Muss Ernst Strasser jetzt für alle büßen?

Gestern Strasser, heute Westenthaler, morgen Grasser: Die Justiz mahlt langsam, aber härter, als manchem lieb ist.
Josef Votzi

Josef Votzi

Muss Ernst Strasser jetzt für alle büßen?

von Josef Votzi

über die Justiz

Jetzt geht es Schlag auf Schlag: Anfang der Woche verdonnerte der Oberste Gerichtshof Ernst Strasser endgültig zu 3 Jahren Haft. Seit gestern steht Ex-FPÖ/BZÖ-Spitzenmann Peter Westenthaler vor Gericht (Vorwurf: Beihilfe zur Untreue bei Parteienfinanzierung, Missbrauch von Steuergeldern als Bundesliga-Manager). Ab Montag steht jenes Verfahren an, das Karl-Heinz Grasser selbst in Sachen Steuerhinterziehung angezettelt hatte, im Sommer aber wegen einer Lungenentzündung von Capri aus platzen ließ. Fünf Jahre nach dem zufälligem Platzen der ersten Korruptionsblase stehen Politiker, Manager und Trittbrettfahrer im Dutzend vorm Strafrichter. Die Mühlen der Justiz mahlen langsam, aber bald an so vielen Schauplätzen, dass selbst Auskenner die Übersicht verlieren. Die Causa Strasser hingegen liegt offen wie ein Buch und polarisiert mehr denn je. Nicht nur in Juristenkreisen fragen immer mehr besorgt: Wird hier an einem Sündenbock ein Exempel statuiert? Ist es gerecht, wenn andere nur mit einer Fußfessel oder einer Geldstrafe davonkommen? Besonders Wohlmeinende argumentieren, Strasser habe nachweislich kein Geld genommen, sondern sei "bloß" zwei Undercover-Journalisten auf den Leim gegangen, die mit 100.000 € für Stimmverhalten und Lobbying im Sinne des Geldgebers bei EU-Gesetzen lockten. Ex-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky tat jüngst auf Facebook kund: "So lange Kinderschänder sechs Monate bekommen, halte ich das Geplänkel, das starke Züge von politischer Vergeltung in sich trägt, für entbehrlich."

Abschreckendes Signal gegen die Ohnmacht

Gewalt gegen Leib und Leben gehört in der Tat strenger bestraft und steht deshalb auf der Agenda der Strafrechtsreform des Justizministers ganz oben. Menschen, die sich ein Leben lang der Korruptionsbekämpfung gewidmet haben, wie der ehemalige Staatsanwalt und Rechnungshofchef Franz Fiedler , halten aber unbedingte und kräftige Haftstrafen für Strasser & Co für richtig. Denn: "Die harten Urteile zeigen auch Wirkung." Auch die überwiegende Mehrheit der Österreicher hält drei Jahre Haft für den Ex-Innenminister für "angemessen", so die jüngste OGM-Umfrage für den KURIER.

Wird auch Österreich dadurch besser, wenn es Leuten wie Strasser auf Zeit schlechter geht? Man kann der Justiz ankreiden, dass sie bei einfach gestrickten Fällen wie dem des Innenministers a. D. schneller und kräftiger zubeißt als in hoch komplexen Causen wie der um den Schmiergeld-Verdacht beim Eurofighter – zumal ein Video-Beweis mehr sagt als tausend Seiten Akten. Strenge Urteile werden auch nicht alle Strassers von morgen daran hindern, neue Wege des Nehmens zu suchen.

So lange Machtmissbrauch und Misswirtschaft in Österreich grassieren und vielerorts noch immer resigniert ohnmächtiges Schulterzucken auslösen, ist Abschreckung mit demonstrativ strengen Urteilen angesagt. Generalprävention kann aber immer nur am Einzelfall exekutiert werden und bleibt so ein unlösbares Dilemma.

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