarden Mal schlägt das menschliche Herz im Laufe eines Lebens. Dabei pumpt das faustgroße Organ Blut durch den gesamten Körper. Schwächelt das Herz, können sich schwere, mitunter lebensbedrohliche Krankheiten entwickeln. In Österreich und anderen westlichen Industrieländern führen Herz-Kreislauf-Erkrankungen seit Jahrzehnten die Statistik der Todesfälle an. Über 83.000 Menschen starben hierzulande vergangenes Jahr an deren Folgen, rund sechs Prozent von ihnen an einem Herzinfarkt.

Doch Herzanfälle lassen sich durchaus vermeiden. Welche Maßnahmen wirklich etwas bringen und welche Mythen man getrost vergessen kann, wurde dieser Tage beim Innsbrucker Kardiologiekongress diskutiert.

1. Allheilmittel Aspirin?

Wer jeden Tag ein Aspirin schluckt, beugt Herzinfarkten und Schlaganfällen zuverlässig vor. Es klingt so einfach – und doch ist an dem gängigen Gesundheitsrezept nichts dran. Die Wurzel des Irrglaubens liegt in einem Inhaltsstoff der schmerzstillenden Tablette: der Acetylsalicylsäure. Tatsächlich kann der Arzneistoff die Gerinnselbildung und damit das Risiko für einen Herzinfarkt verringern. Gleichzeitig erhöht er aber das Blutungsrisiko beim Patienten. Der Nutzen überwiegt das Risiko in Summe nicht, weiß Dietmar Trenk, Leiter der Klinischen Pharmakologie am Universitäts-Herzzentrum Freiburg.

Die tägliche Tablette bringe gesunden Menschen keine Vorteile, "auch dann nicht, wenn sie erhöhtes Herzinfarktrisiko haben". Anders sei es bei Menschen, die schon einen Herzinfarkt hatten: Um einen neuerlichen Infarkt zu verhindern, wird eine lebenslange Behandlung empfohlen. Das Risiko lässt sich laut Studien damit um 2,5 Prozent verringern.

2. Gesundes Herztraining?

Ein aktiver Lebensstil gilt neben ausgewogener Ernährung und Nichtrauchen als Gesundheitsgarant. Auch koronaren Herzerkrankungen, die häufigste Ursache eines Infarkts, kann damit vorgebeugt werden. Wichtig ist vor allem die richtige Dosierung. Ärzte warnen vor übertriebenem sportlichen Ehrgeiz. Eine neue Studie gibt Hinweise darauf, dass beispielsweise Marathonläufer, die nicht trainiert sind, ihr Herz mit dieser Höchstleistung schädigen können. In jedem Fall schädlich ist sportliche Leistung, wenn der Körper durch eine Infektion geschwächt ist.

3. Gute Vitamine und Omega-3-Fettsäuren?

Da die Vitamine C, E und D entzündungshemmend wirken, sollen sie ebenfalls Herzinfarkte verhindern. "Leider ist die Studienlage dazu ebenfalls negativ", sagt Christoph Säly, Internist am Landeskrankenhaus Feldkirch. "Die Vitamine C, E und D bringen diesbezüglich nichts. Hohe Vitamin E-Gaben steigern möglicherweise sogar die Sterblichkeit." Ähnlich enttäuschend ist das Ergebnis mehrerer Studien, die die kardiologische Wirkung von Omega 3-Fettsäuren untersuchten: In Hinblick auf Herzinfarkt-Prophylaxe zeigten ein Gramm Omega-3 Fettsäuren pro Tag keine Wirkung. Lediglich nach einem Herzinfarkt konnte das neuerliche Risiko mit einer speziellen, hoch konzentrierten Omega-3-Fettsäure-Arznei um 25 Prozent gesenkt werden. "Aber da sind wir schon weit weg von Nahrungsergänzung," sagt Säly

4. Lebensstil überdenken?

Übergewicht und Adipositas gehören zu den Hauptrisikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, auch weil das Risiko für Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Typ 2 Diabetes erhöht ist. Eine Ernährungsumstellung und mehr Bewegung zählen daher zu den Basisbehandlungen. "Eindrucksvolle Ergebnisse über die Effekte einer Gewichtsreduktion auf das Herz-Kreislauf-Risiko liegen aus Studien vor", erklärt Monika Lechleitner, Ärztliche Direktorin des Landeskrankenhaus Hochzirl. Dabei folgt unmittelbar auf die deutliche Gewichtsreduktion eine signifikante Verringerung des Risikos für Herzinfarkt, Schlaganfall und Sterblichkeit.

5. Für immer Risikopatient?

Wer schon einen Herzinfarkt hatte, kann davon ausgehen, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder betroffen sein wird – sofern nicht vorgesorgt wird. Mit der richtigen Behandlung lässt sich das Risiko eines neuerlichen Infarktes allerdings um 75 Prozent senken. Ob man zur Risikogruppe zählt, kann der Hausarzt feststellen.

Hintergrund: Das Herz in Zahlen

Als Symbol spielt das Herz in der Liebe eine tragende Rolle. Auch in unserem Körper übernimmt es eine zentrale Funktion: Mit rund 100.000 Schlägen täglich pumpt das Organ bis zu 8.000 Liter Blut durch unsere Gefäße. Das ist beachtlich, immerhin ist das Herz durchschnittlich "nur" 15 Zentimeter lang, zehn Zentimeter breit und wiegt rund 300 Gramm. Die Blutgefäße, durch die es unser Blut schickt, sind 100.000 Kilometer lang. Damit ergeben sie eine Gesamtstrecke, die mehr als dem zweifachen Umfang der Erde entspricht. Bis zu 60 Minuten Kreislaufstillstand kann ein Mensch schadenfrei überleben – sofern der Körper zuvor auf 17 Grad heruntergekühlt wurde. Dies machen sich insbesondere Herzchirurgen zunutze. Zum Vergleich: Bei normaler Körpertemperatur sind es nur drei bis vier Minuten.