Obamas Krieg gegen die Islamisten

Die US-Pläne, die IS-Terrormiliz jetzt auch in Syrien zu bekämpfen, sind mit Fragezeichen verbunden.

Eigentlich wollte Barack Obama als ein US-Präsident in die Geschichte eingehen, der zwei vererbte Kriege fern der Heimat (Irak und Afghanistan) zu einem Ende gebracht hat. Doch jetzt, nach dem dramatischen Vormarsch der radikal-islamischen Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) musste er einen neuen Militäreinsatz ankündigen. In seiner Rede zur Nation sagte er in der Nacht zum Donnerstag, dass IS-Kämpfer nicht mehr nur im Zweistromland, sondern auch in Syrien mit Bombardements zu rechnen hätten. Experten gehen davon aus, dass diese Kampagne, an der sich auch europäische und arabische Partner beteiligen sollen, mindestens drei Jahre lang dauern wird – somit wird auch Obama seinem/seiner Nachfolger/in einen bewaffneten Konflikt vererben.

Obamas Krieg gegen die Islamisten
epa04394910 US President Barack Obama delivers a prime time address from the Cross Hall of the White House, in Washington, DC, USA, 10 September 2014. Vowing to target the Islamic State with air strikes 'wherever they exist' Obama pledges to lead a broad coalition to fight IS and work with 'partner forces' on the ground in Syria and Iraq. EPA/SAUL LOEB / POOL
Wobei der Commander in Chief (Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte) mit seinen Plänen dünnes Eis betritt: Denn diese sind am obersten Ende dessen, was gerade noch als Anti-Terror-Operation eingestuft werden kann – zwar keine Bodentruppen, aber massive Luftschläge, und auch der Einsatz von Spezialkräften wie Navy Seals oder Delta Force könnte zur Markierung der Angriffsziele erforderlich werden. Umgekehrt ist die Ausbildung von moderaten syrischen Oppositionsgruppen (eventuell in Saudi-Arabien) am untersten Rand dessen, was notwendig ist, um die IS-Extremisten effizient bekämpfen zu können.

Ob die Strategie Obamas aufgeht, ein "Krebsgeschwür wie den IS zu besiegen", wie es der Chef im Weißen Haus formulierte, wird sich erst weisen. Denn es gibt viele Fragezeichen.

Obamas Krieg gegen die Islamisten
Erstens: Mit welchen gemäßigten Aufständischen wollen die USA in Syrien kooperieren? Die "Freie Syrische Armee" (FSA) hat in den vergangenen drei Jahren massiv an Terrain verloren, vor allem an islamistische Gruppen, auch an die Al-Nusra-Front (siehe links). Viele FSA-Kämpfer sind tot, andere geflohen, wieder andere haben sich ins Zivilleben zurückgezogen oder sich den Dschihadisten angeschlossen.

Zweitens: Welches Verhältnis strebt Washington zum Damaszener Regime unter Bashar al-Assad an? Das Mantra in den USA lautet ja, der Diktator müsse weg, mit ihm könne es keine Deals geben. Nur – werden die Islamisten militärisch geschwächt, hilft das automatisch dem Machthaber. Außerdem braucht Obama für den Einsatz seiner Luftwaffe in Syrien die stillschweigende oder explizite Zustimmung Assads, dessen Flugabwehr voll funktionsfähig ist.

Drittens: Selbst die kampferprobten kurdischen Peschmergas im Nordirak tun sich äußerst schwer, die IS-Miliz zu biegen. Von der FSA in Syrien, wo der IS ein Drittel des gesamten Landes kontrolliert, ist das noch weniger zu erwarten. Zumal die selbst ernannten "Gotteskrieger" in beiden Staaten hoch moderne Waffen erbeutet haben und ihre Kriegskassa voll ist, gespeist aus den Erdöl-Feldern, die sie erobert haben. Auch diese Finanzierungsader will der US-Präsident nun kappen.

Obama, der die Gefahr des "Islamischen Staates" noch vor einigen Monaten herunterspielte, will die angekündigte Offensive einbetten in eine "Kernkoalition". Zu dieser gehören dem Vernehmen nach Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien, Polen, Dänemark und Australien sowie die muslimischen Staaten Türkei, Jordanien, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Mitunter wird diese Allianz auch "Koalition der Willigen" genannt – mit dieser zog Obamas Vorgänger, George W. Bush, 2003 in den Krieg gegen Iraks Diktator Saddam Hussein.

Die USA haben für ihre Koalition gegen die Jihadistengruppe "Islamischer Staat" (IS) zehn arabische Staaten gewonnen. Washington werde sich gemeinsam mit zehn Ländern der Region, darunter Saudi-Arabien, gegen die "terroristische Bedrohung" stellen, hieß es in einer Erklärung nach Beratungen von US-Außenminister John Kerry mit Kollegen aus der Region am Donnerstag im saudiarabischen Jeddah.

Die beteiligten Länder hätten vereinbart, "ihren Anteil im umfassenden Kampf" gegen den IS zu tragen. Zu den weiteren Staaten der Koalition gehören demnach Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait, Katar, Oman, Ägypten, der Irak, Jordanien und der Libanon. Bei den Gesprächen saß auch die Türkei mit am Tisch. Sie will sich am Kampf gegen den IS aber ausschließlich im Rahmen humanitärer Maßnahmen beteiligen.

US-Präsident Barack Obama hatte am Mittwoch seine Strategie gegen die Extremisten vorgestellt, die sich im Nordirak und in Syrien ausgebreitet haben. Er kündigte an, die Luftschläge auf IS-Stellungen würden vom Irak auf Syrien ausgeweitet.

Dort, wo bis zum 11. September 2001 die Zwillingstürme des World Trade Centers in New York standen, ragten am Vorabend des Gedenktages gigantische Lichtstrahlen in den Himmel. Am Donnerstag um 8.46 – als das erste Flugzeug in den Nordturm krachte – legten dann viele US-Bürger und sämtliche Politiker von US-Präsident Obama abwärts eine Schweigeminute für die Opfer ein.

Knapp 3000 Menschen starben bei den 9/11-Anschlägen islamistischer Todespiloten auf das WTC und das Pentagon sowie beim Absturz einer von Terroristen übernommenen Passagiermaschine in Pennsylvania.

Angesichts des Vormarsches der brutalen Terrormiliz IS ist die Angst der US-Bürger vor Anschlägen wieder so groß wie vor 13 Jahren.

Das neue World Trade Center

Kommentare