Werner Faymann muss noch zittern

Rote Granden werben für Faymanns Wiederwahl – aber wird das Fußvolk auf die Signale hören?
SPÖ-Parteitag: Trotz guter Stimmung wurden Bundespolitiker von Niederösterreichs Genossen abgestraft.

Der SPÖ-interne Aufstand gegen Werner Faymann ist abgesagt, der Kanzler soll auf dem Bundesparteitag am 29. November als SPÖ-Chef bestätigt werden. Und zwar mit einem Ergebnis über den schlechten 83 Prozent vom letzten Parteitag.

Die SPÖ will ihrem Parteichef nochmals einen Vertrauensvorschuss geben – das ist zumindest die Haltung der Parteioberen. Entsprechend rühren sie für Faymann die Werbetrommel.

Wiens Bürgermeister Michael Häupl hat seine Genossen bereits mehrfach in internen Sitzungen aufgefordert, Faymann auf dem Bundesparteitag zu unterstützen.

Die Gewerkschafter haben dem Kanzler ihre Delegierten-Stimmen zugesagt unter der Bedingung, er möge ehebaldigst eine Steuersenkung durchsetzen.

Pensionistenchef Karl Blecha ist voll des Lobes dafür, wie sehr Faymann auf die Partei hört und ruft die SPÖ via Presse zur Geschlossenheit auf. Die SPÖ solle sich mit einem Streichkonzert für den Parteichef nicht selbst beschädigen.

Für die Selbstverständlichkeit, einen Parteichef im Amt zu verlängern, scheinen die Werbeaktivitäten etwas dick aufgetragen.

Die Nervosität kommt nicht von ungefähr. Die Parteiführung ist unsicher, ob das rote Fußvolk die Wahlaufrufe für Faymann auch wirklich befolgen wird. In der Wahlzelle ist schließlich jeder Delegierte unbeobachtet, und Faymann musste schon auf dem letzten Parteitag ein Streichkonzert hinnehmen.

Auch diesmal hat Faymann wenig vorzuweisen, was dazu angetan wäre, seine Popularität bei der SPÖ-Basis zu steigern. Die Ergebnisse bei der Nationalrats- und EU-Wahl waren schwach. Die Arbeitslosigkeit steigt. Die Reallöhne stagnieren. Eine Steuerreform steht in Volumen und Zeitpunkt immer noch nicht fest, von Reichensteuern ganz zu schweigen.

Auf dem Parteitag der SPÖ-Niederösterreich gestern in St. Pölten fand so etwas wie eine Generalprobe statt. Faymann zog alle Register, um sich beliebt zu machen.

Er posiert für Fotos, damit sie die Funktionäre im laufenden Gemeinderatswahlkampf verwenden können. In seiner Rede appelliert er an die Disziplin der SPÖ: "Nur geschlossen sind wir stark." Er bemüht Feindbilder, die die SPÖ in Kampflaune versetzen: Schwarz-Blau, Finanzspekulanten, Konzerne, die keine Steuern zahlen. Er lässt beliebte Schlüsselbegriffe fallen: Bruno Kreisky, Solidarität, Bildung. Er macht sich über die Gegner von Reichensteuern lustig: "Sie sagen, allein die Diskussion vertreibt die Reichen schon – sie sind ein ganz scheues Reh". Und er gibt Versprechen ab: "Die Reichsten werden ihren Beitrag zu einer gerechten Steuerreform leisten müssen."

Von der Stimmung her wirkt es: Faymann bekommt von den SPÖ-Delegierten anhaltenden Applaus. Landesparteichef Matthias Stadler verspricht: "Wir stehen zu dir. Wir werden dich mit ganzer Kraft auf dem Bundesparteitag in drei Wochen unterstützen."

Doch der Dämpfer folgt auf den Fuß. Trotz guter Stimmung ist keine Entwarnung angesagt. Bei der Wahl des Landesparteivorstandes werden zwei Bundespolitiker abgestraft. Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek schafft keinen Neuner vor ihrem Wahlergebnis (88,9 %), Nationalratsabgeordneter und Sicherheitssprecher Otto Pendl erhält nur 80,6 %. Beiden ist die Enttäuschung anzumerken.

Der Wechsel an der ÖVP-Spitze ist für Faymann auch nicht gerade hilfreich. Die 99 Prozent Zustimmung zu Reinhold Mitterlehner zeigen, welche Aufbruchstimmung in der ÖVP unter ihrem neuen Obmann eingezogen ist. Damit ist für den SPÖ-Bundesparteitag die Latte hoch gelegt.

Der Abgang von Michael Spindelegger bewirkt für den roten Kanzler jedoch auch Positives. Spindeleggers Kompetenzschwäche als Finanzminister (Stichwort: Budgetloch) hatte die gesamte Regierung in Misskredit gebracht und nach unten gezogen. Mit Hans Jörg Schelling sitzt ein Fachmann im Finanzministerium, was dem Ansehen der Regierung insgesamt nützt.

Zurzeit liegt die rot-schwarze Koalition in Umfragen sowohl in Prozenten als auch in Mandaten wieder deutlich über der 50-Prozent-Marke. Die SPÖ ist stärkste Partei, doch ist der erste Platz auch für die ÖVP wieder in Reichweite gerückt.

Das Team Stronach ist in den Umfragen kaum mehr wahrnehmbar. Die Grünen sind sehr stark, sie profitieren vom politischen Selbstmord, den die Neos gerade begehen.

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