Kolumnen

Raab geht essen: Willkommenskultur

... Eher, als stünde man zur Vorweihnachtszeit vor einem Restaurant. 20 h. Festbeleuchtung. Nur die Besitzer anwesend. Verlockend das Leuchten einer Kühlvitrine Speiseeis. Man klopft, winkt freundlich. Der Chef nähert sich unwillig, lauscht durch seine geschlossene Glastür: Ob es noch möglich wäre, eine Box Eis zu erstehen? Als Antwort führt er die gestreckte Hand vor seine Stirn, bewegt diese hin und her, mimt also den Scheibenwischer im Sinne von: „Bist angrennt?“, und zeigt mit der anderen Hand auf das Schild der Öffnungszeiten. Bereits geschlossen. Man entschuldigt sich und zieht Leine. Sprachlos (Ist mir tatsächlich genauso passiert). Ein Nein ginge auch freundlicher. Generell der Umgang miteinander. Wer derart reagiert, hat in diesen ohnedies harten Zeiten wohl einen besonders schlechten Tag erwischt – oder schlichtweg keine Manieren. Aber passt ja. Genauso war 2021: Launisch, überheblich, entlarvend. Und 2022?

7. 1., 10 h. Frühstück. Kulinarischer Ausflug Nr. 1. Erwartung null. Wieder eine Glastür. Diesmal offen. Ein Herr im sandbraunen Anzug mit exakt gleichfarbiger Maske begrüßt uns galant. Georg (engl. ausgesprochen) sein Name. Er bittet höflich um die 2-G-Nachweise, wünscht uns ein gutes neues Jahr, nimmt in der Reihenfolge Ladys first die Garderobe ab, führt uns in ein schick, aber gemütlich wirkendes Restaurant, erfragt: Fenster oder Eckbank? Die Damen wählen. Also Eckbank. Georg bringt uns an den Tisch, zieht meiner Frau, auf dass sie Platz nehmen kann, den Sessel heraus, reicht uns die Karte, wünscht uns einen schönen Aufenthalt. Alles an ihm gentlemanlike. Beeindruckend. Auftritt Adam: Groß, Typ Zehnkämpfer, Maske schwarz, die Augen lächeln lebensfroh. Er grüßt melodiös, fragt, ob er vorab schon frisch gepressten O-Saft einschenken dürfe.

Die ganze Atmo wirkt, als hätte der Tag ein „Herzlich willkommen“ in die Luft gemalt, als verdeutliche uns die Zeit: Schön, dass ihr hier seid. So etwas lässt zur Ruhe kommen, alles mit etwas mehr Würde betrachten, auch einander. Wunderschön anzusehen das Morgengedeck mit Öfferl-Brotkorb, Mini-Plunder, -Muffin, -Croissant, geschlagener Butter, hausgemachter Marmelade, Microgreens, Brotaufstrich. Top die Shakshuka mit zwei Bioeiern & Koriander, perfekt abgeschmeckt. Die Rahmdalken mit Ahornsirup fluffig, flutsch & weg. Zwischendurch-Besuche von Georg & Adam, ob alles passe, Adam schenkt (ohne Aufschlag) O-Saft nach. Das hausgemachte Granola mit Joghurt & Waldhonig erfrischend, angenehm süß.

Sweet auch das Eggerl Benny, denn um das angepriesene Egg Benedict zu werden, muss es sich noch ein bisserl auswachsen dürfen. Auch die heiße Schokolade mit Schlagobers flüstert leise, allein schon beim Servieren das Auge beglücken zu wollen und nicht in dieselbe Tasse, wie ein doppelter Espresso zu gehören. Kleinigkeiten, denn der Gesamteindruck und vor allem der Höhepunkt hier sind imposant: „Beef Tartare“ mit Trüffel Mayo. Ich habe noch kein Besseres gegessen. Kein Wunder in einem der ausgewiesen angesehendsten Steakhäusern der Welt. Allein dafür herzukommen lohnt. Gewiss, es lässt sich günstiger frühstücken in Wien, wer aber wieder einmal von Herzen wertgeschätzt, vortrefflich bedient werden und sich als willkommener Gast fühlen will, obendrein mit herausragender Küche, ist bei Sir Georg & Adam samt Team, kurzum im DSTRIKT absolut richtig. Eine Wohltat. Herzlich willkommen 2022.

Dstrikt Steakhouse
Schubertring 5–7, 1010 Wien
Tel. +43 1 311 88 15 0
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