Wir haben nie gelernt, niveauvoll zu streiten.

von Guido Tartarotti

über Diskussionskultur in Österreich, Raufhandel und soziale Medien.

Der Unterschied zwischen TV-Diskussion und Stammtisch ist hierzulande oft nur noch am Ambiente zu erkennen. Beide Örtlichkeiten basieren auf einem grundsätzlichen Defizit: Wir haben nie gelernt, niveauvoll zu streiten. Diskussionen finden entweder gar nicht statt, weil sich eh alle einig sind. Oder sie sind von einem Raufhandel kaum zu unterscheiden.

Das liegt daran, dass der Wettstreit der Argumente in Österreich nicht als Wert gilt, sondern als Form der Ruhestörung. Bei uns wird der Konsens ja gerne schon formuliert, bevor man mit dem Gespräch beginnt. Wer tatsächlich darauf beharrt, anderer Meinung zu sein, dem wird der Respekt verweigert, denn eine andere Meinung gilt als Zumutung, als Hindernis auf dem Weg zum konsensualen Spritzertrinken. Verschärft wird dieser Effekt durch die sozialen Medien, wo massenkompatibles Denken durch „Likes“ belohnt und zu freches Abweichlertum mit verbaler Steinigung geahndet wird.

Damit wird das, was Grundlage einer Demokratie sein sollte, zum Unfall: das Andersdenken.

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