Kolumnen

Raab geht essen: Marios Editha

Wir sagen Euch an … sehet die Erste … So hätte dieser gemeinsame kulinarische Ausflug heute beginnen und uns mit der ÖBB in den Süden dieses Landes führen sollen. In Velden aussteigen, gemütlich die Birkenallee abwärts zur Kärntnerstraße spazieren, die Stadt der Engel genießen (so nennt sich der Veldener Advent), Maroni verkosten, ein Punscherl für die Hüften, frische Seeluft atmen, sich schließlich im Restaurant Seespitz von Hauben-Koch Thomas Gruber mit Blick über das klare Wasser Großartiges servieren lassen, vielleicht sogar als Draufgabe das dahinterliegende Schlosshotel betreten und sich denken: Das Jahr war so richtig Pfuh & Knirsch & Sowieso, also gönn ich mir. Genau: Gönnen. Ich. Mir. Warum? Weil ich es mir wert bin. Weil auch so etwas einfach mal drinnen sein muss! Nun aber heißt es in gewisser Weise nur: Muss Drinnensein. Nun beginnt unsere Reise zwar ebenso mit „Lock“, allerdings keine der ÖBB. Und wissen Sie was: So unglaublich frustrierend das auch ist, so entbehrlich aber nötig, so überraschend aber vorhersehbar, komplett runterdrücken lasse ich mich diesmal nicht. Heilfroh bin ich über den Hoffnungsbooster, den frischen dritten Stich. Was jene betrifft, die mit das G’impfte aufgehen lassen, gilt: Bäume umarmen gerne. Aber Mauern? Das zu ersparen gönn ich mir. Warum? Weil ich es mir wert bin.

Zu Hauben-Koch Thomas Gruber geht es somit garantiert ein andermal. Diesmal nämlich setzen wir uns selbst die Haube auf und steigen über Zäune. Denn wenn schon der 1. Advent in den 4. Lockdown fällt, warum nicht einfach Kerze 1 bis 4 entzünden und Weihnachten ausrufen. Die Zeit vor und zwischen den Tagen vergeht ohnedies viel zu schnell. Heuer war ich folglich der erste, der sich in Ermangelung der Christbaumhändler am letzten Tag vor dem allgemeinen Zusperren anstatt Wandfarbe im Baumarkt irgendeine Nordmann-, Südfrau, OstWestGschrapp-Tanne, wurscht, Hauptsach Grün, gekauft hat. Ziel: Zuhause irgendeine Ecke als kleinen Punschstand dekorieren, und bereits jetzt mit dem Weihnachtsmenü in die nächsten Wochen starten. In unserem Fall heißt das, einen Tisch bei Marios Editha reservieren. In guten und in schlechten Zeiten echte Freunde zu haben, geimpft & geboostert, obendrein als Nachbarn, mit Hirn und Herz, Letzteres am rechten Fleck, dazu den Kochlöffel in der richtigen Hand, ist sozial gesehen Sterne-Niveau. Mario & Edith. Nach 41 Jahren Ehe stehen sie immer noch launig und innig in der Küche, bereiten gemeinsam Erdäpfel- und Brezelknödel zu, hobeln Rotkraut, kneten es … schälen Maroni … und als Krönung: Waldviertler Bio-Weide-Ente. Zwei EL Öl mit drei TL Salz & Pfeffer vermischen. Ente innen und außen einmassieren. Thymian in den Brustraum. Die Ente in die Mitte des Rosts bei 180 Grad indirekt grillen, gegen Ende die Hitze erhöhen. Die Raabenbande ist da längst über den Zaun gestiegen, steht mit Mario & Edith unter dem Sternenhimmel neben dem Kugelgrill, jeder mit Haube auf, Aperitif in der Hand, rundum Laternen, und in uns die Gewissheit beieinander gut aufgehoben zu sein, aufeinander zu schauen. Warum? Weil jeder dem anderen etwas wert ist. Kommen Sie gut durch die nächsten Wochen.