Cameron will den EU-Gipfel in die Luft jagen

Briten-Premier Cameron will die Kür Junckers boykottieren
Top-Jobs: Chaos bei der Suche nach Personal

Innenpolitisch erwartet sich der britische Premier David Cameron vom EU-Gipfel nächste Woche einen Befreiungsschlag: Gemeinsam mit dem Ungarn Viktor Orbán, dem Niederländer Mark Rutte und dem Schweden Fredrik Reinfeldt will er verhindern, dass Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsident nominiert wird. Auch Italien hat sich noch nicht für Juncker entschieden. "Damit steuert die EU in eine veritable Krise, Chaos ist vorprogrammiert", sagt ein hochrangiger Diplomat dem KURIER.

Wegen der konservativen Front gegen den Christdemokraten Juncker wird es beim Treffen der 28 Staats- und Regierungschefs am 27. Juni keine Entscheidung über den künftigen Kommissionspräsidenten geben – und damit auch nicht über die anderen Spitzenposten (Parlamentspräsident, Ratspräsident, Hoher Repräsentant für die Außenpolitik).

Beim EU-Gipfel soll allerdings intensiv über ein Arbeitsprogramm der Kommission für die nächsten Jahre und über die Zukunft der EU diskutiert werden: neue Kompetenzverteilung (EU-Kommission mischt sich nicht in alles ein), Energiepolitik, Erweiterung auf Sparflamme, Stabilitätspakt soll auf den Prüfstand kommen, Investitionen in Wachstum und EU-Freihandelsverträge, nicht nur mit den USA

In mächtigen Staatskanzleien schließt man nicht aus, dass die Wahl des Präsidenten des Europäischen Parlaments, die für Anfang Juli geplant ist, wegen der Krise um den Kommissionschef verschoben werden muss (siehe hier). "Das ist denkbar", heißt es in Brüssel.

Auch wenn manche Regierungschefs, wie Bundeskanzler Werner Faymann, drängen, Juncker rasch zu bestellen, gibt es das hartnäckige Gerücht, hinter den Kulissen werde eine Alternative zu Juncker gesucht. Immer öfter wird der Name des ehemaligen finnischen Premiers Jyrki Katainen genannt.

Die Dänin Helle Thorning-Schmidt kommt nicht infrage, weil Dänemark nicht beim Euro ist und mehrere Ausnahmen von EU-Regelungen hat (gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Innen- und Justiz, Unionsbürgerschaft).

Am Donnerstag ist Thorning-Schmidt zum Mittagessen bei der deutschen Kanzlerin Angela Merkel geladen, dabei wird es wohl um Jobs gehen. Merkel sucht Frauen, ein Personalpaket ohne Frau gilt in der EU als No-Go.

Der österreichische Spitzendiplomat Hans-Dietmar Schweisgut gilt als Favorit für den EU-Botschafterposten in Peking, das Hearing hat er bravourös vor seinem deutschen Herausforderer absolviert. Der Posten im Rahmen des Europäischen Auswärtigen Dienstes in China ist wegen der engen Handelsverflechtungen wichtig. Schweisgut ist derzeit EU-Botschafter in Tokio. Sein Krisenmanagement bei der Nuklearkatastrophe in Fukushima gilt in der EU als vorbildhaft. Damals organisierte er die Aktivitäten der EU-Botschaften in Japan.

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