Athen lässt Merkel dunsten
Das erste Signal für den bevorstehenden Eklat mit Deutschland hat der neue Premier Alexis Tsipras gleich am ersten Tag im Amt gegeben. Tsipras fuhr zum Denkmal Kesariani, wo 200 Kämpfern des griechischen Widerstandes gedacht wird, die von den Nazis erschossen worden waren. Eine klare Botschaft an Berlin. Schon im Wahlkampf hatte der Chef der radikalen linken Partei Syriza direkt Deutschland und insbesondere Kanzlerin Angela Merkel verantwortlich gemacht für die jämmerliche Lage Griechenlands.
Und die neue Regierung? Die hat dem Sparzwang und der Troika gleich mit Amtsantritt den Rücken gekehrt. Das hat Berlin wenig beeindruckt: Einen Schuldenerlass dürfte es nicht geben.
Dafür hat sich Moskau als freundlicher Wohltäter gemeldet und Athen finanzielle Hilfe geboten. "Sollte die russische Regierung eine solche Bitte erhalten, werden wir es uns in jedem Fall überlegen und alle Faktoren unserer bilateralen Beziehungen in Betracht ziehen", so Finanzminister Anton Siluanov. Unter Syriza scheinen diese bilateralen Beziehungen in der Tat aufzublühen: Der russische Botschafter war der erste ausländische Diplomat, den Tsipras empfing. Schon zuvor war man in Sachen Ukraine auf einem Kurs – gegen die EU-Linie. Und der neue Außenminister Nikos Kotsias war im Kontakt mit dem russischen Ultranationalisten Dugin.
Athen ist schon auf der Suche nach neuen Geldquellen. Finanzminister Yannis Varoufakis besucht dieser Tage seinen britischen Amtskollegen Osborne. Nächste Woche will er nach Paris reisen – und danach nach Italien.
Seine zweite Woche im Amt verbringt auch Tsipras auf Reisen. Am Montag fliegt er nach Zypern, dann nach Rom. Frankreich und die EU-Kommission stehen ebenso auf seiner Reiseagenda. Und Merkel? Die muss sich anscheinend gedulden. Das erste Miteinander könnte erst beim EU-Gipfel in Brüssel Mitte Februar stattfinden.
Der Politologe George Tzogopoulos von der Stiftung für europäische und internationale Politik glaubt, dass Tsipras pokert. Er sagt zum KURIER: "Die jetzige Lage ist sehr gefährlich und delikat, weil dem Staat einfach das Geld ausgeht."
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