Wachstum neu: Nicht mehr, sondern besser

Die hohe Arbeitslosigkeit wird uns länger verfolgen, als uns recht ist. Wir sollten uns darauf einstellen.
Hermann Sileitsch-Parzer

Hermann Sileitsch-Parzer

Nicht mehr, sondern besser: das muss doch möglich sein.

von Hermann Sileitsch-Parzer

über Wirtschaftswachstum

Welches Wirtschaftsthema Österreich 2016 am meisten beschäftigen wird, ist leider einfach zu prognostizieren: die Arbeitslosigkeit. Früher galt die Regel, dass die Zahl der Arbeitslosen erst ab zwei Prozent BIP-Wachstum sinkt. Das stimmt heute nicht mehr – und es wäre auch unsinnig, einfach auf mehr Wachstum zu hoffen. So einfach ist es nicht. Die besseren Zeiten werden so rasch nicht wiederkehren.

Die Frage sollte lauten: Welches Wachstum streben wir an? Keines, das auf Schulden gebaut ist und direkt in die nächste Finanzkrise mündet. Keines, das die Umwelt verpestet, die Müllberge in den Himmel wachsen lässt oder Ressourcen vernichtet. Und auch kein Wachstum, das sich zwar in Bilanzen und Statistiken gut macht, dafür aber nie in der Geldtasche von Otto Normalverdiener ankommt oder sogar Menschen auf die Straße setzt.

Die Flüchtlingskrise und der Klimawandel stellen unsere reichen Gesellschaften vor gewaltige Herausforderungen. Davor kann man kapitulieren. Oder man kann es als Chance betrachten, einen überfälligen Wandel anzustoßen. Womöglich können wir nicht mehr Vollbeschäftigung garantieren. Müssen Arbeit neu verteilen, damit nicht einige rennen bis zum Umfallen und andere nie einen Job sehen. Müssen schlecht oder gar nicht bezahlten Tätigkeiten wie Pflege und Erziehung den Stellenwert einräumen, den sie verdienen. Müssen akzeptieren, dass Phasen mit Jobs öfter mit solchen ohne wechseln werden. Womöglich sollten wir sogar ein Grundeinkommen für alle andenken. Ja, das hieße, auf materielle Annehmlichkeiten zu verzichten, könnte aber ebenso mehr Lebensqualität bringen. 2016 wäre ein gutes Jahr, um anzufangen. Nicht mehr, sondern besser: das muss doch möglich sein.

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