Einmal wieder Kind sein

Julia Pfligl

Die Feiertage sind vorbei, die meisten Landkinder in ihre Stadtwohnungen zurückgekehrt (und, Hand aufs Herz, gar nicht so unglücklich darüber). Ein weihnachtlicher Kurzurlaub bei den Eltern durchläuft in der Regel drei Stadien. Phase 1: Ein seltsames Phänomen tritt ein. In dem Moment, wo man die Schwelle zum Elternhaus überschreitet, wird man wieder zum Kind. Dieses Kind-Sein äußert sich in den verschiedensten Situationen, läuft aber meist darauf hinaus, dass man sich bedienen lässt und keine Lust hat, mit den Eltern spazieren zu gehen. Phase 2: Leichte Anspannung auf beiden Seiten macht sich breit. Die Mutter ist genervt, weil das Geschirr nicht in den Geschirrspüler geräumt wurde, der Vater findet, man könne ruhig mit an die frische Luft gehen. Im Fernsehen läuft ausnahmslos, was die Eltern schauen wollen (Traumschiff!). Netflix funktioniert nicht (Land-WLAN!). Man mutiert vom Kind zum genervten Teenie und schmollt im ehemaligen Kinderzimmer. Phase 3: Die Abreise naht, und mit ihr ein bisschen Wehmut. Streitereien der vergangenen Tage werden von beiden Seiten höflich vergessen, es bleibt ein wohliges, schönes Gefühl. Muss man wirklich schon zurück? Ja, man muss. Aber nicht, ohne vorher noch Marmeladen-Vorräte für die nächsten 50 Jahre einzupacken.

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