Österreich siegt in Russland
Österreich in Russland. Das mutete in früheren Zeiten an, als wollte der Zwerg einen riesigen Bären zum Tanz bewegen. Lächerliche Selbstüberschätzung. Doch die Verschiebung auf der Fußball-Landkarte hat tatsächlich stattgefunden. Russlands Nationalmannschaft ist ein Schatten ihrer selbst, Österreich hat in der Teamchef-Ära des Schweizers Marcel Koller viel dazu gelernt.
Sehr viel sogar. Spielerisch und taktisch sowieso. Wie man haufenweise Selbstvertrauen tankt und auch zeigt im Besonderen. Es sollte ein Spiel werden zwischen starker Präsenz und großem Zittern.
Österreich verlor am Sonntag in der Otkrytie von Moskau den Eurovisions-Contest der Hymnen vor Anpfiff des EM-Qualifikationsspiels. Aber das war’s dann für eine Halbzeit mit der Unterlegenheit. Gehofft hatten sie, die russischen Fans, die das Stadion bei weitem nicht ausfüllten. Eine Autobahn in Richtung EM in Frankreich 2016 ihre Choreografie, die möglicherweise Wunschtraum bleibt. Es herrscht Unzufriedenheit im Riesenland.
Freches Pressing
Junuzovic sollte es auch sein, der an den ersten beiden Schlüsselszenen maßgeblich beteiligt war. In der 33. Minute versuchte er nach einem Harnik-Stanglpass Torhüter Akinfejew zu überwinden. Zwei Mal. Nicht vergebens, denn als plötzlich Marc Janko den Abpraller per Fallrückzieher im Netz versenkte, wurde die in höchstem Maße verdiente Führung zur Tatsache. Nur zwei Minuten später schickt Junuzovic seinen zentralen Mittelfeldkollegen Baumgartlinger auf die Reise. Zum sicher scheinenden 0:2, doch dem fiel ein Verlegenheitsschupfer als untaugliche Lösung ein. Die Vorentscheidung entfiel.
Vier Runden vor Qualifiaktionsschluss und bei acht Punkten Vorsprung auf Russland dürfen die Frankreich-Tickets gebucht werden. Russlands Teamchef Fabio Capello wird sich wohl auf die endgültige Heimfahrt nach Italien machen müssen.
Moskau, Otkrytije Arena, 35.000, SR Milorad Mazic (SRB)
Tor: 0:1 (33.) Janko
Russland: Akinfejew - Smolnikow, Nowoselzew, Beresuzki (12. Tschernow), Kombarow (72. Kerschakow) - Gluschakow, Iwanow (46. Mirantschuk) - Schatow, Schirokow, Schirkow - Kokorin
Österreich: Almer - Klein, Dragovic, Hinteregger, Fuchs - Baumgartlinger, Ilsanker - Harnik (65. Sabitzer), Junuzovic (87. Prödl), Arnautovic - Janko (76. Okotie)
Gelbe Karten: Kokorin bzw. Klein
Marcel Koller (ÖFB-Teamchef): "Ich muss der Mannschaft zu dem guten Spiel gratulieren. Die erste Hälfte war sehr gut, in der zweiten haben es die Jungs ein bisschen spannend gemacht. Wir sind da nicht mehr so ins Spiel gekommen. Es war aber auch sehr heiß. In den letzten zehn Minuten hat mein Herz ein bisschen schneller geschlagen, weil da kann natürlich immer noch was passieren. Wir haben es aber über die Runden gebracht und sind überglücklich. Die Spieler haben nochmals alles rausgehauen, fantastisch, dass wir hier gewonnen haben. Es war ein weiterer Schritt. Wir haben das Heimspiel gegen Moldawien, auf das wollen wir uns konzentrieren."
Marc Janko (ÖFB-Torschütze): "Es ist mit Sicherheit eines meiner schöneren und wichtigeren Tore gewesen. Wir haben gewusst, dass wir der EM einen großen Schritt näher kommen, wenn wir die drei Punkte holen. Die 21 (Anm.: Tore in der Nationalmannschaft) gefällt mir gut, ich hoffe aber, dass ich noch mehr Tore schießen werde. Wir haben alle gekämpft, alles rausgehauen und sind verdient als Sieger vom Platz gegangen. Ich habe ab der 60. Minute überall am Körper Krämpfe bekommen. Rechnerisch ist noch alles möglich, jetzt muss es aber schon sehr blöd hergehen, dass wir es noch aus der Hand geben."
Leo Windtner (ÖFB-Präsident): "Wir haben den TGV nach Frankreich in Bewegung gesetzt. Von der Nummer 1 bis 23 sind alle gleich happy, da kann man sich wirklich freuen. Marcel Koller macht einen guten Job, trägt nicht auf, ist solide, alle in Österreich haben ihn ins Herz geschlossen. Die Homogenität des Teams und rund ums Team ist der Hintergrund, warum es so gut läuft. Man muss sich ja schon mit einem Quartier in Frankreich beschäftigen, sonst wäre es ja fahrlässig. Wir werden jetzt versuchen die Dinge dort auch fix zu machen, weil wir brauchen ja ein ordentliches Quartier, die Voraussetzungen müssen passen."
Aleksandar Dragovic (ÖFB-Innenverteidiger): "In der zweiten Hälfte hatten wir fast keine Torchance, und es war ein Dauerdruck von den Russen. Robert hat super mitgespielt und gehalten, großes Lob aber an die ganze Mannschaft. Wir waren sehr gut eingestellt, haben gewusst, dass wenn wir 1:0 in Führung gehen, sie nervös und die Zuschauer pfeifen werden. Wir haben die drei Punkte geholt, sind glücklich, jetzt geht es ab in den Urlaub. Wir sind auf einem guten Weg, haben 16 Punkte. Wir müssen aber bescheiden bleiben. Das Heimspiel gegen Moldawien wollen wir natürlich auch wieder gewinnen."
Julian Baumgartlinger (ÖFB-Mittelfeldspieler): "Man sieht was möglich ist, wenn alle zusammenhalten. Die Qualifikation war bisher fast optimal, 16 Punkte aus sechs Spielen, so gut hätten wir es uns nicht einmal erträumen können. Es war ein Riesen-Riesen-Schritt von uns, der gleichzusetzen ist mit den Schritten davor. Wenn wir so weitermachen, schaut es ganz gut aus."
Zlatko Junuzovic (ÖFB-Mittelfeldspieler): "Der Wille war auch schlagkräftig dafür da, dass wir die drei Punkte geholt haben, schlussendlich hat aber auch die Qualität gewonnen. Wir waren erste Hälfte klar überlegen und hätten das 2:0 machen müssen. Da sind wir souverän aufgetreten, zweite Hälfte hat bei uns die Kraft etwas nachgelassen, wir hätten aber trotzdem das zweite Tor machen müssen. Wir haben mit unserem Auftreten Klasse gezeigt. Wir können jetzt erhobenen Hauptes in den Urlaub gehen und es genießen."
Robert Almer (ÖFB-Tormann): "Ich versuche, wenn es sein muss, da zu sein, das hat heute gut geklappt. Das ist eine schöne Statistik (Anm.: 4 Pflichtspiele ohne Gegentor in Folge), aber wir haben ein größeres Ziel. Ob wir zu Null spielen oder nicht ist nicht entscheidend, wichtig ist, dass wir uns qualifizieren. Es war ein großer Schritt in die richtige Richtung, die restlichen vier Partien werden aber genauso schwer, wie hier in Russland."
Kommentare