Jean-Claude Juncker: "Terroristen reisen lieber mit dem Flugzeug"

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker spricht sich für Schengen aus.
Die EU-Parlamentarier zeigten sich einen Tag vor dem EU-Gipfel einig über die Grenzschutzpläne.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat sich am Mittwoch für den Schengen-Raum ausgesprochen. "Schengen wird bleiben", betonte er im Straßburger EU-Parlament. Die EU-Parlamentarier zeigten sich einen Tag vor dem EU-Gipfel weitgehend einig über die jüngsten Grenzschutzpläne. Kanzler Werner Faymann sprach sich indes für die Umsiedelung syrischer Flüchtlingen von der Türkei in die EU aus.

"Reparaturmechanismus"

"Wir werden alles tun um das zu schützen, was wir aufgebaut haben, es zu verbessern und auch zu stärken", sagte Juncker. Gestärkt werden müsse der Schutz der Außengrenzen, nur so könne innerhalb des Schengenraums Reisefreiheit bleiben. Den Vorschlag der EU-Kommission zum Aufbau eines Grenz- und Küstenschutzes bezeichnete Juncker als "Reparaturmechanismus" für das Schengensystem. Der Plan sieht vor, dass Beamte der EU-Agentur Frontex die Außengrenzen Europas kontrollieren sollen - auch gegen den Willen von Staaten wie Griechenland. Juncker betonte jedoch, die EU-Staaten würden ihre Hoheitsrechte an den Außengrenzen behalten.

Systematische Kontrolle

Auch sollen künftig EU-Bürger systematisch an den Außengrenzen kontrolliert werden. Das sei der Preis einer gefährlichen Welt, meinte der EU-Kommissionspräsident. Terror kenne keine Grenzen, sagte er. "Terroristen reisen lieber mit dem Flugzeug als mit dem Schlauchboot", sagte Juncker zu Vorurteilen in der Flüchtlingskrise. "Wir dürfen nie vergessen, dass Freiheit und Sicherheit einander nicht ausschließen", meinte Juncker.

Zusammenarbeit mit der Türkei

Auch machte sich der EU-Kommissionspräsident für eine Zusammenarbeit mit der Türkei stark, denn die "Flüchtlingskrise beginnt nicht an den europäischen Grenzen". "Die Situation erfordert, dass wir zusammenarbeiten". Er hoffe darauf, dass alle EU-Staaten beim freiwilligen humanitären Aufnahmesystem mitmachen und Syrer aus der Türkei aufnehmen.

Für eine entsprechende Zusammenarbeit mit der Türkei plädierte auch Bundeskanzler Faymann. Der SPÖ-Politiker sprach sich in einem Interview mit Tageszeitung Die Welt am Mittwoch für die Umsiedelung von 40.000 bis 50.000 syrischen Flüchtlingen aus der Türkei in die EU aus. Mehr dazu finden Sie hier.

Umverteilung

Bereits jetzt haben sich die EU-Staaten auf das Resettlement von 20.000 von der UNO anerkannten Flüchtlingen direkt aus Krisengebieten sowie die Umverteilung von insgesamt 160.000 über Italien und Griechenland in die EU eingereisten Schutzsuchenden geeinigt. Bis 11. Dezember wurden davon laut Angaben der EU-Kommission jedoch erst 184 Flüchtlinge umverteilt.

Der Grenzschutz wird auch Thema beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel sein. Die Tagesordnung dafür sei sehr dicht, sagte der luxemburgische EU-Ratsvorsitzende Nicolas Schmit bei der Vordebatte im EU-Parlament in Straßburg. In der Flüchtlingskrise liege die Hauptpriorität in der Umsetzung der bereits beschlossenen Maßnahmen, forderte Schmit. Auch er bekräftigte, dass die Beibehaltung des Schengenraumes das absolute Ziel sein müsse.

Einig über Grenzschutzpläne

Bei der Plenarsitzung am Mittwoch zeigten sich Europapaparlamentarier weitgehend einig über die Grenzschutzpläne der EU-Kommission. Sozialdemokraten, Christdemokraten, Liberale und Grüne äußerten sich am Mittwoch in Straßburg grundsätzlich damit einverstanden. Eine Festlegung auf den Kommissionsvorschlag wird es nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen voraussichtlich noch nicht geben. Wenn es bis Sommer nächsten Jahres möglich sei, die Rechtssetzung abzuschließen, wäre dies ehrgeizig, hieß es.

AI: Türkei nimmt Flüchtlinge fest

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft indes der Türkei in dem Bericht "Europe's Gatekeeper" vor, seit September Hunderte Flüchtlinge an der Westgrenze der Türkei festgenommen und in Haftzentren im Süden und Osten des Landes gebracht zu haben. Die Türkei stelle die Menschen "vor eine unmenschliche Wahl: Entweder sie bleiben auf unbestimmte Zeit in Haft, oder sie kehren in ihre Heimatländer Syrien und Irak zurück, wo ihnen Verfolgung, Folter und Tod drohen", erklärte Wiebke Judith von Amnesty Deutschland laut der Nachrichtenagentur AFP.

Der Europaminister in der Türkei, Volkan Bozkir, forderte nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu die Auszahlung der von der EU versprochenen drei Milliarden Euro zur Flüchtlingshilfe innerhalb eines Jahres. Bozkir sagte weiter, die Türkei wolle selbst entscheiden, wofür sie das Geld verwende. Die EU dagegen wolle eine Kommission einrichten und eine gemeinsame Entscheidung. "Wir haben Pläne, wofür wir das Geld ausgeben, und werden das bald bekannt geben", sagte Bozkir. Das Geld solle jedoch nur für Syrer verwendet werden.

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