"Tabubruch": Waffenhilfe für Kurden

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel warb um die Waffenlieferung an die kurdischen Peschmerga-Einheiten im Nordirak
Erstmals liefert Deutschland offiziell militärische Hilfsgüter an eine aktive Kriegspartei.

Es war eine der ernstesten Reden seit Langem, die Kanzlerin Angela Merkel in der Sondersitzung des Bundestages am Montag hielt: In umfangreicher Darstellung der aktuellen Weltlage sprach sie zwar zuerst von der Stärkung der Nato angesichts der russischen Intervention in der Ukraine: "Die stellt sich nicht als innerukrainische Krise, sondern als Konflikt zwischen der Ukraine und Russland heraus". Die NATO und die EU seien sich aber einig, dass es in der Ukraine "keine militärische Lösung" geben könne.

Hauptzweck ihrer Rede war aber das Werben um die Zustimmung des Bundestags und damit der deutschen Öffentlichkeit zur Lieferung von Waffen an die Kurden im Konflikt mit der Terrorgruppe IS. Genau am 75. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs durch den Überfall Nazi-Deutschlands auf Polen plädierte Merkel für diesen "Tabubruch". So hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Vortag die erste offizielle Lieferung deutscher Waffen an eine Kriegspartei seit 1945 genannt.

Merkel schilderte, wie auch die nachfolgenden Redner, grausame Details des IS-Terrors: "Das immense Leid der Opfer schreit zum Himmel". Das Stoppen der Terrormilizen im Irak sei eine dringende humane Verpflichtung und auch stark im deutschen Sicherheitsinteresse, begründete die Kanzlerin den Schritt, "dessen Risken wir uns bewusst sind".

Gründliche Debatte

SPD-Sprecher Thomas Oppermann verteidigte die Maßnahme als "Ausnahme", sie sei "kein Tabubruch".

Der Fraktionschef der kommunistischen "Linken", Gregor Gysi, verlangte hingegen das Stoppen des IS-Terrors ausschließlich unter UN-Führung und den prinzipiellen Stopp aller deutschen Rüstungsexporte, die die drittstärksten der Welt sind. Auch die Grünen stimmten mit geradezu haarspalterischer Begründung dagegen, einige Grüne enthielten sich aber der Stimme. Nach der Debatte nahmen die Regierungsparteien die Entschließung an, die die Entscheidung der Regierung Merkel förmlich billigt.

Damit wird in den nächsten Tagen die schrittweise Lieferung von Waffen aus dem Bestand der Bundeswehr an die Kurden im Nordirak beginnen. Die Waffen haben einen Marktwert von 70 Mio. Euro. In der ersten von drei Tranchen werden 16.000 Gewehre, 8000 Pistolen, 240 Panzerfäuste und 30 Panzerabwehrraketenwerfer geliefert. Damit wird eine 4000-Mann-Brigade der kurdischen Kämpfer ausgerüstet. Zum Abschluss sollen auch gepanzerte Fahrzeuge in den Nordirak geflogen werden, wo bereits sechs deutsche Soldaten dafür Vorbereitungen treffen.

Die Lieferung von 20.000 deutschen Schutzwesten und Helmen an die Ukraine wird hingegen vom geheimen Sicherheitsrat der Bundesregierung blockiert.

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