Demokratie heißt nicht, dass das Volk die Arbeit derer erledigt, die es vorher gewählt hat

von Birgit Braunrath

über Norbert Hofers Forderung nach einer CETA-Volksbefragung

Fühlt sich die Demokratie eigentlich verarscht, wenn ein Politiker in ihrem Namen fordert, Millionen Österreicher zum Comprehensive Economic and Trade Agreement zu befragen? Vermutlich ja. Den Wählern einen 1600(!) Seiten umfassenden, hochkomplexen Vertragsentwurf vorzulegen, ist ungefähr so sinnvoll, wie einen Lehrstuhl für Plasma- und Atomphysik im Rotationsprinzip mit fachlich Unkundigen zu besetzen.

Wie viele Österreicher wissen tatsächlich, dass es sich beim oben genannten Papier um CETA handelt? Und was das konkret ist? Jeder, der will, kann die 1600 Seiten im Internet lesen. Aber wer will und kann das, ehrlich?

Wenn ein Politiker ein so fachspezifisches Thema für billige Wahlpropaganda nutzt, erweist er der Demokratie einen Bärendienst und hofft, dass ihm möglichst viele auf den Leim gehen. Wozu lesen denn Wähler alle fünf Jahre die Parteiprogramme und entscheiden dann, welcher Partei sie ihre Stimme geben? Damit diese ihre Interessen im Parlament bestmöglich vertritt. Damit deren Fachleute – gut bezahlte Abgeordnete – die 1600 Seiten durchackern, ihre Wähler umfassend, fair und verständlich darüber informieren und dann entscheiden. Das nennt man politische Verantwortung. Denn Demokratie heißt nicht, dass das Volk die Arbeit derer erledigt, die es vorher gewählt hat.

Kommentare