Neue Pläne für alte Lasten

Viele Bürger hoffen, dass die Lohnsteuer bald gesenkt wird, damit ihnen netto mehr übrig bleibt
Ideen, wie eine Steuerreform aussehen könnte, gibt es viele – ein Überblick.

Formal mimt die Regierung keine Eile in Sachen Steuerreform. Im Parlament wurde bis dato lediglich ein unverbindlicher Beschluss dazu gefasst. Die koalitionäre Kommission, die es laut Arbeitspakt seit Jänner geben müsste, hat noch nie getagt.

Deren Mitglieder – rot-schwarze Politiker und Experten – könnten auf Konzepte zurückgreifen. Vorschläge, wie das Steuersystem umzubauen ist, damit den Bürgern mehr von ihrem Brutto-Einkommen bleibt, gibt es zuhauf. Auch Finanzierungsvarianten sind vorhanden. Was fehlt, sind der politische Wille – und der nötige Konsens.

Wer regt was an? Der KURIER gibt einen Überblick.

ÖGB/AK Der Gewerkschaftsbund will über den Sommer mit der Arbeiterkammer ein Konzept für eine Steuerreform ausarbeiten. Im September soll es präsentiert, dann intensiv beworben werden, um den Druck auf die Regierung zu erhöhen. Die Arbeitnehmer-Vertreter wollen, dass der Eingangssteuersatz "deutlich" gesenkt wird. Die "kalte Progression" müsse weg. Finanziert werden soll das unter anderem über Vermögenssteuern. Zudem wird verlangt, dass Unternehmensförderungen durchforstet werden. Förderungen, die etwa nur die Gewinne erhöhen, seien zu streichen.

Industriellen-Vereinigung Eine Steuerreform sollte ein Volumen von vier bis sechs Milliarden Euro haben, sagt IV-Präsident Georg Kapsch. Die Industrie hat schon vor eineinhalb Jahren ein Konzept vorgelegt, das sogar eine Steuerentlastung von bis zu acht Milliarden vorsieht. Sie plädiert dafür, den Eingangssteuersatz von 36,5 auf zehn Prozent zu senken. Lebensmittel sollen nicht mehr mit zehn, sondern nur noch mit fünf Prozent besteuert werden. Finanziert werden soll all das über Struktur- und Verwaltungsreformen. Gefordert wird etwa, dass das Frauenpensionsalter nicht erst ab 2024, sondern schon früher an jenes der Männer angepasst wird. Im öffentlichen Dienst sollen z. B. automatische Gehaltsvorrückungen "auslaufen". Förderungen sollen um zehn Prozent gekürzt werden (ausgenommen Forschung und Bildung). Obwohl die IV gegen Steuererhöhungen ist, kann sie sich eine höhere Grundsteuer vorstellen (marktnahe Verkehrswerte statt Einheitswerte zur Bemessung).

Nationalbank-Präsident Claus Raidl hat via KURIER vorgeschlagen, die Erträge auf Kapital und Wertpapiere künftig mit 30 statt mit 25 Prozent zu besteuern. Damit würde die Kluft zwischen der Besteuerung von Löhnen und Kapital kleiner, sagt der Präsident der Nationalbank. Eine Lohnsteuersenkung sei dadurch aber nicht zu finanzieren. Die Steuer- und Abgabenquote müsse von 45,4 binnen vier Jahren auf 40 Prozent gesenkt werden – durch Reformen im Bereich der Pensionen (frühere Anhebung des Frauenpensionsalters), bei den Förderungen, aber auch durch eine weitere Beamten-Nulllohnrunde.

Wirtschaftskammer Wie die IV und Claus Raidl plädiert die Wirtschaftskammer dafür, eine Steuerreform durch Reformen in der Verwaltung (Pensionen, Gesundheit, Förderungen) zu finanzieren. Kammer-Boss Christoph Leitl will nicht nur die Lohnsteuer senken. Er möchte auch, dass Betriebsgewinne nur mit 25 Prozent besteuert werden, wenn sie an Mitarbeiter ausgeschüttet werden.

Regierung SPÖ und ÖVP haben sich auch vorgenommen, die Lohnsteuer zu senken. Der Eingangssteuersatz solle unter "gleichzeitiger Abflachung der (kalten) Progression in Richtung 25 Prozent" gesenkt werden, heißt es im Regierungsprogramm. Beide Parteien wollen das zum Teil durch Strukturreformen gegenfinanzieren. Die SPÖ möchte aber zusätzlich – wie die Gewerkschaft – Vermögenssteuern (Erbschafts- und Schenkungssteuer mit Freibetrag, Vermögenssteuer ab einer Million Euro). Die ÖVP ist dagegen. Sie will die Lohnsteuer-Senkung ausschließlich durch Einsparung in der Verwaltung, bei Förderungen und Frühpensionen ermöglichen.

Die ÖVP will die Bürger frühestens 2016 entlasten. Und sie möchte einen Steuerfreibetrag von 7000 Euro pro Kind. Die SPÖ drängt nun unter dem Druck der Gewerkschaft darauf, dass die Reform schon 2015 greift. Heikel für Kanzler Werner Faymann. Er muss sich beim Parteitag im Herbst der Wiederwahl als SPÖ-Chef stellen. Hat er bis dahin nichts vorzuweisen, droht ihm Ungemach.

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