Wien: Neue Koalition schreckt Autofahrer

Das Kapitel Verkehr trägt die Handschrift von Maria Vassilakou
Bei Nacht Tempo 30, ein Viertel weniger Autofahrten, SPÖ setzt Querung über Donau durch.

Wien bekommt erneut eine rot-grüne Stadtregierung. Nach zweieinhalb intensiven Verhandlungswochen einigten sich Rot und Grün am Freitag auf ein Koalitionsabkommen. Das 150 Seiten starke Papier muss aber noch heute, Samstag, von den Parteigremien abgesegnet werden. "Es waren für beide Seiten harte Verhandlungen", sagte der Grüne Landessprecher Georg Prack. "Wir haben viele Punkte ausdiskutiert. In manchen Bereichen gibt es durchaus Kompromisse", berichtet SP-Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler. Die gehen vor allem zu Lasten der Autofahrer, die sich warm anziehen können. Das geht aus dem Koalitionspapier hervor, das dem KURIER vorliegt. Bei Fragen zu Arbeitsplätzen bleiben hingegen die Vorhaben eher vage.

Bis 2025 will die alte und neue Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou den Autoverkehranteil in der Stadt auf 20 Prozent drücken. Das bedeutet eine Reduktion um mehr als ein Viertel. Erreicht soll das mit einem Bündel an Maßnahmen werden.

So wird bei jedem Neu- oder Umbauprojekt der Fokus auf Fuß-, Rad- und Öffi-Verkehr gelegt. In allen 23 Bezirken sollen verkehrsberuhigte Zonen in Form von Fußgänger- und Begegnungszonen gebaut werden. Als Bezirke mit konkreten Projekten werden die City, Wieden, Margareten aber auch Favoriten, Ottakring oder die alten Ortskerne der Donaustadt genannt.

Runter vom Gas

Tempo 30 soll ebenfalls flächendeckend ausgebaut werden. Bei stark lärmbelasteten Durchzugsstraßen (das könnte den Ring oder den Gürtel betreffen) soll Tempo 30 in der Nacht in Abstimmung mit den Bezirken geprüft und gegebenenfalls verordnet werden. Zur Überwachung sollen vermehrt Rotlichtradars und Fahrverbotkameras eingeführt werden.

Auch das Parkpickerl soll ausgeweitet werden. Im nun grün geführten Währing soll es schon im Sommer 2016 kommen. Frei gewordene Parkplätze sollen im Gegenzug "zur Attraktivierung des öffentlichen Raums" rückgebaut werden.

Neben Fußgängern und Radlern sollen auch Öffi-Nutzer profitieren. Die 365-Euro-Jahreskarte soll nach Möglichkeit bis 2020 beibehalten werden. Geprüft wird die Einführung einer Halbjahreskarte. Bei den meisten S-Bahnen soll ein 15-Minuten-Takt eingeführt, Straßenbahnlinien ausgebaut werden.

Eine rote Forderung wurde von den Grünen zähneknirschend ins Programm genommen, die Donauquerung zur Schließung des Autobahnringes rund um Wien. Diese muss durch den Nationalpark Donauauen im Bereich der Lobau geführt werden. Autobahnerhalter Asfinag präferiert eine Tunnellösung, Rot-Grün will sich hier noch nicht festlegen.

Personal und Inserate

Personell bleibt fast alles beim Alten. Da die SPÖ einen Stadtratsposten verliert, wird Christian Oxonitsch Klubchef. Seine Bildungsagenden wandern zu Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger. Vassilakou bleibt Vizebürgermeisterin.

Ein Punkt, der nicht im Koalitionspakt steht, dürfte nach inoffiziellen Meldungen auch fix sein. Wien spart bei seinen Werbeausgaben. Eine Reduktion um ein Drittel soll vereinbart sein.

So geht es weiter: Die Roten treffen sich heute bereits um 9 Uhr zur Vorstandssitzung, zwei Stunden später wird in der großen Runde, dem Wiener Ausschuss, über das Koalitionspaket abgestimmt. Die Grünen lassen ab 10.30 Uhr in ihrer Landesversammlung die Basis über das Programm abstimmen.

Die Latte liegt hoch: 2010 erhielt das Koalitionspapier 98,5 Prozent Zustimmung. Spannend wird es am Nachmittag bei der Wahl des grünen Landessprechers. Neben dem Amtsinhaber Georg Prack tritt mit dem Ottakringer Klubchef Joachim Kovacs ein Gegenkandidat an.

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