Mikl-Leitner weist deutsche Vorwürfe zurück

Deutschlands Innenminister De Maizière verlangt von Österreich mehr Kooperation in der Flüchtlingspolitik. Innenministerin Mikl-Leitner kann die Kritik nicht nachvollziehen.
Ton zwischen Nachbarstaaten wird zunehmend rauer. Innenministerin: "Schicken Menschen nicht über Grenze."

Zuerst die Bayern, jetzt auch die Regierung in Berlin: In Deutschland mehren sich die Stimmen, die Österreich ein unkorrektes Verhalten in der Flüchtlingskrise vorwerfen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière, sonst keiner von der polternden Sorte, hat sich nun der Schelte aus Bayern angeschlossen. Er nannte das Agieren Österreichs am Mittwoch "nicht in Ordnung". "Dass Flüchtlinge ohne jede Vorwarnung nach Eintritt der Dunkelheit an bestimmte Stellen gefahren worden sind und dort unvorbereitet und ohne jede Vorsorge an die deutsche Grenze gekommen sind", sei so nicht hinnehmbar – er erwarte ein unverzügliches Einlenken der Österreicher.

"Bild" wettert gegen Österreich

Einen solchen Vorfall hat auch die Bild-Zeitung aufgegriffen. Das Blatt berichtet von einem Flüchtling, dessen Wunsch nach Asyl in Österreich schlichtweg ignoriert worden sei; er sei trotz eines Schildes mit der Aufschrift "I want have Asyl Austria" von österreichischen Beamten nach Deutschland weitergeschickt worden. Ohnehin lesen sich die Kommentare in deutschen Medien vermehrt österreich-kritisch: In der Süddeutschen Zeitung ist von der "Schande Österreichs" die Rede; dass Österreich "den Notleidenden nicht einmal elementare Hilfe leistet", sei schändlich, schreibt das Münchner Blatt. Auch die am heutigen Donnerstag erscheinende Zeit schließt sich an. Dort wird Österreich gar als "Flüchtlingsspediteur" bezeichnet.

Auch Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden kritisiert die Regierung in Wien. Dass am vergangenen Wochenende plötzlich mehr als 1000 Menschen vom Salzburger Hauptbahnhof in Richtung Deutschland aufgebrochen seien, sei kein Zufall: "Unsere Dolmetscher haben gesagt, sie sind dazu aufgefordert worden, die Flüchtlinge loszuschicken. Diese Anweisung kam mit Sicherheit aus Wien." Schaden appelliert im KURIER-Gespräch an das Innenministerium, keinen Druck auf Deutschland auszuüben: "Wir müssen für die deutschen Behörden berechenbar bleiben."

"Wir schicken sie nicht"

Mikl-Leitner weist all diese Vorwürfe auf KURIER-Anfrage vehement zurück: "Die Menschen werden nicht von uns nach Deutschland geschickt, genauso wenig wie sie von Slowenien nach Österreich geschickt werden. Die Menschen wollen ganz einfach nach Deutschland, weil sie sich eingeladen fühlen." Und: Flüchtlinge würden nicht eingesperrt, sondern dürften sich frei bewegen. "Wir stehen daher vor der Entscheidung, ob wir die Flüchtlinge über unsere Autobahnen irren lassen oder ob wir sie humanitär versorgen und begleiten", sagt Mikl-Leitner. Die Innenministerin befindet, Berlin habe die Situation selbst zu verantworten. Deutschland habe "Ende August als einziges Land in Europa gesagt", dass es Syrer nicht mehr in andere EU-Länder zurückschicken werde. "Das hat zu einem Migrationsdruck geführt, wie wir ihn noch nicht erlebt haben", meint die Ressortchefin.

In Polizeikreisen heißt es: "Wir transportieren die Leute nicht zur Grenze, sondern in Notquartiere, weil wir die Flüchtlinge von Spielfeld wegbringen müssen." Weil Deutschland aber pro Stunde nur eine gewisse Zahl an Flüchtlingen übernehme (siehe Artikel unten), würden sich die Betroffenen eben teils selbst auf den Weg ins Nachbarland machen. "Jemand, der den Hindukusch überquert hat, lässt sich eben vom Bayerischen Wald nicht abschrecken", ätzt ein Beamter. Daher stünden die Deutschen vor dem Problem, dass mehr Flüchtlinge als gewünscht ins Land kämen.

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