Retourkutsche für deutsche Maut

Vekehrsministerin Doris Bures (SPÖ) will beim höchsten EU-Gericht gegen deutsche Maut klagen.
Entschlossener Widerstand gegen geplante Straßenmaut in Deutschland.

Deutschland will eine Straßenmaut einführen, die nur Ausländer zahlen. Durch steuerliche Tricks soll die grundsätzlich diskriminierende Abgabe EU-konform werden, verspricht der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU).

Retourkutsche für deutsche Maut
epa04049087 German Transport Minister Alexander Dobrindt talks about transport and digital infrastructure during a session of the German Parliament in Berlin, Germany, 31 January 2014. EPA/WOLFGANG KUMM
Während sich die EU noch bedeckt hält – Brüssel will erst Stellung nehmen, wenn alle Maut-Details von Berlin offengelegt sind – gehen in Österreich die Wogen hoch. VerkehrsministerinDoris Bureswill jedenfalls beim höchsten EU-Gericht klagen, die Bundesregierung unterstützt die Maßnahme. Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) stellte eine flächendeckende Maut in Österreich nach deutschem Vorbild als Drohung in den Raum, falls alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft sind.

Scharfe Töne kommen auch aus den Bundesländern. Österreich dürfe sich so etwas nicht gefallen lassen. Auch Salzburgs VP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer überlegt, ob nicht ein ähnliches System einer Maut nur für Ausländer auf Autobahnen und Bundesstraßen umgesetzt werden sollte.

Auge um Auge

Drastischer formulierte das Oberösterreichs SP-Verkehrslandesrat Reinhold Entholzer: "Dann werden wir wieder in das Zeitalter der Raubritter zurückfallen, werden Ketten spannen und dementsprechend etwas einfordern von denen, die über unsere Straßen fahren", sagte er im ORF-Radio. Er fürchte Wettbewerbsnachteile, weshalb ein "Auge-um-Auge"-Prinzip angedacht werden müsse, damit nicht die Deutschen ungeschoren davonkommen.

Auch Tirols VP-Landeshauptmann Günther Platter und Grünen-Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe überlegen, das deutsche Modell für Österreich zu kopieren. "Wir haben viele Mautflüchtlinge. Mit einer Bemautung aller Straßen könnten wir das Problem in den Griff bekommen", erklärte Platter.

Der steirische FPÖ-Verkehrslandesrat Gerhard Kurzmann ist ebenfalls dafür, das deutsche Modell zu übernehmen. Wenn die Deutschen das als EU-konform durchbringen, sollte Österreich das ebenfalls machen und Ausländer zu Kasse bitten. Albert Moder, Obmann der Frächter, fordert ein einheitliches Modell für ganz Europa.

Dabei ist noch gar nicht klar, ob die deutsche Maut so umsetzbar ist. Verfassungsexperte Heinz Mayer sieht das ganze rechtlich "sehr, sehr problematisch". Er argumentiert, dass das deutsche Vorhaben der EU-Loyalitätsverpflichtung (EU-Vertrag, Artikel 4, Absatz 3) widerspreche. Diese Verpflichtung sieht vor, dass Mitgliedsländer sicherstellen müssen, EU-Recht einzuhalten. Als Prinzip des EU-Rechtes gilt das Verbot der Diskriminierung. Mitgliedsländer sind verpflichtet, alles zu vermeiden, was dem entgegensteht.

"Demnach ist die deutsche Vorgangsweise nicht zulässig, das ist ein klares Unterlaufen des Verbots der Diskriminierung." Mayer geht davon, dass die deutschen Mautpläne "mit hoher Wahrscheinlichkeit in Brüssel nicht durchgehen werden". Österreich solle den Rechtsweg zu beschreiten. "Retorsionsmaßnahmen würde ich aber nicht vorschlagen."

Auch im EU-Parlament formiert sich eine breite parteiübergreifende Front gegen die deutschen Mautpläne.

Retourkutsche für deutsche Maut

Eine Gruppe Autofahrer verfolgt die Diskussion um die Ausländermaut im Nachbarland mit besonderem Interesse. Über 17.000 Österreicher haben ihren Arbeitsplatz in Deutschland. "Der Großteil von ihnen dürfte mit dem Auto fahren", sagt Christian Gratzer vom Verkehrsclub Österreich. Betroffen sind vor allem die Bundesländer Oberösterreich mit 5650 Pendlern, gefolgt von Vorarlberg (4.950), Tirol (2.200) und Salzburg (1.450). Die deutsche Jahresvignette soll rund 88 Euro kosten. Bei der österreichischen Pendlerinitiative ist der Ärger groß. "Das ist eine rücksichtslose Aktion gegen Pendler, die nur ihren Lebensunterhalt verdienen wollen", sagt Obmann Franz Gosch.

Über das Deutsche Eck

Zur Kassa gebeten würden aber nicht nur Berufstätige, die nach Deutschland fahren, sondern auch jene, die es auf dem Weg in die Arbeit durchqueren müssen. "Die wollen uns ausnehmen wie eine Weihnachtsgans", sagt ein Bankangestellter aus Unken im Pinzgau, der täglich über das Kleine Deutsche Eck in die Stadt Salzburg fährt. "Und das auf einer Straße, die aussieht wie bei uns vor 50 Jahren."

Eher positiv sieht man die Mautpläne beim Chemiekonzern Wacker, an dessen Standort Burghausen (Bayern) 1.500 Oberösterreicher beschäftigt sind. "Wir befürchten weder für das Unternehmen noch für die Beschäftigten negative Auswirkungen", sagt Wacker-Sprecher Christof Bachmair. Eine ausgeglichene Verteilung der Kosten auf alle Straßenbenützer sei gerecht: "Es kommt aber auf die Ausgestaltung an, vielleicht gibt es ja Ausnahmen für grenznahe Beschäftigte. "

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