Vorwärts, zurück in die Zukunft

Die Koalition holte sich bei ihrer Klausur die Sozialpartner zur Verstärkung. Das bedeutet nichts Gutes.
Martina Salomon

Martina Salomon

Die Koalition holte sich bei ihrer Klausur die Sozialpartner zur Verstärkung. Das bedeutet nichts Gutes.

von Dr. Martina Salomon

über "Zurück in die Zukunft"

Der neue Vizekanzler Reinhold Mitterlehner hat Schwung und zwei gute neue Leute in die Regierung gebracht. Die große Koalition wirkt nicht mehr so gelähmt. Eine Steuerreform wird kommen, eine gemeinsame Bildungsreform ist möglich. Einzelheiten? Geh bitte, man wird sich doch nicht gleich die gute Laune verderben lassen!

Besonders erstaunlich an dieser Klausur war die augenscheinliche Selbstfesselung. Denn warum stand die Regierungsspitze gleich am ersten Tag gemeinsam mit den Sozialpartnern auf dem Podium? Das kann nichts Gutes bedeuten: Entweder ist die Regierung allein nicht zu Reformen fähig. Oder die beiden Parteichefs müssen einen Kratzfuß vor Kammern und Gewerkschaften machen, weil sie ihren Kurs sonst allein nicht "derheben". Das aber trifft momentan nur auf Werner Faymann zu. Er lässt sich beim Parteitag im November wiederwählen, und die Basis murrt hörbar über fallende Umfragewerte und mangelnde Durchsetzungsfähigkeit. Jetzt hat er immerhin eine Fünf-Milliarden-Trophäe im Gepäck – mit der (unrealistischen) Aussicht auf mehr. Die Finanzierung steht halt leider in den Sternen.

Radikaler und deutlich weniger harmonisch wäre gewesen, sich mit Industriellenvereinigung und Arbeiterkammer vor die Medien zu setzen (was Mitterlehner schon als Ex-Wirtschaftskämmerer nicht tun würde). Die IV hat auch ein Steuerreformkonzept vorgelegt und ist sich mit der ÖVP in der Ablehnung neuer Vermögenssteuern einig. Es unterscheidet sich aber fundamental von den Ideen der Arbeiterkammer, die den Kurs der SPÖ noch wesentlicher bestimmt als der ÖGB. Bei Foglar & Leitl treten solche Gegensätze nicht so scharf zutage.

Ja, die Sozialpartner sind Teil der Erfolgsgeschichte Österreichs, mittlerweile aber auch Teil des Problems: dass nichts weitergeht, weil der gemeinsame Nenner von Rot und Schwarz allzu oft ein lauer Kompromiss ist. Man kann den Sozialpartnern zugute halten, manche Themen pragmatisch statt ideologisch zu betrachten (etwa die Bildung). Doch umgekehrt sind sie auch an der Versteinerung heimischer Institutionen mitschuld. Mitterlehner und Faymann scheinen daran nicht rütteln zu wollen.

Die Vorgänger drängten den Einfluss zurück

So ist nun eine Art "Zurück in die Zukunft"-Kurs eingeleitet. Die Vorgänger (etwa Vranitzky mit der Privatisierung der fast bankrotten Verstaatlichten und Gusenbauer mit seiner Idee einer "solidarischen Hochleistungsgesellschaft" auf der einen sowie Schüssel mit zahlreichen Reformversuchen auf der anderen Seite) haben den Einfluss der Sozialpartner zurückgedrängt. Jetzt feiern sie wieder fröhliche Urständ. Dazu passt auch, dass sich die Politik wieder den totalen Einfluss im ÖIAG-Aufsichtsrat sichert. Rot-schwarzer Proporz wie in den Fünfzigerjahren. Angesichts der Zustände in der ÖIAG war das sogar leider notwendig. Vielleicht geht es in Österreich ja nicht anders, und ein paar Jahre wird das schon noch funktionieren. Länger aber wahrscheinlich nicht mehr.

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