Ricciardo: "Ich vermisse ganz normale Dinge"

Ein Blick in den Spiegel: Daniel Ricciardo ist einer der besten Formel-1-Piloten der Gegenwart.
Der Red-Bull-Pilot gilt als einer der besten Fahrer der Gegenwart. Ein Gespräch über den Alltag in der Formel-1-Welt.

Es ist leider nur ein Märchen, dass es keine dummen Fragen gibt. Ein Klagelied darüber können manchmal Formel-1-Fahrer singen. Rennwochenende für Rennwochenende die gleichen Fragen: zu Land und Leuten sowie zu allem möglichen Aktuellen. Beim Grand Prix von Österreich (Sonntag) reicht die Themenpalette von Lederhose über Schnitzel bis zu Brexit und Fußball-EM.

Mancher Fahrer bringt das möglichst rasch und uninspiriert hinter sich. Nicht so Daniel Ricciardo. Der Red-Bull-Pilot macht sich einen Jux daraus, als er gebeten wird, für einen Radiosender dessen Hörer zu begrüßen: "Hallo, hier ist Max Verst..." Schnitt! Zweiter Versuch: "Hallo, hier ist Sebastian Vett..." Im KURIER-Gespräch gibt sich der seit heute 27-jährige Australier ernster – auch bei den eher simplen Fragen.

KURIER: Mister Ricciardo, Sie waren innerhalb von zwei Wochen in Kanada und Aserbaidschan, nun sitzen Sie im Flieger nach Spielberg. Wissen Sie am Morgen immer, wo Sie sind?

Daniel Ricciardo: Mehr oder weniger schon. Aber es gibt wirklich Tage, an denen ich mich beim Aufstehen frage: Bin ich daheim oder in einem Hotel? Aber man gewöhnt sich an das Ganze.

Zwischen dem Rennen in Kanada und dem ersten Medientermin in Aserbaidschan lagen zwei Tage. Wie schalten Sie ab?

Da muss ich ein bisschen unterscheiden. Wenn es die Zeit erlaubt und ich zwischen zwei Rennen heimkomme nach Monaco, entspanne ich am besten auf dem Sofa bei einem gutem Film. Schaffe ich es nicht nach Hause, versuche ich, so oft es nur geht, in Konzerte zu gehen. Ich liebe Live-Musik.

Der Zeitplan in der Formel 1 ist eng, strikt und bis in die letzte Minute durchgeplant. Wie ist es daheim, wenn Sie auf sich allein gestellt sind?

Es ist schwierig, Routine in den Alltag zu bekommen. Es ist immer schön, zu Hause zu sein, weil wir in der Formel 1 das nicht zu oft sind. Aber manchmal ist es auch nicht sehr entspannend. Du musst in dieser kurzen Zeit sehr viele persönliche Dinge erledigen. So gesehen ist es manchmal sogar einfacher, nicht daheim zu sein. Ich bin einfach nicht daran gewöhnt, daheim zu sein. Das beginnt schon bei Kleinigkeiten wie beim Bett.

Beim Bett? Was meinen Sie?

Im Hotel muss ich mein Bett nicht selbst machen – klarer Vorteil. Obwohl: In meinem eigenen Bett schlafe ich doch am besten. Dafür sind die Hotelduschen besser als meine in Monaco. Ich muss mir bei Gelegenheit einmal eine bessere montieren. Mir ist aber schon auch klar, dass das alles Luxusprobleme sind. Denn wissen Sie was?

Was denn?

Wenn ich länger am Stück daheim bin, kann ich die Zeit schon sehr genießen und wertschätzen. Es gibt manchmal nichts Schöneres, als das Frühstück selbst zuzubereiten, nachdem ich mir am Vortag überlegt habe, was ich essen will und einkaufen gegangen bin. Einfach selbstbestimmt leben, das ist in der Formel 1 eine Seltenheit. Manchmal vermisse ich ganz normale Dinge.

Was denn am meisten?

Ich kann nicht so schnell meine alten Freunde in Australien anrufen und sie auf ein Bier einladen nach Büroschluss. So richtig zu Hause bin ich nur in Australien. Andererseits darf ich mich nicht beschweren. Ich mache das, was ich liebe, und werde dafür auch noch sehr ordentlich bezahlt. Ich hätte es schlimmer treffen können. Egal, was du machst, es gibt immer Schattenseiten.

Sie haben im Jahr 2014 drei Rennen gewonnen und seither keines mehr. Nagt das am Selbstbewusstsein?

Wenn du gewinnst, ist das das beste Gefühl, das es für einen Rennfahrer gibt. Du wirst süchtig danach. Allerdings ist dieser Glücksmoment flüchtig. Und je länger die Durststrecke dauert, desto frustrierter wirst du.

Heuer sind Sie in Barcelona und Monaco schon knapp dran gewesen, Fehler des Teams haben Sie am Siegen gehindert. Hilft es, zu wissen, dass es nicht an Ihnen gelegen ist?

Es ist wichtig, dieses Selbstvertrauen zu haben. Ich glaube, nicht jeder Rennfahrer hat das. Es ist positiv, dass ich in der Lage bin, Rennen zu gewinnen. Gleichzeitig kann es dich frustrieren, wenn du weißt, du hast das Zeug dazu, aber aus irgendwelchen Gründen stehst du am Sonntag doch nicht ganz oben auf dem Podest.

Dennoch gibt es viele talentierte Fahrer, die nie in ihren Karrieren ein Rennen gewonnen haben. Beruhigt es Sie, zumindest das schon erreicht zu haben?

Ich habe schon ein bisschen was abgehakt auf meiner To-do-Liste: Poleposition, Grand-Prix-Sieg. Aber das Wichtigste fehlt noch: der Weltmeistertitel. Da möchte ich noch ein Hakerl machen. Bis jetzt ist es nicht schlecht gelaufen in meiner Karriere. Aber ich will noch den allerletzten Schritt gehen.

Wann ist es denn so weit?

Heuer werden wir nicht mit Mercedes um den Titel kämpfen können. Aber nächstes Jahr werden wir zur Stelle sein.

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