Die dunklen Spuren der ÖSV-Langläufer

Auslaufmodell: Harald Wurm wurde vom ÖSV suspendiert.
Im österreichischen Langlauflager ist wieder der Doping-Mief auszumachen.

Bitte nicht schon wieder. Das ist inzwischen der natürliche Reflex, wenn ein österreichischer Langläufer wieder einmal seine dunklen Spuren im weißen Schnee hinterlassen hat. Bitte nicht schon wieder ein ÖSV- Loipenathlet unter Dopingverdacht, nicht noch ein Kapitel in dieser unsäglichen Geschichte, die ohnehin schon so reich an Skandalen und Affären ist.

Hört das denn nie auf? Werden die Sportler denn gar nicht gescheiter? Und kommt der heimische Langlaufsport überhaupt je zur Ruhe?

Seit dem Jahr 2002, seit der leidigen Blutbeutelaffäre von Salt Lake City (siehe Chronologie unten), läuft der Generalverdacht mit, wenn die österreichischen Langläufer ihre Runden drehen. Und selbst die beste PR-Agentur der Welt hätte mittlerweile größte Mühe, dieses ramponierte Image zu reparieren. Zumal der rot-weiß-rote Langlauf den Kritikern und Skeptikern immer wieder aufs Neue Nahrung liefert, so dass inzwischen die Athleten schon von vornherein mit Vorsicht genossen und deren Leistungen in der Loipe mit Argwohn betrachtet werden.


Suspendierung

Harald Wurm ist schuld daran, dass jetzt der Dopingmief im ÖSV-Langlauflager wieder penetrant zu verspüren ist: Nachdem beim WM- Teilnehmer bereits im Spätsommer eine Hausdurchsuchung durchgeführt worden war, sah sich der ÖSV nun zur Suspendierung des 31-Jährigen gezwungen. Denn nach Durchsicht der Akten müsse Wurm mit einem Dopingverfahren rechnen. Etwas anders verhält sich die Sachlage bei Langlauf-Chefcoach Gerald Heigl, der aufgrund der jüngsten Entwicklungen sein Traineramt vorübergehend ruhend gestellt hat. Der Name des Betreuers war im Zuge der Doping-Ermittlungen gegen Harald Wurm aufgetaucht, beim ÖSV geht man allerdings davon aus, dass gegen Heigl kein Verfahren eingeleitet wird und der 36-Jährige schon in zwei, drei Wochen wieder als Cheftrainer an die Loipe zurückkehren könnte.

Aber unabhängig davon, ob Wurm („Ich verstehe das überhaupt nicht. Ich habe keinen einzigen positiven Test gehabt“) nun in die Dopingfalle getappt ist oder Heigl rehabilitiert wird: Der österreichische Langlaufsport steckt ohnehin im Dilemma, nach all den Vorfällen der vergangenen Jahre hat er ein massives Image- und Glaubwürdigkeitsproblem.

Die ÖSV-Langläufer genießen international einen zweifelhaften Ruf – und das bekommen sie mitunter auch zu spüren, oder aber zu lesen. Es ist noch keine zwei Jahre her, dass bei einem Langlauf-Weltcupbewerb in Skandinavien in riesigen Lettern „Doper“ auf den Wachscontainer der Österreicher geschrieben worden ist. Und als sich der ÖSV zuletzt um einen renommierten internationalen Schirmherrn und Sportkoordinator für die Heim-WM 2019 in Seefeld bemühte (u. a. die schwedische Langlauf-Legende Gunde Svan), erntete es vor allem aus einem Grund Absagen: „Du kriegst im Ausland nur zu hören: ‚Ihr seid doch alles Doper‘“, erzählt ein hochrangiger ÖSV-Funktionär.

Nulltoleranzpolitik

Nach dem positiven Dopingtest von Johannes Dürr rund um die Olympischen Spiele in Sotschi hatte Verbandsboss Peter Schröcksnadel in einem Anflug von Ärger und Aktionismus noch gedroht, die Langläufer auszuschließen, jetzt wollen sie beim ÖSV Dopingsünder zur Kasse bitten. Man wolle und könne für keinen Sportler mehr die Hand ins Feuer legen. Sollte daher künftig ein Athlet überführt werden, muss er mit Schadenersatzklagen rechnen. Denn der ÖSV verfolgt „eine Nulltoleranzpolitik“.

Das wird übrigens wohl auch Johannes Dürr zu spüren bekommen: Im Februar 2016 läuft die zweijährige Sperre des Niederösterreichers ab, damit wäre er rehabilitiert und wieder startberechtigt. Doch Peter Schröcksnadel kennt bei Dürr kein Pardon: „So lang es mich gibt, gibt’s für ihn keinen Weg zurück.“

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