Österreichs Langlauf-Lager im Doping-Sumpf
Die Unruhe war schon seit Wochen spürbar. Seit der Hausdurchsuchung bei ÖSV-Langläufer Harald Wurm Ende des Sommers herrschte in der Zentrale des Österreichischen Skiverbandes in Innsbruck Alarmstufe rot. Was würde jetzt wieder ans Tageslicht kommen? Welche Probleme würden dem Verband und seiner leidgeprüften und vielkritisierten Langlauf-Abteilung nun wieder ins Haus stehen? Und vor allem: Würde der lästige Dopingmief wohl gar nie mehr verschwinden?
Inzwischen wissen die führenden Herren beim ÖSV Bescheid, sie haben Antworten auf die brennenden Fragen. Und das Ergebnis ist eines, das dem Skiverband wieder einmal negative Schlagzeilen bringt. 13 Jahre nach der Blutbeutelaffäre von Salt Lake City, neun Jahre nach den Razzien bei den Olympischen Winterspielen in Turin, knapp zwei Jahre nach dem positiven Dopingtest von Johannes Dürr gerät der österreichische Langlaufsport nun wieder in Misskredit.
Hausdurchsuchung
Gegen Harald Wurm, davon gehen sie mittlerweile beim Österreichischen Skiverband aus, wird ein Dopingverfahren eingeleitet. Bei der Hausdurchsuchung ist demnach belastendes Material gefunden worden. Der Verband hatte bereits unmittelbar nach Bekanntwerden der ersten Vorwürfe reagiert und den Tiroler vom Training freigestellt. Seit gestern ist Wurm nun auch offiziell vom Verband suspendiert. "Nach erfolgter Akteneinsicht durch den Verband und dem daraus resultierenden Kenntnisstand ist davon auszugehen, dass Wurm mit einem Dopingverfahren zu rechnen hat", heißt es in einer Aussendung des ÖSV.
Der Cheftrainer legte sein Amt ruhend
Gerald Heigl hingegen hat sein Amt hingegen freiwillig ruhend gestellt. Der langjährige Cheftrainer der österreichischen Langläufer bat den Verband um eine Pause, nachdem bei den Ermittlungen gegen Wurm indirekt auch sein Name aufgetaucht war. Allerdings liegen gegen Heigl keine konkreten Vorwürfe und Verdachtsmomente vor, weshalb sie beim ÖSV damit rechnen und darauf hoffen, dass der Coach schon in zwei, drei Wochen wieder auf die Loipe zurückkehren kann. Dann nämlich, wenn die letzten Unklarheiten ausgeräumt sind.
Für den Österreichischen Langlauf sind die jüngsten Entwicklungen eine weitere Ohrfeige. Das Image ist seit Jahren ramponiert, Österreichs Athleten werden international geächtet und müssen sich Kritik und Beleidigungen anhören lassen. Und vier Jahre vor der Nordischen Heim-WM in Seefeld kann der ÖSV solche Skandalgeschichten überhaupt nicht brauchen. "Das wirft uns imagemäßig natürlich wieder zurück, aber wir werden das gemeinsam mit unserem Präsidenten lückenlos aufklären", versichert der Nordische Direktor Markus Gandler.
ÖSV-Presseaussendung im Wortlaut:
Vor einigen Wochen wurde in den Medien von einer Hausdurchsuchung und einem damit verbundenen Ermittlungsverfahren bei Langläufer Harald Wurm berichtet. Nach erfolgter Akteneinsicht durch den Verband und dem daraus resultierenden Kenntnisstand ist davon auszugehen, dass Wurm mit einem Dopingverfahren zu rechnen hat. Der ÖSV verfolgt hinsichtlich Doping eine „Nulltoleranz"! Daher wurde Harald Wurm bis zur endgültigen Klärung durch die NADA und die Staatsanwaltschaft, von der Nationalmannschaft sowie jeder Trainings- und Wettkampfteilnahme suspendiert. Sollten sich die Vorwürfe in weiterer Folge bestätigen, dann wird auch Wurm, so wie seinerzeit Johannes Dürr, vom Verband ausgeschlossen.
In den Ermittlungen wird auch der Name von Trainer Gerald Heigl genannt. Heigl hat die Vorwürfe gegenüber dem Verband vehement dementiert und durch seinen Anwalt die Einstellung des Verfahrens beantragt. Um die Mannschaft und den Verband nicht zu belasten, stellt Heigl aus Eigenem seine Trainiertätigkeit bis zur endgültigen Klärung ruhend.
Der Verband hat im Kampf gegen Doping sogar zusätzliche Tests bei der NADA in Auftrag gegeben, was mit einem erheblichen finanziellen Aufwand verbunden ist. Die Verbandsführung bedauert, dass trotz der großen Anstrengungen um Doping zu verhindern, vereinzelt Aktive trotzdem zu unerlaubten Mitteln greifen, wohl wissend, dass dies beim ÖSV den Ausschluss aus dem Verband zur Folge hat.
Aufgrund des Vorfalls überlegt die Verbandsführung bei künftigen Dopingvergehen von den betroffenen Aktiven Schadenersatz wegen Rufschädigung sowie die Rückerstattung der Ausbildungskosten zu verlangen.
Harald Wurm bestritt im Gespräch mit der APA die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und sprach von einer "Vorverurteilung" durch den ÖSV. "Auch für mich hat die Unschuldsvermutung zu gelten. Ich weiß noch nichts von einem rechtskräftigen Verfahren gegen mich", betonte Wurm.
"Mein Name ist prinzipiell verbrannt", erklärte der 31-jährige Tiroler, der seinen Anwalt bereits mit rechtlichen Schritten gegen den ÖSV wegen Rufschädigung beauftragt hat. Die Hausdurchsuchung am 25. August sei auf einen anonymen Hinweis erfolgt und von der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) beantragt worden, erklärte Wurm. "Ich verstehe das überhaupt nicht. Ich habe keinen einzigen positiven Test gehabt", sagte der WM- und Olympia-Teilnehmer.
Ob gegen Wurm ein sportrechtliches Verfahren eingeleitet wird, prüft die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) derzeit. Man werde nach der Beurteilung der polizeilichen Ermittlungsakten "zeitnah" entscheiden, ob ein Prüfantrag an die zuständige Anti-Doping Rechtskommission (ÖADR) gestellt wird, teilte die NADA mit. Die Verfahrenseröffnung hänge davon ob, ob durch die Akteneinsicht doping-relevante Tatbestände festgestellt werden, so NADA-Sprecher David Müller.
Über etwaige Sanktionen entscheidet nach der Verfahrensabwicklung die ÖADR. Da von Wurm keine positive Probe vorliegt, ist ein vorläufige Suspendierung nicht unbedingt zu erwarten, aber möglich.
Parallel zur NADA ermittelt die Kriminalpolizei gegen Wurm wegen des möglichen Verstoßes gegen das Anti-Doping Bundesgesetz weiter.
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