Athen lässt Merkel dunsten

Kanzlerin Merkel
Die neue Regierung hält Ausschau nach neuen Geldquellen – von London bis Moskau.

Das erste Signal für den bevorstehenden Eklat mit Deutschland hat der neue Premier Alexis Tsipras gleich am ersten Tag im Amt gegeben. Tsipras fuhr zum Denkmal Kesariani, wo 200 Kämpfern des griechischen Widerstandes gedacht wird, die von den Nazis erschossen worden waren. Eine klare Botschaft an Berlin. Schon im Wahlkampf hatte der Chef der radikalen linken Partei Syriza direkt Deutschland und insbesondere Kanzlerin Angela Merkel verantwortlich gemacht für die jämmerliche Lage Griechenlands.

Athen lässt Merkel dunsten
epa04595736 Greek Finance Minister Yanis Varoufakis looks on during a press conference with Eurogroup chief Jeroen Dijsselbloem (not pictured) following a meeting at the Finance Ministry in Athens, Greece, 30 January 2015. Eurogroup chief Jeroen Dijsselbloem is visiting Athens to meet with Prime Minister Alexis Tsipras and Finance Minister Yanis Varoufakis. The head of eurozone finance ministers' group, Jeroen Dijsselbloem, will launch debt talks with Greece's newly elected leftist government. The SYRIZA government is determined on changing the conditions of its international bailout programme, while Dijsselbloem has stressed the importance of upholding the existing agreements. EPA/SIMELA PANTZARTZI
Seit 2010 steckt das Land in der Krise. Mittlerweile hat es die höchste Arbeitslosenrate der EU – 25 Prozent. Sechs Mio. Griechen leben in Armut. EU, EZB, und IWF (die Troika) haben Athen Kredite in der Höhe von 240 Mrd. Euro gegeben – im Gegensatz zu rigiden Sparmaßnahmen. Der Staatsbankrott wurde damit vermieden, das Leben der Bürger aber vom Jahr zu Jahr schlimmer. Und jetzt kündigt die EZB an, die griechischen Geldhäuser nur dann weiter mit Krediten zu versorgen, wenn bis Ende Februar eine Einigung mit Athen über eine Fortsetzung des Rettungsprogrammes erzielt wird.

Und die neue Regierung? Die hat dem Sparzwang und der Troika gleich mit Amtsantritt den Rücken gekehrt. Das hat Berlin wenig beeindruckt: Einen Schuldenerlass dürfte es nicht geben.

Dafür hat sich Moskau als freundlicher Wohltäter gemeldet und Athen finanzielle Hilfe geboten. "Sollte die russische Regierung eine solche Bitte erhalten, werden wir es uns in jedem Fall überlegen und alle Faktoren unserer bilateralen Beziehungen in Betracht ziehen", so Finanzminister Anton Siluanov. Unter Syriza scheinen diese bilateralen Beziehungen in der Tat aufzublühen: Der russische Botschafter war der erste ausländische Diplomat, den Tsipras empfing. Schon zuvor war man in Sachen Ukraine auf einem Kurs – gegen die EU-Linie. Und der neue Außenminister Nikos Kotsias war im Kontakt mit dem russischen Ultranationalisten Dugin.

Athen ist schon auf der Suche nach neuen Geldquellen. Finanzminister Yannis Varoufakis besucht dieser Tage seinen britischen Amtskollegen Osborne. Nächste Woche will er nach Paris reisen – und danach nach Italien.

Seine zweite Woche im Amt verbringt auch Tsipras auf Reisen. Am Montag fliegt er nach Zypern, dann nach Rom. Frankreich und die EU-Kommission stehen ebenso auf seiner Reiseagenda. Und Merkel? Die muss sich anscheinend gedulden. Das erste Miteinander könnte erst beim EU-Gipfel in Brüssel Mitte Februar stattfinden.

Der Politologe George Tzogopoulos von der Stiftung für europäische und internationale Politik glaubt, dass Tsipras pokert. Er sagt zum KURIER: "Die jetzige Lage ist sehr gefährlich und delikat, weil dem Staat einfach das Geld ausgeht."

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