Kärnten-Pleite ist abgesagt

Landeshauptmann Kaiser, Finanzchefin Schaunig: Die Ermessensausgaben wurden auf Null gestellt
Landesinsolvenz finanziell zu riskant, politisch nicht gewollt. Gläubigerbeteiligung scheint nun gefährdet.

Es gibt einen alten Spruch, der lautet: "Wenn du eine Million Schulden hast, hast du ein Problem. Wenn du hundert Millionen Schulden hast, hat deine Bank ein Problem."

Die Angelegenheit ist zwar zu ernst für Scherze, der Spruch charakterisiert dennoch ganz gut das aktuelle Verhältnis zwischen Kärnten und dem Bund.

Wobei der Bund die Bank ist.

Kärntens Ruf ist kaputt. Kärnten ist de facto pleite. Es ist von den Finanzmärkten abgeschnitten und verpfändet seine Restposten an Vermögen für jene 600 Millionen, die es aus dem Erlös des Hypo-Verkaufs zur Schadensbekämpfung beisteuern will. Finanzchefin Gaby Schaunig hat die Ermessensausgaben auf null gestellt, Kunst, Kultur, Sport, Bauten, Sozialhilfen – alles gekürzt und gecancelt. Kärnten kommt nur noch seinen gesetzlichen Verpflichtungen nach – ein finanzielles Trauerspiel, das sich von einer deklarierten Insolvenz kaum unterscheidet.

Bei einer auch ausgesprochenen Pleite hätte Kärnten nicht nicht mehr viel zu verlieren, als alle anderen Bundesländer und der Bund aber schon. Professor Gottfried Haber hält es für realistisch, dass bei einer Pleite Kärntens alle Bundesländer von den Finanzmärkten abgeschnitten würden. In der Folge müsste auch der Bund mit einem schlechteren Rating und steigenden Zinsen rechnen – eine Horrorvorstellung angesichts 250 Milliarden Schulden. Aus der Luft gegriffen ist diese Sorge nicht: Allein aufgrund der Erklärung von Finanzminister Hans Jörg Schelling vom 1. März, der Bund springe nicht für Kärntens Hypo-Verpflichtungen ein, kann derzeit die Hypo eines anderen Bundeslandes nicht emittieren, und eine weitere Landesbank wird mit zwanzig Basispunkten Zins-Aufschlag gestraft.

Auch Österreichs Ruf als stabiler und professionell gemanagter Wirtschaftsstandort leidet. Seit zwei Monaten, seit dem Zahlungsstopp für die Heta am 1. März, ist die Aufmerksamkeit in internationalen Leitmedien auf das "Mini-Griechenland" in Mitteleuropa gerichtet. Zwar wird korrekt "Carinthia" als pleitegefährdet genannt, es steht aber halt auch jedes Mal dabei, dass es sich um einen Teil von "Austria" handelt. Was ja stimmt.

Jedenfalls setzt die Regierung in der Causa Hypo zum Rückzug an. Am 3. März hatte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner nach dem Ministerrat vollmundig und unter Applaus der Opposition gesagt, man werde "dem BaSag ein LaSag" folgen lassen (dem Bankenabwicklungs- und Sanierungsgesetz ein Länderabwicklungs-und Sanierungsgesetz). Am vergangenen Donnerstag sagte der Finanzminister in der ZiB 2 einen Konkurs Kärntens ab. "Das wäre die schlechteste Lösung. Die schließe ich zu 100 Prozent aus", so Schelling.

KURIER-Informationen zufolge hat Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll bei diesem Meinungsbildungsprozess etwas mitgeholfen. Die schwarzen Landeshauptleute ließen sich ein Mal von Schelling überrumpeln (mit dem Zahlungsstopp für die Heta), ein zweites Mal passiert ihnen das wohl nicht mehr. "Die Pleite Kärntens können Sie tausendprozentig ausschließen", hieß es vergangene Woche in einem ÖVP-Kernland.

In der staatsgläubigen SPÖ gilt die Insolvenz eines Bundeslandes sowieso als neoliberale Ketzerei. "Das würde Werner Faymann in der Partei nicht durchbringen", meint ein maßgeblicher SPÖ-Politiker.

Auch die Bevölkerung hegt wenig Sympathie für Staatspleiten: Trotz verbreiteten Zorns über den finanziellen Schaden, den Kärnten angerichtet hat, sprechen sich satte 60 Prozent in einer KURIER-Umfrage, 70 Prozent in einer profil-Umfrage gegen eine Pleite des Bundeslandes aus.

Ohne Insolvenz-Szenario hängt jedoch Schellings Gläubiger-Beteiligung am Hypo-Debakel in der Luft. Die Gläubiger-Beteiligung fußt ja auf der Hoffnung, dass verschreckte Anleger in Angst vor einer Zahlungsunfähigkeit Kärntens ihre Hypo-Papiere mit Abschlag verkaufen (zwischen Kärnten und dem Bund wird gerade gestritten, wer von beiden diese Papiere aufkaufen soll). Anders formuliert: Schellings Versprechen, keinen Steuer-Euro mehr in die Hypo zu zahlen, hängt, wie es derzeit aussieht, etwas im luftleeren Raum. Denn Kärnten hat die Milliarden nicht, um die Gläubiger auszuzahlen. Wenn man das Land aber nicht in Konkurs schicken will – wer hat dann das Problem? Wie gesagt ...

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