Chronik/Wien

"Verdächtige Ruhe" um den Tojner-Turm am Wiener Heumarkt

Langsam aber doch wird Caroline Jäger-Klein, ihres Zeichens Präsidentin des Denkmalrats ICOMOS in Österreich, ungeduldig. „Seit sechs Monaten habe ich von der Stadt Wien nichts zum Heumarkt gehört“, sagt sie im Gespräch mit dem KURIER. „Dabei ist vereinbart, dass sie sich regelmäßig mit dem aktuellen Stand bei uns meldet.“

Das Schweigen der Stadt beunruhigt Jäger-Klein: Denn es dürfte bedeuten, dass keine Alternative zum 66-Meter-Turm in Sicht ist. „An einem neuen Projekt müsste man bereits arbeiten. Es ist verdächtig ruhig“, sagt sie. Für das Welterbe-Prädikat der Innenstadt heißt das: Es wird noch enger.

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Zur Erinnerung: Vor zwei Jahren setzte die UNESCO das Zentrum Wiens auf die Rote Liste der gefährdeten Weltkulturerbestätten. Denn das Hochhaus, das Investor Michael Tojner unweit des Stadtparks bauen will, ist höher und massiver, als es die Richtlinien erlauben.

Auf Anraten von ICOMOS forderte die UNESCO daher wiederholt eine Redimensionierung.

Im März dieses Jahres kam der Einschnitt: Die SPÖ verordnete sich eine zweijährige „Nachdenkpause“ für das Heumarkt-Projekt. Ohne Erfolg: Wien blieb auf der Roten Liste.

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Auch Denkmalratspräsidentin Jäger-Klein ist das bloße Denken zu wenig: „Es ist an der Zeit, dass die Stadt nicht nur Pause macht.“

Gespräche ab 2020

Landtagspräsident Ernst Woller (SPÖ), zuständig für die UNESCO, lässt diese Kritik nicht gelten. Es sei nicht so, dass die Stadt nichts tue, sagt er zum KURIER: „Wir arbeiten, aber ich stehe nicht am Balkon und schreie das hinaus.“

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Derzeit sei man damit beschäftigt, die Empfehlungen aus dem „Advisory Mission Report“ von ICOMOS aufzuarbeiten. Zur Erklärung: Experten haben im Jahr 2018 die Auswirkungen von Tojners Projekt untersucht – und sind zu einem vernichtenden Ergebnis gekommen.

Woller verspricht jedenfalls, Anfang 2020 wieder Kontakt mit ICOMOS aufzunehmen.

ÖVP setzt Ludwig unter Druck

Bereits diese Woche beschäftigt das Heumarkt-Projekt den Gemeinderat. Für Freitag ist auf Initiative der ÖVP eine Sondersitzung zum Thema Weltkulturerbe angesetzt. Denn die Rathaus-Türkisen befürchten eine heimliche Verwirklichung des Turms trotz Nachdenkpause – der KURIER berichtete.

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Der Grund: In der Gemeinderatssitzung am Donnerstag soll ein Antrag zur Baureifgestaltung des Areals beschlossen werden. Infolge dessen verkaufe die Stadt Flächen an Tojner.

Diesen Antrag will die ÖVP von der Tagesordnung genommen wissen. „Bis der Turm nicht einer Dimension entspricht, die mit dem Weltkulturerbe vereinbar ist, soll und darf das Projekt nicht die Baureife erlangen“, fordert Klubobfrau Elisabeth Olischar.

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Das zuständige Wohnbauressort kann die Aufregung nicht verstehen: Der Antrag resultiere aus einer „zwingenden Konsequenz“, heißt es.

Sand in the City gerettet

Im Gegensatz zum Welterbestatuts ist übrigens das Gastro-Projekt „Sand in the City“ definitiv gerettet. Seit Jahren bespielt es im Sommer das Areal des Eislaufvereins am Heumarkt.

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Nachdem im August ein Konkursverfahren eröffnet worden war und das Ende des Projekts im Raum stand, haben die Gläubiger am Dienstag einen Sanierungsplan angenommen.

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