Festwochen-Präsident verteidigt Milo Rau: "Selbstverliebte Wiener Stellvertreterkriege"

Festwochen-Präsident verteidigt Milo Rau: "Selbstverliebte Wiener Stellvertreterkriege"
Rudolf Scholten verteidigt das Programm und die Provokationen von Intendant Milo Rau: Er appelliert, tolerant zu sein – mit jenen, die andere Ansichten vertreten.

Milo Rau, der Intendant der Wiener Festwochen, provoziert – nicht nur mit der Nominierung zweier israelkritischer Intellektueller in seinen „Rat“: Er lässt sich nicht davon abbringen, dass der Philosoph Omri Boehm am Dienstag auf dem Judenplatz eine Rede hält. Was für viele Menschen in der Israelitischen Kultusgemeinde ein Problem ist. Denn Boehm hat die derzeit nicht wirklich vorstellbare Vision eines friedlichen Zusammenlebens im Nahen Osten.

Rudolf Scholten, der Präsident der Festwochen, bekennt sich im KURIER-Interview zu Milo Rau und dessen Programm. Der Ex-Kunstminister (SPÖ) und Banker, Sohn eines Auschwitz-Überlebenden, spricht sich weise für Toleranz aus.

KURIER: Was dachten Sie, als Rau Ihnen sein Programm darlegte?

Rudolf Scholten: Es war zu Recht beklagt worden, dass die Festwochen an Brisanz verloren haben. Und es war klar, dass Milo Rau der Richtige ist, um genau für diese Brisanz zu sorgen. Das heißt natürlich, dass die Debatten aufgeregter werden. Man kann nicht fordern: „Wir wollen Brisanz, aber es sollen immer alle mit allem einverstanden sein.“

Muss man ja nicht. Aber kann man nach dem Hamas-Terror vom 7. Oktober und seinen Folgen das Programm einfach so durchziehen? Hätten die Festwochen nicht reagieren und abändern müssen?

Es gibt wohl Programm-Bestandteile, die sich darauf beziehen. Glücklicherweise nicht unmittelbar, denn ich finde es falsch, wenn wir so eine Aktualitätssimulation herstellen. Ich finde, dass dieses Programm auch nach dem 7. Oktober und den Folgen sehr gut ist. Man muss fairerweise sagen: So, wie es auch ohne den 7. Oktober gut gewesen wäre.